Body
Peter Ruzickas Einstand als Salzburger Festspielchef +++ Interview mit Christian Stückl über neuen Salzburger «Jedermann» +++ Restkarten für Salzburger Festspiele
Peter Ruzickas Einstand als Salzburger FestspielchefSalzburg (ddp). Seine vielleicht eindrücklichste Begegnung mit Salzburg schildert er wie ein Erweckungserlebnis. Schon als 15-Jähriger, erinnert sich Peter Ruzicka, habe er, von den Eltern musikalisch gefördert und ermutigt, die Möglichkeit erhalten, die Salzburger Festspiele zu besuchen. Damals stand Richard Strauss «Elektra» auf dem Spielplan des Großen Festspielhauses, in einer legendären Inszenierung mit Herbert von Karajan. «Ich ging damals wie betäubt aus dem Festspielhaus und dachte, mit dieser Materie muss ich unbedingt weiter zu tun haben.» Ruzicka blieb seinem Vorsatz treu. Doch er hätte sich wohl nicht träumen lassen, dass er einmal als Intendant selbst die künstlerische Geschicke des berühmtesten Musikfestivals der Welt würde mit bestimmen können. In diesem Sommer bestreitet er in Salzburg als Nachfolger von Gerard Mortier seine
erste Saison.
Ruzicka wurde 1948 in Düsseldorf als Sohn eines Versicherungsdirektors geboren, wuchs aber in Hamburg auf. Das vermeintliche «Nordlicht» hat freilich österreichische Wurzeln; die Eltern stammten aus dem alten Österreich-Ungarn, ein Umstand, den die heimatverbundenen Salzburger mit Wohlgefallen aufgenommen haben. Schon als Schüler erhielt Ruzicka am Konservatorium in Blankenese eine instrumentale und musiktheoretische Ausbildung, begann zu komponieren. Bereits seine 1968 entstandene «Esta Noche ? Trauermusik für die Opfer des Krieges in Vietnam» wies ihn als politisch engagierten Künstler aus, der überzeugt davon war, durchs Komponieren gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen zu können.
Doch früh verabschiedete sich Ruzicka zumindest von dem Gedanken einer Existenz ausschließlich als freischaffender Künstler. Er studierte Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaft, war dann acht Jahre Intendant und Geschäftsführer des Radiosymphonie-Orchesters (RSO) Berlin, anschließend fast gleich lang (1988-1997) Chef der Hamburgischen Staatsoper. Zugleich bekleidet Ruzicka seit 1990 eine Professur für Kulturmanagement an der Hamburger Universität. 1997 übernahm er die Leitung der Münchner Biennale für zeitgenössisches Musiktheater. Seinen Vertrag hat er gerade bis 2008 verlängert; einen Konflikt mit seiner Haupttätigkeit als Festspielleiter sieht Ruzicka aber nicht.
Doch auch seine Laufbahn als Komponist und Dirigent verfolgte das Allround-Talent konsequent weiter. Handwerkliche und geistige Impulse erhielt Ruzicka unter anderem von Hans Werner Henze, die theoretische Fundierung seiner Arbeit fand er bei Theodor W. Adorno, das künstlerische Vorbild unter anderem bei Gustav Mahler. Mittlerweile kann er auf ein stattliches Werk verweisen, darunter eine Oper, Orchesterstücke, Gesangskompositionen und Streichquartette. Auch als Intendant der Salzburger Festspiele will Ruzicka weiter Musik schreiben. Bislang nutzte er die spielfreien Sommermonate zum Komponieren. In Salzburg wird das so wohl nicht mehr möglich sein. «Ich muss versuchen, einen neuen Rhythmus zu finden.»
Georg Etscheit
Interview mit Christian Stückl über neuen Salzburger «Jedermann»
München (ddp). Der neue «Jedermann»-Regisseur Christian Stückl begann seine Karriere in seinem Heimatort Oberammergau, wo er 1987 erster Spielleiter der berühmten Passionsspiele wurde. Im gleichen Jahr begann er, als Assistent bei Dieter Dorn und Volker Schlöndorff an den Münchner Kammerspielen weitere Theatererfahrung zu sammeln. Gleich mit seiner ersten eigenen Arbeit an dem renommierten Theater wurde er 1991 von der Zeitschrift «Theater heute» zum besten Nachwuchsregisseur des Jahres gekürt. Bis 1996 war der gelernte Holzbildhauer dann Spielleiter an den Kammerspielen und führte in den Jahren 1988 bis 1990 und im Jahr 2000 mit großem Erfolg die Regie der Oberammergauer Passionsspiele. Ab Herbst dieses Jahres wird der 40-Jährige neuer Intendant des Münchner Volkstheaters. Dazu sprach mit ihm ddp-Korrespondent Georg Etscheit.
ddp: Herr Stückl, sind Sie ein Christenmensch?
Stückl: Was heißt denn das? Ob ich am Sonntag in die Kirche gehe? Nein, nicht wirklich, aber ich bin natürlich von meiner ganzen Lebensgeschichte in Oberammergau her sehr beheimatet in der christlichen Tradition und weiß da ganz gut Bescheid. Nach wie vor ist Jesus für mich eine der spannendsten Figuren der Weltgeschichte.
ddp: Der «Jedermann» ist ein ziemlich frommes Stück...
Stückl: So fromm, wie es scheint, ist das gar nicht. Oft geht es doch um ganz menschliche Dinge: dass jemand Angst hat, verzweifelt, loslassen muss. Darum geht es ja zum großen Teil: um das Sterben, um den Tod. Und der Sensenmann kommt zu jedem, was er ja auch selbst sagt in dem Stück. Der Hindu stirbt, der Buddhist und der Jud stirbt auch. Mit dem Sterben sind wir alle beschäftigt.
ddp: Wann ist Ihnen der «Jedermann» das erste Mal entgegengetreten?
Stückl: Der ist mir nie entgegengetreten. Der wurde mir entgegengetreten. Angesehen habe ich ihn mir nur einmal, voriges Jahr bei den Salzburger Festspielen.
ddp: Und wie war das?
Stückl: Schwierig, schwierig. Der ganze Umgang damit in Salzburg ist schwierig. Die Gefahr ist ja immer, dass man da in so eine falsche Frömmigkeit fällt, dass es kitschig wird.
ddp: Haben Sie Angst vor der großen Tradition, dem Kultstatus des Salzburger «Jedermann»?
Stückl: Die hat es schon in sich, die Tradition. Hier kennen natürlich alle ihren «Jedermann». Davon kommst Du nicht weg. Wenn ich die berühmten Jedermann-Rufer streichen würde, dann würde sich bestimmt sofort ein «Freundeskreis der Jedermann-Rufer» bilden.
ddp: Sind Sie ein Stücke-Zertrümmerer?
Stückl: Ich bin es nicht, auch wenn ich es mir manchmal wünsche bei diesem Stück. Es kann aber nicht der Sinn und Zweck sein, hier den «Jedermann» zu machen und ihn dann auseinanderzuschlagen. Das ist auch nicht meine Herangehensweise. Ich muss nicht an einem Stück beweisen, wie schlecht es ist. Ich schaue vielmehr, was steckt drin, was kann ich heraus holen. Um es ganz deutlich zu sagen: Wir spielen hier 95 Prozent vom Hofmannsthal.
ddp: Wie aktuell ist der doch recht altertümelnde Stoff?
Stückl: Wenn es etwas gibt, was ununterbrochen aktuell ist, dann ist es der Moment des Sterbens, des Loslassens, des Auslassen Müssens. Es ist eben, wie es im Untertitel heißt, das «Spiel vom Sterben des reichen Mannes»
ddp: In Oberammergau haben Sie mit Laien gespielt, jetzt arbeiten sie mit einer ganzen Truppe hochkarätiger Stars. Was macht ihnen mehr Spaß?
Stückl: Das macht mir beides Spaß. Es ist aber beim «Jedermann» oft nicht zu trennen, weil ja auch viele Laien mitspielen. Alle machen ihre Sache sehr gut, auch wenn dem einen oder anderen der Hochkarätigen vielleicht ein Stück Naivität abgeht, die für dieses Stück nötig wäre. Hugo von Hofmannsthal hat sich ja gewünscht, dass man seinen «Jedermann» so spielt wie in Oberammergau gespielt wird.
Restkarten für Salzburger Festspiele
Salzburg (ddp). Die Renner wie «Don Giovanni», «Jedermann» oder «Turandot» sind zwar längst restlos ausverkauft, doch gibt es bei den diesjährigen Salzburger Festspielen immer noch Restkarten für interessante Aufführungen. Nachfolgend eine Auswahl von Terminen, für die voraussichtlich noch Billets erhältlich sind:
Oper:
«Der König Kandaules» von Alexander Zemlinsky
(31.7., 3., 6. und 8.8.)
Schauspiel:
«Da Ponte in Santa Fee» von Peter Turrini, Regie Claus Peymann
(31.7., 1., 2., 3., 4., 5. und 6.8.)
Tanztheater:
«The day i go to the body» von Joachim Schlömer
(13,. 14., 21., 22., 24. und 25.8.)
«Senza Fine» von Joachim Schlömer
(16., 17., 18. und 19.8.)
Konzert:
Wiener Philharmoniker unter Mariss Jansons mit Haydn, Strauss und
Brahms am 6. und 8.8.
Concertgebouw-Orchester Amsterdam unter Riccardo Chailly mit Mahler
am 25.8.
Sächsische Staatskapelle Dresden unter Bernard Haitink mit Strauss am
29.8.
Mariinsky-Kirov-Orchester unter Valery Gergiev mit Skrjabin,
Mussorgsky und Prokofjew am 31.8.
(www.salzburgfestival.at)