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Gelungene Premiere - Kunzes «Sommernachtstraum» uraufgeführt +++ Staatheater Cottbus zunehmend spartenübergreifend +++ Positive Bayreuther Premierenbilanz +++ Daniel Barenboim gab Konzert in Ramallah
Gelungene Premiere - Kunzes «Sommernachtstraum» uraufgeführtHannover (ddp). Mit frenetischem Applaus hat das Publikum am Donnerstagabend im Gartentheater Herrenhausen in Hannover die Uraufführung des Musicals «Ein Sommernachtstraum» gefeiert. Musiker und Songtexter Heinz-Rudolf Kunze und sein langjähriger Komponist Heiner Lürig haben den seit Jahrhunderten ungebrochen populären William-Shakespeare-Klassiker zu einem Musical verarbeitet.
Kunze hat den Shakespeare-Text komplett neu übersetzt. Herausgekommen ist eine frische, moderne Sprache in Shakespearescher Versform. Hat sich die Sprache auch teilweise sehr vom Original entfernt, so orientiert sich die musikalisch umrahmte Handlung stets inhaltlich am Original. Das rund zweieinhalbstündige Spektakel um Liebe, Triebe und Verwechslungen strotzt nur so vor Witz und Situationskomik. Reichlich Applaus der gut 900 Zuschauer gab es vor allem, als einige Handwerker Kunzes größten Hit «Dein ist mein ganzes Herz» anstimmten.
Kunzes «Sommernachtstraum» wird bis Ende August noch 17 Mal im Gartentheater gezeigt. Der Erfolg scheint jetzt schon programmiert. Wer es noch auf der Freilichtbühne sehen will, muss sich beeilen. Es gibt nur noch Restkarten für einige Aufführungen an der Abendkasse.
http://www.sommernachtstraum-hannover.de
Staatheater Cottbus zunehmend spartenübergreifend
Cottbus (ddp-lbg). Das Staatstheater Cottbus setzt in der kommenden Spielzeit zunehmend auf spartenübergreifende Inszenierungen. Shakespeares «Sommernachtstraum» in der deutschen Fassung vom August Wilhelm Schlegel beispielsweise mit der vollständigen Bühnenmusik von Mendelssohn Bartholdy ist die erste spartenübergreifende Produktion in der neuen Saison. Premiere ist am 20. September in der Regie des neuen Intendanten Martin Schüler. Am Pult steht Generalmusikdirektor Reinhard Petersen. Auch das kleine Ballettensemble ist mit von der Partie, choreographiert von Michael Apel.
Weitere spartenübergreifende Produktionen sollen folgen. Dazu zählt Schüler die Tangooper «Porqué...!Porqué...!Tango Orphée» von Johannes Wulff-Woesten nach dem Libretto und in der Inszenierung der Dresdner Sängerin Annette Jahns, Hebbels Trauerspiel «Die Nibelungen», Strauß\' «Eine Nacht in Venedig» in der Lesart des Intendanten und mit der neuen Dirigentin Judith Kubitz am Pult sowie das 5. Theaterfest mit Operngala, Bühnenball und vielen Überraschungen. Franz Wittenbrinks «Sekretärinnen» bewegt sich an der Grenze von Sprech- und Musiktheater. «Mythen» ist das Grundthema aller Neueinstudierungen.
Die Musiktheater-Angebote reichen von Othmar Schoecks «Penthesilea» halbszenisch - übrigens in Koproduktion mit dem Kleist-Forum Frankfurt (Oder) und der Oper Szczecin - über Georg Kreislers musikalische Komödie «Du sollst nicht lieben» bis zu Andrew Llodyd Webbers früher Rockoper «Jesus Christ Superstar».
Schauspieldirektor Mario Holotzeck kündigt unter anderem an: «Cottbus, goodbye!» frei nach Tschechows «Drei Schwestern», Aristophanes\' «Lysistrate» und «Kleists »Käthchen von Heilbronn«. Das Ballett bringt Delibes\' »Cappelia«.
Insgesamt 13 Stücke aus Schauspiel, Oper/Operette/Musical und Ballett werden übernommen, darunter so anspruchsvolle Werke wie Wagners »Rheingold«, Gounods »Margarethe«, Tschaikowskis »Nussknacker«, Brechts »Mutter Courage und ihre Kinder« und Goethes »Stella".
Positive Bayreuther Premierenbilanz
orf - Mit der Premierenwoche der Bayreuther Richard-Wagner-Festspiele, die am Samstagabend mit einer gefeierten Aufführung des "Lohengrin" zu Ende ging, kann Festspielleiter Wolfgang Wagner einmal mehr zufrieden sein. Die Neuinszenierung des "Fliegenden Holländers" sorgte für Diskussionen, kein Streit trübte die Festspielstimmung am "Grünen Hügel", und für die nächsten Jahre kann Wagner angesichts spektakulärer Engagements neuer Regisseure der Neugier von Publikum und Öffentlichkeit gewiss sein.
Der "Lohengrin" von Keith Warner, dirigiert von Sir Andrew Davis, ist die mit Abstand beste der gegenwärtigen Bayreuther Inszenierungen. Beifallsstürme hallten nach der Premiere am Samstagabend durchs Haus. Seit 1999 gespielt, verschwindet die Inszenierung nun aber vom Spielplan.
Claus Guths psychologisierende Interpretation des Dramas um den zu ewiger Fahrt verdammten "Holländer" fand beim Feuilleton Zustimmung, stieß aber auch auf Kritik. "Theatralisch ein Meisterwerk", eine "stimmige, bis ins Detail durchdachte Inszenierung", die "hochinteressante, wichtige und spannende Fragen" stelle: So lauteten einige Urteile. Andere Kritiker bemängelten dagegen, die Interpretation "droht sich zu verlieren im Spiel mit Doppelgängerbegegnungen", und fragten: "Will der Regisseur zu viel?"
Dem Festspielchef wird diese Frage keine schlaflosen Nächte bereiten. Die Hauptsache ist, Bayreuth bleibt im Gespräch. In der laufenden Spielzeit, die noch bis 28. August dauert, wird es sogar eine besondere Aufwertung geben: Erstmals will ein amtierender deutscher Bundeskanzler eine Aufführung am "Hügel" besuchen. Gerhard Schröder (SPD) hat sich gemeinsam mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi für den 18. August angesagt.
Pech allerdings für den Kanzler und seinen Gast, dass sie mit "Tannhäuser" dann ausgerechnet die schwächste der laufenden Produktionen sehen werden. Mehr zu empfehlen wäre den Staatsmännern beispielsweise die "Walküre", in der Koizumi seine Landsfrau Mihoko Fujimura als furiose Göttin Fricka bewundern könnte.
Sängerisch bieten die Festspiele in diesem Jahr viel Durchschnitt, aber auch einige Glanzpunkte. Unerreicht in seiner Klasse bleibt Peter Seiffert, der im "Lohengrin" die Titelrolle singt. Auch Eva-Maria Schnitzer als Elsa und Judit Nemeth als Ortrud brillierten.
Die Überraschung der Festspiele war Alan Titus. Der Bariton hat seine Schwäche des vergangenen Jahres überwunden und lief zu großer Form auf. Olaf Bär (Donner, Gunther), Evelyn Herlitzius (Brünnhilde) und Roman Trekel (Wolfram, Heerrufer) etablierten sich als weitere Leistungsträger. Die Zukunft in Bayreuth könnte in besonderer Weise aber Endrik Wottrich gehören. Als Erik im "Holländer" heimste er Bestnoten ein, und Wolfgang Wagner gab bekannt, dass Wottrich im nächsten Jahr den "Parsifal" singen werde.
Dieser Neuinszenierung sehen Opernfreunde mit besonderer Spannung - und manche konservative Wagnerianer auch mit Sorge - entgegen, wurde dafür doch Theater-Provokateur Christoph Schlingensief verpflichtet. Christoph Marthaler ("Tristan" 2005) und Lars von Trier ("Ring" 2006) sind weitere Namen, die das Interesse an Bayreuth wach halten sollen.
Stephan Maurer
Daniel Barenboim gab Konzert in Ramallah
orf - Der jüdische Pianist und Dirigent Daniel Barenboim hat am Samstag als Geste der Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern ein Klavierkonzert in Ramallah gegeben. Auf einer Pressekonferenz vor dem Konzert erklärte der Musiker, Israels Zukunft hänge von der Gründung eines palästinensischen Staates ab. "Es ist zwingend notwendig, dass eine Lösung für die palästinensische Unabhängigkeit gefunden wird", sagte Barenboim, der sich seit langem für die Versöhnung zwischen Arabern und Israelis einsetzt und wiederholt die israelische Politik kritisiert hat.
Der 60-Jährige, der in Argentinien geboren wurde und in Israel aufgewachsen ist, spielte vor rund 350 Palästinensern und internationalen Diplomaten in einer Schule im Amtssitz des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat Stücke von Brahms und Beethoven, darunter auch ein Duett mit dem palästinensischen Pianisten Salim Abboud. Die palästinensische Abgeordnete Hanan Aschrawi, die unter den Zuhörern war, nannte das Konzert "ein Geschenk für das palästinensische Volk".
Im März vergangenen Jahres hatte Barenboim, der Intendant der Staatsoper Berlin und Musikalischer Direktor des Chicago Symphonic Orchestra ist, einen Meisterkurs für palästinensische Studenten in Ramallah abgesagt, nachdem ihm von der israelischen Armee die Einreise verboten worden war. "Ich bin sicher, dass es Leute in der israelischen Regierung gibt, die nicht glücklich darüber sind, dass ich hier bin", erklärte Barenboim. "Aber ich bin nicht glücklich über vieles, was sie tun, deswegen ist alles in Ordnung."
Im Jahr 2001 hatte Barenboim ebenfalls für Unmut bei seinen Landsleuten gesorgt, als er beim Israel-Festival Musik von Richard Wagner mit ins Programm nahm - dem erklärten Lieblingskomponisten von Adolf Hitler. Während des Konzerts am Samstag, das auf Einladung des Konservatoriums der Bir-Zeit-Universität zu Stande kam, kündigte Barenboim Pläne für ein palästinensisches Jugendorchester und ein Musikprogramm für zwei Schulen an.