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28.7.: oper und konzert aktuell +++ oper und konzert

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Überzeugender "Ring"-Auftakt in Bayreuth +++ Erste Premieren in Salzburg +++ Abschluss von Domingos "Operalia" +++ Albrecht setzt weiter auf Provokation +++ Barenboim warnt vor Niveauverlust

Überzeugender "Ring"-Auftakt in Bayreuth
orf - Mit donnerndem Applaus ist am Sonntagabend die Premiere von "Das Rheingold" bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth aufgenommen worden. Unter der subtilen musikalischen Leitung von Adam Fischer überzeugten im homogenen Sänger-Ensemble besonders Hartmut Welker als Alberich und Mihoko Fujimura als Fricka. Alan Titus sang den Wotan kraftvoll und differenziert.
Regisseur Jürgen Flimm hat auch im vierten Aufführungsjahr weiter an seiner Inszenierung gefeilt und sie mit neuen ironisierenden Akzenten versehen. Nach dem "Rheingold"-Abend wird die Tetralogie "Der Ring des Nibelungen" im Bayreuther Festspielhaus am Montag mit "Die Walküre" fortgesetzt.
Festspielleiter Wolfgang Wagner hat am Sonntag die Besetzung für die "Parsifal"-Neuinszenierung durch Christoph Schlingensief im kommenden Jahr bekannt gegeben. Unter der musikalischen Leitung von Pierre Boulez singt Endrik Wottrich die Titelrolle. Als Kundry gibt Michelle de Young ihr Bayreuth-Debüt. Als Gurnemanz kehrt Robert Holl auf den "Grünen Hügel" zurück. Alexander Marco-Buhrmester singt den Amfortas, Kwangchul Youn den Titurel und John Wegner den Klingsor.

Erste Premieren in Salzburg
orf - Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" war kaum wieder zu erkennen. Die Premiere der ersten Opernproduktion der Salzburger Festspiele 2003 wurde Sonntag Abend im Kleinen Festspielhaus vom Publikum dennoch gut aufgenommen, Buh- und Bravorufe hielten sich die Waage, Amüsement und nicht Entrüstung war die Reaktion auf Stefan Herheims radikale Deutung dieses Stoffes über die Liebe, die Schwierigkeiten, treu zu sein und die Angst vor dem Fremden. Das Mozarteum Orchester unter seinem designierten Chefdirigenten war seiner Aufgabe nur zum Teil gewachsen. Ähnliches gilt für das Sängerensemble mit Iride Martinez, Diana Damrau, Jonas Kaufmann, Dietmar Kerschbaum und Peter Rose.
Herheim kümmerte sich weder um den türkischen Serail noch um konventionelle Operngewohnheiten. Das Fremde, in das die Frauen des Mozartschen Singspiels entführt werden, ist in der Interpretation des jungen Norwegers die Angst vor Nähe und Beziehung, das Trennende liegt in den Menschen selbst. Herheims "entführte" Brautpaare fragen sich, wie viele der Idealbilder vom Partner sie bereit sind aufzugeben, wie viel Macht die Liebe kosten darf und ob Treue denn überhaupt möglich ist. Für diese Botschaft opfert Herheim jegliche "Entführungskonvention", setzt Pop-Video-Projektionen ein, hebt die Entführung ins Zeitlose und kommt dadurch um holprige Dialoge nicht herum, die zu mancher Länge führen. Dennoch: Die theatralischen Mittel mit denen Stefan Herheim "seine" Entführung erzählt, mag Geschmackssache sein, gleichgültig gelassen hat sie wenige im Publikum.
Ebenfalls am Sonntag Abend hatte die erste Inszenierung in der Reihe "Young Directors Project" im republic Premiere. Regisseurin Monika Gintersdorf überzeugte mit einer frechen, bildkräftigen Interpretation von Susan Sontags Ibsen-Bearbeitung "Die Frau vom Meer" - ein heutiges Ehedrama als versuchter Dressurakt vor hypermoderner, silbergrauer Küchenzeile. Viel Applaus.
Bereits am Samstag ging die erste Abendpremiere des "Jedermann" über die Bühne. Die untergehende Sonne und der Einsatz von Feuer brachten stimmungsvolle Effekte am Domplatz. In der Titelrolle war wie im vergangenen Jahr Peter Simonischeck zu sehen, die Buhlschaft gab erneut Veronica Ferres. Regisseur Christian Stückl hat seine Fassung aus der letzten Festspielsaison in Details noch freier gestaltet. So rückt Tobias Moretti in seiner Doppelrolle als guter Gesell und Teufel die beiden Figuren noch näher aneinander.
Bis Ende August zeigen die Salzburger Festspiele unter der Intendanz von Peter Ruzicka insgesamt 188 Aufführungen aus den Bereichen Oper, Musik, Schauspiel und Literatur.

Abschluss von Domingos "Operalia"
orf - Es war einer der kulturellen Höhepunkte des Sommers am Bodensee: Bei einer festlichen Gala auf der Insel Mainau präsentierte der spanische Tenor Placido Domingo am Samstagabend die Opernstars von morgen. Die sieben Preisträgerinnen und Preisträger seines Nachwuchswettbewerbs "Operalia" gaben im Hof des Mainau-Schlosses unter freiem Himmel Kostproben ihres Könnens.
Der "Sängerstreit" hatte erstmals in den drei Bodensee-Anrainerländern Deutschland, Österreich und der Schweiz stattgefunden. Nach Vorrunden in St. Gallen und Bregenz waren in Friedrichshafen am vergangenen Mittwoch die Entscheidungen gefallen. "Für den Bodensee findet ein einmaliges Ereignis seinen krönenden Abschluss", sagte Gastgeberin Sonja Gräfin Bernadotte, die Chefin der Blumeninsel.
Etwa 4.000 Gäste erlebten vor der eindrucksvollen Kulisse des dreiflügeligen Barockbaus und des Naturparks ein Stimmenfestival. Arien von Puccini und Rossini, Verdi und Dvorak stiegen in den Himmel, begleitet vom Radio-Sinfonieorchester Saarbrücken unter der Leitung des amerikanischen Dirigenten Lawrence Foster. Der 62-jährige Domingo ließ es sich nicht nehmen, gemeinsam mit seinen Schützlingen zu singen. Und wie immer bei den Open-Air-Klassikkonzerten auf der Mainau gaben die frei laufenden Pfauen ihren Kommentar dazu.
Die 27-jährige italienische Sopranistin Adriana Damato bewies dem Publikum mit ihrer kraftvollen Stimme und ihrer Bühnenpräsenz, dass die Jury sie nicht umsonst zur besten Sängerin gekürt hat. Aber auch der albanische Tenor Giuseppe Gipali (30), der den zweiten Preis gewonnen hat, wurde begeistert gefeiert. Zu Hoffnungen Anlass geben die 26 und 28 Jahre alten Tenöre Jesús García (USA) und Israel Lozano (Spanien), die beide den dritten Platz belegten. Lozano hatte mit dem Gewinn von gleich drei Preisen außerdem für ein Novum bei der 11. "Operalia"-Ausgabe gesorgt. Er ergatterte auch den Publikumspreis sowie einen Preis in der Sparte "Zarzuela", der spanischen Volksoper.
"Operalia" gilt als Türöffner für die großen Häuser. Wie eine solche internationale Karriere aussehen kann, erfuhren die jungen Talente, als Domingo am Ende des Konzertes den Uruguayer Erwin Schrott auf die Bühne bat. Der Bassist hatte "Operalia" 1998 in Hamburg gewonnen und ist heute an großen Bühnen wie Covent Garden in London oder den Opernhäusern in Washington oder Los Angeles zu Hause, wo er in Titelpartien zu hören ist.
Mit seinem meisterhaften Gesang zeigte Domingo dem Nachwuchs, dass für sie der Weg ganz nach oben noch weit ist. Sie erlebten jedoch zugleich, dass selbst ein Weltstar nicht immer perfekt ist. Der Maestro hatte einen Aussetzer in der Arie "Vesti la giubba / Zieh dein Gewand an" aus Ruggero Leoncavallos "Der Bajazzo". Doch dank seiner immensen Erfahrung fing er sich sofort wieder.

Albrecht setzt weiter auf Provokation
Der scheidende Dresdner und designierte Münchner Opern-Intendant Christoph Albrecht will weiterhin modernes Musiktheater fördern und provozierende Regisseure einladen. Mit dem designierten Generalmusikdirektor Kent Nagano wolle er "der zeitgenössischen Musik ihren gebührenden Raum einräumen". Zugleich kündete Albrecht an, dass er streitbare Regisseure wie Peter Konwitschny ("Die Csardasfürstin") und zudem "sehr wahrscheinlich" den europaweit für seine radikalen Inszenierungen bekannten Willy Decker einladen werde. Albrecht übernimmt zunächst die Bayerische Theaterakademie August Everding, ab 2006 die Bayerische Staatsoper München. ddp

Barenboim warnt vor Niveauverlust
Berlin (ddp-bln). Der Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper Berlin, Daniel Barenboim, hat das künftige Finanzkonzept für die Opernhäuser der Hauptstadt in Teilen kritisiert. Gut drei Wochen nach der Zusage des Bundes, alle drei Berliner Opernhäuser durch zusätzliche Gelder zu erhalten, sagte Barenboim der «Berliner Zeitung» (Samstagausgabe), zwar seien die Bundeshilfen «ohne Zweifel eine großzügige Geste». Die Frage sei nur, «ob diese Geste wirklich in die richtige Richtung weist oder ob mit diesem Geld nur Zeit erkauft wurde».
Er betonte: «Hätte der Bund wirklich die Berliner Häuser retten wollen und konsequent bis zu Ende gedacht, hätte er ein Haus übernommen.» Damit wäre Berlin wirklich entlastet gewesen und hätte sich zwei Häusern widmen können. So aber werde sich die «Nivellierung fortsetzen», die letztendlich «nur nach unten führen» könne.
Barenboim hofft, dass es bei dem angekündigten Ende der Querfinanzierung für die Berliner Opernhäuser bleiben wird. «Die Staatsoper, ob es einem gefällt oder nicht, ist wirklich gesund», sagte der Generalmusikdirektor. Er erwarte, dass sein Haus die in der Vergangenheit «erwirtschafteten Millionen» gegebenenfalls «auf zwei Jahre verteilt» zurückerhalte.

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