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Auch der ehrwürdige Norddeutsche Rundfunk kommt nicht mehr umhin, die 90er Jahre hinter sich zu lassen. Nicht nur der Stationenname mit der postmodernen "3" stammt aus dem Designsäckchen der späten 80er Jahre, als ohnehin beinahe jährlich die Stationennamen sich nach dem Zeitgeist drehten. Gewiss war früher der Kanal mit der 3 (WDR3, NDR3, SFB3, SWF3) quasi der Klassik- und Kultursendername an sich.
Doch nicht nur der Name zeigt jetzt deutlich an, worum es gehen möge (Kultur nämlich), sondern das gesamte Sendekonzept dieser dritten Wellen ändert sich. Den Anfang machte Radio Bremen mit der Erfindung des NordWest-Radios. Der NDR scheint sich dagegen am bewährten Prinzip des MDR, der schon seit einiger Zeit ein KULTUR trägt, zu orientieren. Also "NDR Kultur" -nicht ohne Pikanterie im Untertitel- "Der Klassiker". Dieser Titel freilich gebührte eher dem MDR, der dieses Sendekonzept schon länger erfolgreich umgesetzt hat.Wenn die Daten der Hörerforschung stimmen, scheint diese Mixtur aus kulturpolitischer Information und musikspartenübergreifendem Einsatz qualitativ hochwertiger Musik gut zu funktionieren. Dass nun aber quasi gerade ein einziger Buchstabe verändert wird ("N"DR Kultur -> "M"DR KULTUR) ist fast schon wieder gemein, bei Sendeanstalten, die sich zum Teil überschneiden.
Da hat die ARD offenbar ein paar Abstimmungsprobleme. Denn schön ist das nicht, und fast ist zu befürchten, dass der MDR aus Minderwertigkeitsgefühlen heraus sein Programm umerzieht. Das allerdings wäre wirklich bedauerlich.
Martin Hufner