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Das Ministerium denkt laut: Eckpunkte für neue Strukturen des DMR

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(nmz) Nachfolgendes Arbeitspapier erreichte uns aus dem BKM - Knut Nevermann äußerte sich zum Inhalt heute bereits in der "Süddeutschen Zeitung". Wir geben den Inhalt des Papieres unkommentiert wieder und bitten um Diskussion in unseren Foren:

Wesentliche Gründe für die Insolvenz des DMR lagen in den strukturellen Mängeln der Organisation. Mit den folgenden Eckpunkten soll deutlich gemacht werden, welche strukturellen Maßnahmen aus Sicht der Beauftragten für Kultur und Medien sowie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erforderlich sind, um die Erfüllung der Aufgaben des DMR zu verbessern und langfristig zu sichern.

Der DMR ist Repräsentant des deutschen Musiklebens und damit ein wichtiger Ansprechpartner auch des Bundes in allen musikpolitischen Fragen. Der DMR ist darüber hinaus Träger von zahlreichen Musikfördermaßnahmen und Programmen, für deren Durchführung nicht nur öffentliche Gelder sondern auch das ehrenamtliche Engagement von großer Bedeutung sind. Der Bund hat nach wie vor ein großes Interesse daran, dass der DMR mit seinen beiden Funktionen (Musikpolitik, Projektförderung> erhalten bleibt.

Die neue Struktur des DMR muss deshalb einerseits die Autonomie und Ehrenamtlichkeit in dieser Einrichtung sichern, andererseits jedoch für professionelle Rahmenbedingungen und Strukturen sorgen, die eine ordnungsmäßige Verwendung aller öffentlichen Mittel gewährleisten können. Weitere Zuwendungen an den DMR zur Durchführung seiner Projekte werden nur möglich sein, wenn der DMR fachlich und verwaltungsmäßig in der Lage ist, in Zukunft die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel zu gewährleisten.

1. Alternative Ansätze
Grundsätzlich kann die Professionalität und Transparenz der Organisation auf zwei Wegen sichergestellt werden: im Rahmen des Zuwendungsrechts und im Rahmen des Organisationsrechts der Kultureinrichtung selbst. Im Zuwendungsrechtsmodell setzt der Geldgeber Auflagen und Bedingungen fest, die der Zuwendungsnehmer einzuhalten hat; diese können sehr engmaschig sein und mit einer aufwändigen Kontrolle und vielen Einzeiregelungen verbunden sein. (Dies ist das Modell, nach dem derzeit noch z.B. die Berliner Theater verwaltet werden.)
Im Organisationsrechtsmodell wird die Verfassung der Kultureinrichtung so gestaltet, dass die Institution selbst in ihren Organen für Professionalität und Transparenz sorgt auch gegenüber dem Geldgeber, der in den Aufsichtsgremien vertreten ist und hier seine Kontrollaufgaben wahrnimmt. Dies kann in Form einer GmbH oder einer Stiftung oder – schwieriger – eines Vereins geschehen. Nicht nur im Kulturbereich hat sich die GmbH (z.B. in Hamburg) bewährt, weil das Verhältnis von Gesellschafter, Aufsichtsrat und Geschäftsführung klar abgegrenzt werden kann — und zwar in der Weise, dass sowohl Kontrolle (in einem nicht nur intern besetzten Aufsichtsrat) als auch die Autonomie (für die Geschäftsführer bzw. Intendanten) bestens geregelt werden können. Die Einrichtung wird gestärkt, weil sie nicht von außen sondern in ihren eigenen Organen kontrolliert und verwaltet wird. Sie macht sich transparent, weil nicht nur ein interner Zirkel, sondern ein plural zusammengesetzter Aufsichtsrat zum Wohle der Einrichtung aktiv wird.

2. Gründung einer GmbH für die Projekte des DMR
Die Durchführung der Projekte des DMR sollte nicht mehr in der unmittelbaren Verantwortung des Vereins bleiben, sondern auf eine – gemeinnützige — GmbH übertragen werden. Einziger Gesellschafter dieser GmbH könnte der DMR sein. Grundsätzliche Fragen bedürfen der Zustimmung des Gesellschafters, also des Vereins (Entlastung des Aufsichtsrates, Wahl des Aufsichtsrates, Bestätigung der Geschäftsführer). Der Aufsichtsrat der Gesellschaft wäre für alle wesentlichen Fragen zuständig – von der Berufung der Geschäftsführer über die Budgetplanung bis zu wichtigeren Personalfragen und zur Berichterstattung und Kontrolle. Er sollte sich aus Vertretern des DMR, weiteren Persönlichkeiten des Musiklebens und des öffentlichen Lebens sowie aus Vertretern der öffentlichen Zuwendungsgeber zusammensetzen, wobei für jede der vier Gruppen etwa ein Viertel der Mandate angemessen erscheint. Der Aufsichtsrat sollte zwei Geschäftsführer (Projektgeschäftsführer und kaufmännischer Geschäftsführer) bestellen, die für die laufende Geschäftsführung hauptamtlich und gemeinsam (Vier-Augen-Prinzip) verantwortlich sind (einschließlich eines Weisungsrechts gegenüber Mitarbeitern). Eine derartige Struktur für die Durchführung der Projekte hätte folgende Vorteile:
· Klare Verantwortung der hauptamtlichen Geschäftsführer für die laufende Arbeit und die Einhaltung der finanziellen und verwaltungsmäßigen Vorgaben bei der Durchführung der Projekte.

· Effiziente Kontrolle durch den Aufsichtsrat, der zugleich die Zuständigkeiten der Geschäftsführung in inhaltlichen Fragen respektiert und Grundsatzfragen mit dem Gesellschafter rückkoppelt.

· Die fachliche Anbindung der Projekte an den DMR bleibt im gleichen Umfang wie bisher möglich. Der DMR und seine GmbH werden eng miteinander verbunden. Dies gilt nicht nur für die Gesellschafterstellung und die Mitwirkung im Aufsichtsrat, sondern vor allem auch für die Verbindung der Projektarbeit mit den bisherigen Leitungsgremien der derzeitigen Einrichtungen und Förderprogramme.

· Veränderungen für die bisherige Ehrenamtlichkeit können allenfalls darin gesehen werden, dass Funktionen des bisherigen Präsidiums — soweit sie die Durchführung der Projekte betreffen – auf hauptamtliche Geschäftsführer verlagert werden. Die Insolvenz hat gelehrt, dass eine derartige Verstärkung der Verantwortung hauptamtlicher Mitarbeiter (und ihrer Kontrolle) unbedingt erforderlich ist. Die Auswirkung auf die Ehrenamtlich keit ist im Gesamtkontext des DMR minimal, mit weiteren Gefahren für das bisherige ehrenamtliche Engagement ist nicht zu rechnen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich die Strukturänderungen z.B. negativ auf die Bereitschaft der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter auswirken sollte, die für die Durchführung der Projekte unverzichtbar sind. Im Gegenteil könnte die Professionalisierung der Strukturen im DMR dazu führen, dass eine bessere Vertrauensbasis für das ehrenamtliche Engagement geschaffen wird.

· Die Beschränkung der gemeinnützigen GmbH auf die Projektarbeit würde eine saubere Trennung der Vereins- und Verbandsarbeit von der Projektdurchführung erlauben. Der Einfluss der Zuwendungsgeber im Verwaltungsrat der GmbH würde sich allein auf die GmbH-Aktivitäten beziehen und nicht auf die Vereinsaktivitäten im engeren Sinne. Von einem ungerechtfertigten Einwirken in verbandsinternen Angelegenheiten kann also keine Rede sein. Der DMR kann als Verein insbesondere seine Politikberatungs- und Kritikfunktion wie bisher wahrnehmen, er wird nicht nur als Gesellschafter der GmbH aktiv sein, sondern er bleibt auch in Vereinsangelegenheiten autonom und handlungsfähig.
· Die GmbH-Form ist ein Beispiel, allerdings eines, das sich in der Praxis
vielfältig bewährt hat. Auch eine Stiftung (mit entsprechendem Stiftungsrat)
wäre möglich. Bei einem Verein bleiben nicht lösbare (allenfalls tolerierbare)
Probleme der Verantwortlichkeit gegenüber den und seitens der Mitglieder.

3. Notwendige Strukturänderungen ohne die Übertragung der Projekte auf eine GmbH
Der DMR bzw. einzelne seiner Mitglieder haben bisher die Meinung vertreten, dass sie die von der Bundesregierung favorisierten strukturellen Vorschläge nicht billigen können, wobei unzutreffend vor allem geltend gemacht wird, dass eine Projekt-GmbH nicht mit dem ehrenamtlichen Engagement vereinbar sei. Sollte sich diese Auffassung durchsetzen, müssten andere Strukturen gefunden werden, die der GmbH—Lösung gleichwertig sind. Im Zusammenhang mit dem neuen Satzungsentwurf des DMR würde dies vor allem bedeuten, dass der bisherige Verwaltungs- und Planungsbeirat nicht durch einen Präsidialausschuss ersetzt werden kann, sondern er müsste beibehalten und zu einem wirkungsvollen Kontrollgremium im Sinne eines Aufsichtrates ausgestaltet werden. Der neue Verwaltungs- und Planungsbeirat sollte weisungsfrei vom Präsidium über seine bisherigen Aufgaben hinaus folgende Rechte und Pflichten eines Aufsichtsrates haben:

· Auskunftsrecht der einzelnen Mitglieder des Beirats gegenüber den Geschäftsführern, das sich auf alle Angelegenheiten der Geschäftsführung erstreckt;
· Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer nur mit Zustimmung des Verwaltungs- und Planungsbeirates;
· Entlastung des Vorstands und Präsidiums nur auf Vorschlag des Verwaltungs- und Planungsbeirates und mit den Stimmen der Zuwendungsgeber, soweit es um die mit öffentlichen Mitteln geförderten Projekte geht;
· stärkere in der Satzung vorgesehene Sitzungsfrequenz, Einberufung auch auf Antrag der Zuwendungsgeber.

Die bisher im neuen Satzungsentwurf vorgesehene Stärkung der Verantwortung eines hauptamtlichen Vorstandes (Geschäftsführer) wird begrüßt, aber sie reicht nicht aus. Die Zahl der Geschäftsführer muss sich auf eine Doppelspitze (Projektgeschäftsführer und kaufmännischer Geschäftsführer) beschränken. Drei Geschäftsführer sind nicht erforderlich. Unabhängig von der Zahl der Geschäftsführer ist in jedem Fall das vorgesehene Einzelweisungsrecht des Präsidiums zu streichen. Im Sinne einer klaren Trennung der Aufgaben und Verantwortung muss sich das Präsidium auf grundsätzliche und allgemeine Vorgaben beschränken (analog einem Gesellschafter).

Die Bundesregierung wird die Strukturreform von ihrer Seite auch dadurch unterstützen, dass das Zuwendungsverfahren verbessert wird. Die Zahl der Zuwendungsgeber soll deutlich vermindert und die Abwicklung und Kontrolle in einer Hand konzentriert werden. Auf diese Weise soll die Transparenz und Kontrolle der Gesamtförderung verbessert werden. Auch ist vorgesehen, die Anreize für die Einwerbung von Drittmitteln zu verstärken. Änderungen mit Hilfe des Zuwendungsrechts reichen jedoch nicht aus, um eine Beteiligung der öffentlichen Hand in den Gremien überflüssig zu machen. Selbst bei weitgehenden Auflagen und Berichtspflichten, die im übrigen nicht im Interesse des DMR liegen können, handelt es sich nicht um ein Äquivalent, das eine vorbeugende Einflussnahme in den Gremien ersetzen könnte. Dabei ist erneut zu betonen, dass sich die Einflussnahme auf Fragen der Finanzen und Verwaltung beschränkt.

Es wird aus den genannten Gründen kein Ausbau des zuwendungsrechtlichen Instrumentariums (wie im Zuwendungsmodell erforderlich) angestrebt, sondern eine verstärkte Kooperation in den Gremien der Institution selbst. Die regelmäßige Information in diesen Gremien durch die Geschäftsführung, der Gedankenaustausch zwischen allen, die die Einrichtung tragen, und die sich daraus im Interesse der Einrichtung ergebenden Entscheidungen sind wichtig. Die empfohlenen Strukturänderungen werden deshalb im Ergebnis zu einer erheblichen Stärkung des DMR und der von ihm vertretenen Sache führen. Soweit der DMR als Verein seine Beratungs-, Lobbyisten- und Kritikfunktion autonom wahrnehmen will, bleibt ihm dies unbenommen.

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