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Unbekanntes Vokalwerk von J. S. Bach entdeckt +++ Dettloff Schwerdtfeger vom Stiftungsrat des Bach-Archivs zum Geschäftsführer und Vorstandsmitglied berufen +++ Die Stiftung Bach-Archiv Leipzig
Unbekanntes Vokalwerk von J. S. Bach entdecktEine unbekannte Komposition Johann Sebastian Bachs wurde von einem Mitarbeiter des Bach-Archivs Leipzig unter den Beständen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar aufgefunden.
Die Entdeckung gelang Michael Maul im Zusammenhang mit der von ihm vorgenommenen systematischen Sichtung der kirchlichen, kommunalen und staatlichen Archive Mitteldeutschlands. Dieses Forschungsprojekt wird seit 2002 vom Bach-Archiv Leipzig unter Leitung von Professor Christoph Wolff durchgeführt und von der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik e. V., dem Packard Humanities Institute sowie dem William H. Scheide Fonds gefördert.
Bei der eigenhändigen Partitur handelt es sich um eine Strophenarie mit Ritornell für Sopran, Streicher und Basso continuo, die Bach im Oktober 1713 anlässlich des 52. Geburtstags des Herzogs Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1662-1728) komponierte. Er stand seinerzeit als Hoforganist in dessen Diensten (1708-1717). Autor des zwölf-strophigen geistlichen Gedichtes mit dem Textbeginn „Alles mit Gott und nichts ohn’ ihn,“ dem Wahlspruch des Herzogs, ist Johann Anton Mylius.
Es gab bislang keine Hinweise auf die Existenz dieser Komposition. Auch tauchte in den siebzig Jahren seit Entdeckung des Kantatenfragments “Bekennen will ich seinen Namen“ (BWV 200) im Jahr 1935 kein unbekanntes Bachsches Vokalwerk mehr auf.
Bei dem neuen Fund handelt es sich um eine in sich geschlossene Komposition – kein größeres Werk, sondern ein Gelegenheitswerk erlesener Qualität. Als exquisites Beispiel einer Strophenarie bildet es den einzigen Beitrag Bachs zu dieser in Deutschland um 1700 bedeutsamen musikalischen Gattung. Zudem erhöht die genaue Datierbarkeit der Komposition die Bedeutung des Werkes für die stilistische Entwicklung des Komponisten.
Eine Erst- und Faksimileausgabe wird im Herbst 2005 im Bärenreiter-Verlag Kassel erscheinen; die Ersteinspielung wird von Sir John Eliot Gardiner vorbereitet, dem diesjährigen Träger der Bach-Medaille der Stadt Leipzig.
Werk: Strophenarie mit Ritornell, Text umfasst 12 Strophen
Echtheit: zweifelsfrei Johann Sebastian Bach, eigenhändig notiert
Datierung: 1713
Besetzung: Solo-Sopran, Streicher, Basso continuo
Umfang der Partitur: zwei Partiturseiten
Anlass: 52. Geburtstag von Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1662-1728)
Fundort: Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, Mai 2005
Michael Maul
studierte Musikwissenschaft, Journalistik und Betriebswirtschaftslehre in Leipzig; Magister Artium 2001, Magisterarbeit über „Musik und Musikpflege in Leipzig nach dem dreißigjährigen Krieg (1645-1660).“
2003 bis voraussichtlich 2005 erfolgt die Erarbeitung einer Dissertation zum Thema „Barockoper in Leipzig (1693-1720)“.
Seit 2002 verfolgt Michael Maul ein Forschungsprojekt des Bach-Archivs Leipzig und der Ständigen Konferenz Mitteldeutsche Barockmusik zur systematischen Erschließung von musikgeschichtlich relevanten Materialien in mitteldeutschen Archiven und die Erstellung eines Verzeichnisses sämtlicher Kantoren und Organisten in den Städten des albertinischen und ernestinischen Sachsens, Anhalts und der Grafschaften Reuß, Schwarburg und Mansfeld (1517-1800).
Seit 2005 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bach-Archiv Leipzig.
Dr. Dettloff Schwerdtfeger vom Stiftungsrat des Bach-Archivs zum Geschäftsführer und Vorstandsmitglied berufen
Der Stiftungsrat hat mit Wirkung vom 1. Januar 2006 den Musikwissenschaftler und Diplom-Kaufmann Dr. Dettloff Schwerdtfeger aus Köln in den Vorstand der Stiftung und zum Geschäftsführer des Bach-Archivs berufen.
Dettloff Schwerdtfeger (Jahrgang 1973) studierte Musikwissenschaft, Phonetik, Italienische Philologie und Betriebswissenschaft an den Universitäten Freiburg und Köln. Sein Studium der Musikwissenschaft schloss er mit dem Magisterexamen ab, sein BWL-Studium mit der Promotion zum Dr. rer. pol.
Zwischen 1997 und 2001 arbeitete Dettloff Schwerdtfeger eng mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen zusammen. Er etablierte in dieser Zeit die Stockhausen-Kurse Kürten, die anlässlich Stockhausens 70. Geburtstag im Jahr 1998 erstmals und seitdem unter seiner Leitung einmal im Jahr von der Stockhausen-Stiftung für Musik und der Gemeinde Kürten veranstaltet werden.
Er ist derzeit musikalischer Fachberater bei der Firma ICG CULTURPLAN Unternehmensberatung AG (Graz, Wien, Budapest, Krefeld). Seit seiner Freiburger Zeit besitzt er enge Verbindungen zur Alten-Musik-Szene. Als Fachberater war er an zahlreichen Projekten u.a. für die Städtischen Bühnen Münster, das Konzerthaus Dortmund, das Theater Heilbronn und die Berliner Opern beteiligt.
Seine Veröffentlichungen enthalten musikwissenschaftliche Beiträge sowie Arbeiten über Marketing und andere betriebswissenschaftliche Themen aus dem Musik- und Kulturbereich, so die 2000 erschienene Schrift „Karlheinz Stockhausens Oper DONNERSTAG aus LICHT“ sowie „Ziel und Anfang einer kompositorischen Markenpolitik für Theater – ein produktpolitisches Marketingkonzept“ von 2004.
Die Stiftung Bach-Archiv Leipzig
Das Bach-Archiv Leipzig ist in seiner vielfältigen Aufgabenstellung weltweit ohne Parallele: Als Zentrum der Bach-Forschung genießt es international einen hervorragenden Ruf. Ferner gehören zum Bach-Archiv eine der wichtigsten wissenschaftlichen Spezialbibliotheken zum Thema Bach, ein Bach-Museum, das sich ganz dem Leben und Wirken des bedeutendsten Thomaskantors widmet, und eine Veranstaltungsabteilung, die für die Durchführung international renommierter Veranstaltungen, u.a. des Leipziger Bachfestes verantwortlich zeichnet.
Neben der Staatsbibliothek in Berlin bewahrt das Bach-Archiv zudem die weltweit größte Sammlung Bachscher Originalschriften. Zu den Kostbarkeiten zählen die 44 Originalstimmsätze aus Bachs zweitem Leipziger Kantatenzyklus, dem so genannten Choralkantatenjahrgang.
Untergebracht ist das Bach-Archiv im historischen Bosehaus am Leipziger Thomaskirchhof, direkt gegenüber der Thomaskirche, in der Bach siebenundzwanzig Jahre als Kantor wirkte. Mit seiner einzigartigen Sammlung und seinen vielfältigen Veranstaltungen trägt es entscheidend zur internationalen Ausstrahlung Leipzigs als Musik- und insbesondere als Bachstadt bei.
Die Stiftung Bach-Archiv Leipzig zählt zu den „Kulturellen Leuchttürmen“ und ist Mitglied der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen. Ihre Gründung geht zurück auf eine 2001 auf Initiative des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erstmalig erstellte Evaluationsstudie - das so genannte „Blaubuch“. Ziel dieser systematischen Erfassung der „wichtigsten gesamtstaatlich bedeutsamen Kultureinrichtungen“ in den neuen Ländern war es, die Institutionen „hinsichtlich ihres kulturellen Ranges deutlich, national und international sichtbar, herauszustellen“.
Finanzierung: Stadt Leipzig, Bund, Freistaat Sachsen
Etat 2004: 1.409.080 Euro
Zweck gebundene Drittmittel 2004: 960.000 Euro
http://www.bach-leipzig.de