Der erste sächsische Kulturwirtschaftsbericht wurde heute in Dresden vorgestellt. Er erfasst den Beschäftigtenumfang, die Umsätze und die Anzahl der Unternehmen im Freistaat, die mit der Verbreitung von kulturellen und kreativen Gütern und Dienstleistungen befasst sind. Präsentiert werden die Ergebnisse von Wirtschaftsminister Jurk und Kunstministerin Stange.
Jan Hartmann ist Mitbegründer der Leipziger Messe Designer's Open. Die private Initiative von jungen Kreativen steht mittlerweile auch in den Terminkalendern der europäischen Gestalter-Elite. Dass Design nicht nur Luxus sei, sondern auch «eine hohe Wirtschaftskraft besitzt», sei indes noch nicht überall angekommen, weiß der 34-Jährige. Er hofft darauf, dass der am Dienstag in Dresden vorgelegte erste sächsische Kulturwirtschaftsbericht zum Umdenken in Verwaltungen und Handelskammern führt.
In der Vergangenheit hätte man sich mehr Unterstützung von Stadt und Land gewünscht, sagt Hartmann, bei der Suche nach Ausstellungsflächen etwa oder bei der überregionalen Werbung. Um Geld allein gehe es dabei nicht. Im Kulturwirtschaftsbericht sei «endlich verbrieft, was die kreative Szene alles bewirken kann».
Tatsächlich belegt die Expertise steigende Umsätze, eine wachsende Zahl von Unternehmen und immer mehr Beschäftigte in Sachsens Kultur- und Kreativwirtschaft. Im Auftrag der Staatsregierung haben das Leipziger Leibniz-Institut für Länderkunde und das Kölner Büro für Kulturwirtschaftsforschung Kulturproduzenten und kreative Dienstleister nach Umsätzen, Unternehmens- und Beschäftigtenzahlen untersucht. Der Bericht solle eine Diskussion über den Wert der Branche im Freistaat auslösen, wünscht sich Bastian Lange, einer der Autoren des Berichts.
Sachsen ist spät dran. Nordrhein-Westfalen und Hessen etwa oder die Stadtstaaten Berlin und Hamburg haben die Kulturwirtschaft schon vor Jahren wissenschaftlich untersuchen lassen. Sie haben herausgefunden, dass sich hinter dem Begriff nicht nur brotlose Künstler versammeln, sondern dass Kultur und Kreativität wichtige Wirtschaftsmotoren sind.
Neben technologieorientierten Unternehmen wie Computerspielentwicklern, Medienbetrieben oder Verlagen wurden im Bericht auch traditionelle Produktionszweige wie die erzgebirgische Volkskunst, der Musikinstrumentenbau im Vogtland oder die Uhrenherstellung in Glashütte berücksichtigt. Auch diese Zweige seien prägend für Sachsen. Lange nennt sie «sehr beschäftigtenintensiv, und die Produktionsstandorte sind international bekannt».
Aber es ist vor allem die junge, kreative Szene in Städten wie Leipzig und Dresden, die den Glanz des Begriffs Kulturwirtschaft ausmacht. Unter dem Stichwort «selbstorganisierte Plattformen» haben Lange und seine Kollegen Initiativen wie die Leipziger Baumwollspinnerei mit ihren rund Hundert Künstlerateliers oder die Popmusikmesse «PopUp», inzwischen zweitgrößter Branchentreff in Deutschland, behandelt. Diese Plattformen haben einen großen Anteil daran, dass Leipzig heute als aufregende Kunststadt gilt.
Ein Teil der jungen Kreativen taucht dennoch nicht in den Statistiken auf, denn der Bericht berücksichtigt Unternehmen erst ab einem Jahresumsatz von 17 500 Euro. Ein strategischer Grund: Operiere man mit kleineren Zahlen, bekomme man bei Institutionen und Vertretern anderer Branchen keine Akzeptanz, sagt Lange. «So haben wir eine statistisch belastbare Kenngröße, die das Thema Kultur- und Kreativwirtschaft absolut vergleichbar mit dem Maschinenbau macht.» Man dürfe schließlich nicht vergessen, das Thema stehe im Freistaat «am Startpunkt Null».
Eine Tatsache, die Jan Hartmann bestens vertraut ist. «Es wäre schön, wenn man mit dem Kulturwirtschaftsbericht die Institutionen wachrütteln könnte», sagt der Designer.
Der erste sächsische Kulturwirtschaftsbericht in acht Daten
- der sächsische Kulturwirtschaftsbericht stellt Beschäftigtenzahlen, Anzahl von Unternehmen und Umsätze im Kreativ- und Kulturbereich dar, er umfasst Daten aus den Jahren 2000 bis 2006
- er erfasst neben sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auch Gewerbetreibende, Freiberufler und Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 17 500 Euro
- laut Bericht arbeiteten 2006 knapp 40 000 Erwerbstätige in der Branche, die einen Gesamtumsatz von gut drei Milliarden Euro erwirtschaftete
- mit mehr als 31 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegen Sachsens Kultur- und Kreativarbeiter zwar hinter dem Maschinenbau (knapp 39 000) zurück, aber ziemlich weit etwa vor der Bekleidungsindustrie (14 000) und Chemieindustrie (knapp 10 000).
- sowohl die Anzahl der Unternehmen als auch die Umsätze wuchsen seit 2000 stetig, allerdings mit Unterschieden in den verschiedenen Teilmärkten
- der Bericht unterscheidet zwölf Teilmärkte, unter anderem Buchwirtschaft, Verlage, Filmwirtschaft, Kunstmarkt, Musikinstrumentenbau, Kunsthandwerk, Design, Games-Industrie, Architekturmarkt
- laut Angaben der Autoren soll der Bericht auch dazu dienen, eine höhere Sensibilität für die Belange der Kultur- und Kreativwirtschaft bei Verbänden und Institutionen zu erreichen
- den Bericht haben das Leipziger Leibniz-Institut für Länderkunde und das Kölner Büro für Kulturwirtschaftsforschung im Auftrag von Sachsens Wirtschafts- und Kunstministerium erstell