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DKR 2001: Vorwort

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Der Jahresbericht des Deutschen Kulturrates vom Mai 1999 bis zum April 2000 schloss mit dem Versprechen, dass sich der Deutsche Kulturrat auch im nächsten Berichtszeitraum als „Lobby für die Kultur“ einsetzen wird.

Lobby für die Kultur zu sein, dass hieß für uns, auch im vorliegenden Berichtszeitraum vom Mai 2000 bis zum April 2001 einzutreten für die unterschiedlichen Interessen der in den Sektionen des Deutschen Kulturrates zusammengeschlossenen Verbände. Lobby für die Kultur zu sein, bedeutet die Herausforderung immer wieder über den Tellerrand der eigenen künstlerischen Sparte, des eigenen Bereiches hinauszuschauen. Lobby für die Kultur zu sein, ist die manchmal leichte und mitunter auch mühsame Suche nach dem Kompromiss der verschiedenen kulturellen Bereiche.

Der Deutsche Kulturrat als Spitzenverband der Bundeskulturverbände ist den unterschiedlichen Interessen, der in den Mitgliedsverbänden der Sektionen zusammengeschlossenen Personen und Organisationen verpflichtet. Er spricht sowohl für die Künstlerinnen und Künstler als auch für die Kulturwirtschaft, er macht sich für die Laien ebenso stark wie für die Kultureinrichtungen.



Ein wichtiges Thema bei dem die Kompromissbereitschaft der im Deutschen Kulturrat zusammengeschlossenen Organisationen immer wieder erneut herausgefordert wurde, war die Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes. Nach der Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialkasse im November 1999 hatte die Bundesregierung zugesagt, das Künstlersozialversicherungsgesetz zu reformieren. Sie wollte damit zugleich eine Zusage aus der Koalitionsvereinbarung einlösen, nämlich die soziale Sicherung der Künstlerinnen und Künstler zu verbessern. In seinen Stellungnahmen zur Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes hat der Deutsche Kulturrat deutlich gemacht, dass diese Reform nicht zu Lasten der Kulturwirtschaft gehen darf. Im Gegenteil: Kern der Vorschläge des Deutschen Kulturrates war, die Basis der Künstlersozialabgabepflichtigen zu verbreitern, um somit die Kosten für die notwendige soziale Sicherung der Künstler und Publizisten auf viele Schultern zu verteilen. Nachdem der erste Referentenentwurf zur Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes im Sommer 2000 von der Bundesregierung vorgelegt wurde, hat der Deutsche Kulturrat in seiner Stellungnahme „Zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes und anderer Gesetze“ (siehe hierzu: Kapitel 8 Positionen, Resolutionen und Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates) den aus seiner Sicht erforderlichen Handlungsbedarf deutlich gemacht.

Bis zum 06. April 2001 haben sich die Gremien des Deutschen Kulturrates und die Geschäftsstelle wiederholt mit der Frage der Künstlersozialversicherung befasst. Sie haben gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung den im Deutschen Kulturrat gefundenen Kompromiss vertreten. Dass zahlreiche der vom Deutschen Kulturrat unterbreitete Vorschläge schließlich in das „Zweite Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetz und anderer Gesetze“, das am 06.04.2001 vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, aufgenommen wurden, hat uns gefreut und bestärkt uns in unserer Arbeit.

Bereits seit seiner Gründung beschäftigen den Deutschen Kulturrat intensiv steuerrechtliche Fragen. In den bereits mehrfach überarbeiteten Vorschlägen des Deutschen Kulturrates „Für ein kulturfreundliches Steuerrecht“ hat der Deutsche Kulturrat aufgezeigt, dass die indirekte Kulturförderung über steuerpolitische Maßnahmen Impulse für die Entwicklung des kulturellen Lebens zu geben vermag.

Im Berichtszeitraum hat sich der Deutsche Kulturrat intensiv der Frage der beschränkten Steuerpflicht ausländischer Künstlerinnen und Künstler gewidmet. Seit der Anhebung des pauschalen Steuersatzes zur Besteuerung ausländischer Künstlerinnen und Künstler, die vorübergehend in Deutschland auftreten, im Jahr 1996 von 15% auf 25% ist ein spürbarer Rückgang an Auftritten ausländischer Künstlerinnen und Künstler zu verzeichnen. Dieser Rückgang bedeutet einen Verlust an kulturellem Austausch. Ebenso ist festzustellen, dass auch deutsche Künstlerinnen und Künstler weniger in das Ausland eingeladen werden. In Anbetracht der Diskussionen um ein vermehrtes Entgegentreten gegenüber ausländerfeindlichen Tendenzen hält der Deutsche Kulturrat gerade den kulturellen Austausch für unabdingbar.

Der Deutsche Kulturrat hat daher einen Vorschlag zur künftigen Besteuerung ausländischer Künstlerinnen und Künstler, die vorübergehend in Deutschland tätig sind, erarbeitet. Dieser Vorschlag „Besteuerung ausländischer Künstler angemessen und unbürokratisch gestalten!“ (siehe hierzu: Kapitel 8 Positionen, Resolutionen und Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates) zielt darauf ab, ein möglichst einfaches Verfahren zur pauschalen Besteuerung ausländischer Künstlerinnen und Künstler einzuführen. Kerngedanke ist dabei, dass ausländischen Künstlerinnen und Künstlern ein steuerfreies Existenzminimum gewährt werden und erst bei Überschreitung dieses Freibetrags die pauschale Besteuerung einsetzen sollte. Unser Anliegen ist dabei, dass in der Zukunft selbständige und nicht-selbständige ausländische Künstlerinnen und Künstler, die vorübergehend in Deutschland tätig sind, einheitlich besteuert werden. Die vorhandenen Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen bleiben davon unberührt.

Wir sind in Gesprächen mit der Bundesregierung, den Abgeordneten des Deutschen Bundestags und mit den Landesregierungen und hoffen, dass die bisherigen positiven Signale auf unseren Vorschlag in praktische Politik umgesetzt werden.

Kein Konsens konnte unter den in den Sektionen des Deutschen Kulturrates zusammengeschlossenen Verbänden bislang zu dem von der Bundesregierung angekündigten Urhebervertragsrecht gefunden werden. Der Fachausschuss Urheberrecht und der Sprecherrat des Deutschen Kulturrates haben sich mehrfach mit der Fragestellung befasst. Es konnte bislang aber noch keine Konsenslinie ausgemacht werden (siehe hierzu: Kapitel 1 Die Tätigkeiten der ehrenamtlichen Gremien). So bleibt es bei dem im Deutschen Kulturrat bewährten Brauch, dass, so lange keine einheitliche Position besteht, keine Stellungnahmen und Positionsbestimmungen abgegeben werden.

Nach wie vor auf der politischen Agenda ist die Reform des Stiftungszivilrechts. Mit dem am 24.03.2000 vom Deutschen Bundestag verabschiedeten „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen“ ist erst der erste Teil einer umfassenden Reform des Stiftungssteuer- und des Stiftungszivilrechts abgeschlossen. Jetzt muss zur Reform des Stiftungszivilrechts das Benehmen mit den Ländern gesucht werden. Die Anhörung zur Reform des Stiftungszivilrechts am 30.10.2000 vor der von der Bundesregierung berufenen Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Stiftungsrechts lässt den Schluss zu, dass „noch dicke Bretter“ bis zur Reform gebohrt werden müssen (siehe hierzu: Kapitel 4 Die Gespräche des Deutschen Kulturrates mit der Politik). Es bleibt abzuwarten, ob der von der F.D.P.-Bundestagsfraktion vorgelegte Gesetzesentwurf zur Reform des Stiftungsrechts die Bundesregierung anspornen wird, ihrerseits einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Der Deutsche Kulturrat wird sich weiterhin für diese wichtige Reform zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements einsetzen.

Die Entwicklung der Informationsgesellschaft stellt die am kulturellen Leben Beteiligten vor neue Herausforderungen. Die Kulturproduktion, -vermarktung und -rezeption verändert sich durch den vermehrten Einsatz neuer Technologien. Auf der einen Seite bedeutet dieses große Chancen. Kunst hat sich immer durch den Einsatz neuer Techniken und neuer Technologien fortentwickelt. Die Zugangswege zu Kunst und Kultur werden verbreitert und neue Vermarktungschancen eröffnen sich. Auf der anderen Seite dürfen die Gefahren des Einsatzes neuer Technologien nicht verkannt werden. Eine große Gefahr wird darin zu sehen sein, wenn Künstlerinnen und Künstler sowie die Kulturwirtschaft von der Vermarktung von Kunst und Kultur nicht mehr leben können. Die unter der Leitung des Geschäftsführers des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, im Rahmen des Forums Informationsgesellschaft der Bundesregierung angesiedelte Arbeitsgruppe Kunst und Kultur nimmt sich der Fragestellung an (siehe hierzu: Kapitel 3 Die Vertretung des Deutschen Kulturrates in externen Gremien).

Doch zugleich bedeutet die Entwicklung der Informationsgesellschaft auch eine Herausforderung für die Bildungspolitik. Die kulturelle Bildung ist dabei in mehrfacher Hinsicht gefordert. Sie vermittelt einerseits die erforderliche Medienkompetenz zum verantwortlichen Umgang mit den neuen Technologien. Andererseits ist sie ein Gegengewicht zu den virtuellen Welten, in dem sie immer wieder zur realen, haptischen Auseinandersetzung herausfordert. Der Fachausschuss Kultur und Bildung des Deutschen Kulturrates hat sich unter der Leitung seines Vorsitzenden, Prof. Dr. Max Fuchs, gründlich mit der Fragestellung verfasst. Die vom Fachausschuss vorbereitete und vom Sprecherrat des Deutschen Kulturrates verabschiedete Stellungnahme „Kulturelle Bildung im digitalen Zeitalter“ (siehe hierzu: Kapitel 8 Positionen, Resolutionen und Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates) beleuchtet das Spannungsfeld, in dem die moderne kulturelle Bildung steht.

Die aktuelle Diskussion um die Finanzierung der Landes- und Hochschulbibliotheken zeigt, dass die Frage der künftigen Bereitstellung und Vermittlung von Informationen von weitreichender Bedeutung ist. In seiner Resolution „Hochschulbibliotheken bluten aus – Deutschland verliert international den Anschluss!“ (siehe hierzu: Kapitel 8 Positionen, Resolutionen und Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates) hat der Deutsche Kulturrat den Handlungsbedarf zur Sicherung des Forschungs- und Wissenschaftsstandorts Deutschland aufgezeigt.

Die Arbeit des Deutschen Kulturrates wäre nicht möglich ohne das ehrenamtliche Engagement der Expertinnen und Experten aus den Mitgliedsverbänden der Sektionen des Deutschen Kulturrates sowie den externen Fachleuten, die in den Gremien des Deutschen Kulturrates mitwirken. Ihr Sach- und Fachverstand hat die Abfassung der Resolutionen und Stellungnahmen erst möglich gemacht. Wir möchten hier unseren herzlichen Dank dafür aussprechen.

Unser herzlicher Dank gilt auch den ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern, Prof. Dr. Franz Müller-Heuser und Bogislav von Wentzel. Der vorliegende Bericht fällt in erster Linie in ihre Amtszeit. Ihrem Einsatz ist das Gelingen der Arbeit zu verdanken.

Der vorliegende Berichtszeitraum ist teilweise auch das Ende einer Ära von Delegierten im Deutschen Kulturrat. Die Sektionen des Deutschen Kulturrates haben in der jüngsten Zeit ihre Sprecherinnen und Sprecher neu gewählt. Einige der langjährigen Sprecher standen nicht mehr für Funktionen zur Verfügung.

Wir möchten an dieser Stelle zwei langjährigen Mandatsträgern unseren besonderen Dank aussprechen: Prof. Bruno Tetzner und Bogislav von Wentzel. Beide gehören zu der Gründergeneration im Deutschen Kulturrat. Prof. Bruno Tetzner zunächst als Sprecher des Rates für Soziokultur und in den letzten Jahren als Sprecher des Deutschen Musikrates. Seine langjährigen Verbandserfahrungen haben dazu beigetragen, dass gerade in der Anfangszeit noch wackelige Schiff Deutscher Kulturrat durch die kulturpolitischen Gewässer zu führen. Als erfahrener Segler hat er so manches Mal die Reißlinie gezogen und hat als Lotse dem Deutschen Kulturrat geholfen, die Untiefen zu umschiffen. Bogislav von Wentzel, ebenfalls ein begeisterter Segler, Sprecher des Kunstrates, hat seit 1996 als Vorstandsmitglied des Deutschen Kulturrates mit auf der Kapitänsbrücke des Deutschen Kulturrates gestanden. Sein Einsatz für den Deutschen Kulturrat, sein Engagement Kompromisslösungen zu finden und seine unerschütterliche Beharrlichkeit, den Finger auf die Wunden zu legen, haben den Deutschen Kulturrat auf den Weg zu einem modernen Lobbyverband geführt.

Wir hoffen, dass beide, Prof. Bruno Tetzner und Bogislav von Wentzel, auch wenn sie keine Funktionen mehr im Deutschen Kulturrat innehaben, mit ihren Rat weiter zur Seite stehen.

Danken möchten wir ebenfalls den Auftraggebern des Deutschen Kulturrates. Viele Aufgaben wurden im Rahmen des Projektes „Bündelung verbandlicher Kulturpolitik und Politikberatung durch den Deutschen Kulturrat e.V.“ wahrgenommen. Dieses Projekt wird ebenso wie das Nachfolgeprojekt „Bündelung kultursparten- und bereichsübergreifender verbandlicher Kulturpolitik und Politikberatung durch den Deutschen Kulturrat e.V.“ (siehe hierzu: Kapitel 7 Die Projekte des Deutschen Kulturrates) durch den Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien gefördert. Der Deutsche Kulturrat möchte für die Beauftragung und Förderung seinen Dank aussprechen.

Ebenfalls durch den Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien wird anteilig das Projekt „Cultural Contact Point“ gefördert, das der Deutsche Kulturrat in Kooperation mit der Kulturpolitischen Gesellschaft durchführt. Wir möchten für diese Förderung danken und schließen in diesen Dank die Europäische Kommission ein, die sich an der Projektförderung beteiligt.

Herzlich danken möchten wir auch dem Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Förderung des Projektes „Kulturelle Bildung in der Wissensgesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Künste – Anforderungen, Entwicklungen und Qualifikationen“. Dieses Projekt steht jetzt in seiner abschließenden Phase.

Im vorliegenden Bericht wurden die wichtigsten Aktivitäten des Deutschen Kulturrates vom 01.05.2000 bis zum 15.04.2001 zusammengestellt. Aus der Fülle an Aktivitäten musste notgedrungen eine Auswahl getroffen werden. Wir hoffen, dass die Zusammenstellung dennoch einen Eindruck von den vielfältigen Themen des Deutschen Kulturrates vermitteln kann.

Allen Freunden und allen Kritikern des Deutschen Kulturrates danken wir für ihre Beiträge. Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit auch in der Zukunft ertragreich sein wird und wir gemeinsam versuchen werden, unsere Stimme als „Lobby für die Kultur“ zu erheben.


Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender des Deutschen Kulturrates
Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Kulturrates
Dr. Georg Ruppelt, Stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Kulturrates
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates