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27.9.: oper und konzert aktuell +++ oper und konzert

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Bonn: Uraufführung von Jan Müller-Wielands Musiktheaterstück «Die Irre» +++ Die Rezension: «Mathis der Maler» an der Oper Hamburg


Bonn: Uraufführung von Jan Müller-Wielands Musiktheaterstück «Die Irre»
Bonn (ddp-nrw). Das Theater Bonn zeigt am Mittwochabend das neueste Musiktheaterstück von Jan Müller-Wieland. Das Werk mit dem Titel «Die Irre oder Nächtlicher Fischfang» erzählt über die Ursachen der Entstehung von Gewalt und wurde im Auftrag des Beethovenfests geschrieben. Regie führt der Theater- und Film-Regisseur Werner Schroeter, die musikalische Leitung hat Wolfgang Lischke, wie das Theater am Dienstag mitteilte.
Ausgangspunkt für das Stück, dessen Libretto von Micaela von Marcard stammt, waren Figurensammlungen des Künstlers Thomas Schütte. «Die Irre oder Nächtlicher Fischfang» stellt Gesellschaftssituationen dar, in denen es um Identitätslosigkeit nach dem Vorbild Samuel Becketts geht. In dem Stück herrschten Sprachnot und Sprachlosigkeit, hieß es.
Nach seinem Studium unter anderem bei Hans Werner Henze und Oliver Knussen lebte der 1966 in Hamburg geborene Müller-Wieland zwei Jahre im Ausland. 1993 zog er als freischaffender Komponist und Dirigent nach Berlin. Er erhielt zahlreiche Preise für seine insgesamt über 80 Werke. 2002 komponierte er «König der Nacht» mit Klaus Maria Brandauer als Hiob, Gott und Teufel. Für 2006 kündigt die Oper Köln ein neues Stück von Müller-Wieland an.


Die Rezension: «Mathis der Maler» an der Oper Hamburg
Hamburg (ddp). Erst vor wenigen Tagen wurde die Hamburgische Staatsoper von der Fachzeitschrift «Opernwelt» zum «Opernhaus des Jahres» gekürt. Verliehen wurde dem Haus die Auszeichnung vor allem für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit von Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher und Regisseur Peter Konwitschny. Doch Metzmacher verließ das Haus in diesem Sommer Richtung Amsterdam. Seine Nachfolgerin ist die Australierin Simone Young, die am Sonntag ihre mit Spannung erwartete erste Spielzeit eröffnete. Auf ihrem Programm: das eher unbekannte Werk «Mathis der Maler» von Paul Hindemith.

Die 1934 komponierte Oper durfte damals in Deutschland nicht gespielt werden und kam auch später nur zögernd und vereinzelt auf die Bühne, in Hamburg zuletzt vor über 50 Jahren. Doch Young stellte das Werk an den Beginn ihrer Ära, als wollte sie gleich zu Anfang wissen, was den Hamburgern so zuzumuten sei.

Allerdings ist Hindemith-Musik für heutige Ohren schon lange keine Zumutung mehr. Fast klassisch streng muten die Klanggebirge an, die sich da im Orchestergraben aufsteigen, mal gregorianisch getönt, dann wieder volksliedhaft schlicht, zum Ende hin in eher monotone Deklamation ableitend, die auch Simone Youngs Dirigat nicht abfangen kann.

Bis dahin aber malt sie die Bilder der Partitur in leuchtenden Farben, scheut das hohe Pathos nicht mit fast filmisch aufbrausender Klangwirkung, setzt markige Akzente. Das eigentliche «Mathis»-Drama, will zuweilen scheinen, findet im Orchester statt. Die Inszenierung von Staatsoperndebütant Christian Pade hat es dagegen schwer.

Bühnenbildner Alexander Lintl lässt in einen schwarzen Kasten gucken, mit wenigen farbigen Akzenten. Die gleichfalls von ihm entworfenen Kostüme bleiben zeitlos im dezenten 30-Jahre-Look. Aber diese Modernisierung, nicht frech genug, will nicht recht zünden. Eher bedächtig laufen hier die Lebensstationen des Malers Matthias Grünewald ab, sein Einsatz für Verfolgte, die eigene Verfolgung, sein entsetzter Rückzug vor dem Terror der anderen, seine schließliche Hinwendung zur Kunst, der Abgang in Frieden und zurückgewonnener Harmonie. Im Hintergrund wird aber gemetzelt und gemeuchelt. Denn schließlich wütet der Bauernkrieg auf beiden Seiten.

Hier scheint er mehr eine betuliche Angelegenheit gewesen zu sein, so harmlos die Fäuste schüttelnd stellen sich die Rebellen ein, so friedlich marschieren die gepanzerten Rittersleute heran. Und selten dürfte eine Fast-Schändung so friedlich abgegangen sein wie die der Gräfin Helfenstein. Es bleibt eben eine hohe Kunst, einen Chor szenisch ähnlich kraftvoll hochzureißen wie musikalisch.

Eher gelingt das bei den Solisten, die die eigentliche Stärke dieser Aufführung sind. Falk Struckmann als Mathis steigert sich nach noch blassem Einstieg gewaltig, um sich endlich mühelos in der Mitte der Aufführung zu behaupten. Ihm am nächsten an expressiver Ausdruckskraft ist Susan Anthony als die von ihm geliebte Ursula, die diese Liebe der lutherischen Sache zum Opfer bringt, leuchtender weiblicher Stern inmitten einer überwiegenden «Männer-Oper».

Für sie und die anderen im umfangreichen Ensemble emphatischer Beifall, Jubel für die Young, kleine Buhs für das Regie-Team - und eingestandene Erleichterung, dieses Vier-Stunden-Unternehmen samt allen beträchtlichen Längen hinter sich gebracht zu haben. Danach darfs dann wieder ein Puccini sein.

http://www.hamburgische-staatsoper.de



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