Halle - Der Schriftsteller Peter Härtling sieht das Einscannen seiner Werke durch die Internet-Suchmaschine Google mit gespaltenen Gefühlen. Härtling sagte dem Hörfunksender MDR Info, zum einen freue er sich, dass seine Bücher im Internet gelesen würden und wirkten, zum anderen halte er es schlicht und einfach für Diebstahl.
«Es ist mein Recht, das ich an dem Buch habe und das der Verlag hat. Und das ungefragt anzubieten, geht im Grunde nicht.» Google könne es sich nicht anmaßen, schlicht und einfach zu plündern.
Härtling sagte weiter, an sich handele es sich um die alte Angst, die schon in den 60er Jahren um sich gegriffen habe: die Angst vor den Raubdrucken. Hier werde unbefugt mit dem Raubbau betrieben, was Eigentum des Schriftstellers und seines Verlages sei. Und die Einkünfte, die beiden entgingen, schmerzten sicher auch.
Dagegen vorzugehen sei für den einzelnen Autor sehr schwierig, sagte Härtling. Er hoffe, dass sich der Börsenverein und der Schriftstellerverband in der Sache engagierten. Die Vereinbarung, die Google mit amerikanischen Schriftstellern getroffen habe, halte er für eine Basis.
Auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) wirft dem Internetgiganten Google ein «schlicht rechtswidriges» Verhalten vor. «Google sagt: Wir scannen erstmal, schaffen Fakten, und wenn es einen Urheber stört, dann kann er sich ja melden», sagte die Ministerin den «Stuttgarter Nachrichten» (Dienstagausgabe). Sie fügte an: «Das geht so nicht.» Zypries warnte zugleich vor einer Monopolstellung des Internetriesen wegen der Digitalisierung von Büchern. Im Moment sei die Nutzung kostenfrei, aber das könne sich schnell ändern, wenn Google zum Beispiel verkauft werde. «Der Buchbestand dieser Welt darf nicht in die Hände eines Monopolisten fallen, der die Preise diktiert und entscheidet, wer Zugang zu den Büchern hat», sagte die SPD-Politikerin.
Zypries forderte die Bibliotheken auf, hart zu verhandeln, wenn Google wegen einer Digitalisierung von Büchern anfragt, deren urheberrechtlicher Schutz schon abgelaufen sei. Die Bibliotheken müssten zumindest darauf bestehen, von jedem Buch, das sie zur Verfügung stellen, eine digitalisierte Kopie zu bekommen, forderte die Ministerin.
Inzwischen will Google beim Streit um sein Online-Buchangebot die Rechte europäischer Verlage und Autoren stärker berücksichtigen als bisher bekannt, wie AFP berichtet. In Europa urheberrechtlich geschützte und lieferbare Bücher sollten nicht ohne ausdrückliche Erlaubnis gescannt und online zugänglich gemacht werden, erklärte das US-Unternehmen gestern am Rande einer Anhörung der EU-Kommission. Zudem sollten auch Nicht-US-Vertreter in dem Gremium sitzen, das die Rechte-Inhaber registriert.
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels begrüßte die Ankündigung als "Schritt in die richtige Richtung". Es sei aber fraglich, ob Google tatsächlich alle in Frage kommenden europäischen Rechte-Inhaber erfassen könnte, da dies technisch schwierig sei, sagte Jessica Sänger vom Börsenverein. Zugleich erneuerte sie grundsätzliche Vorbehalte gegen Googles Vorgehen, das ein "Copyright-System außerhalb des Gesetzes" schaffe. Grundsätzlich seien die Digitalisierung und Nutzbarmachung insbesondere von vergriffenen Büchern im Internet aber eine gute Sache.
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