Die Sängerinnen und Sänger auf dem Grünen Hügel von Bayreuth haben viel Applaus abgesahnt im ersten Durchlauf der diesjährigen Produktionen. Nicht so rund lief es allerdings für all die Regie-Ideen im «Ring des Nibelungen».
Bayreuth - Ein umjubelter «Tannhäuser», ein nach wie vor ziemlich unbeliebter «Ring» und ein teures Prestigeprojekt, das mehr versprach, als es halten konnte: Bei den Bayreuther Festspielen ist der erste Aufführungszyklus abgeschlossen.
Am Donnerstagabend feierte die Wiederaufnahme von «Tristan und Isolde» Premiere. Damit sind alle Inszenierungen, die in diesem Jahr auf dem Spielplan stehen, mindestens einmal gelaufen.
Der «Tristan» von Regisseur Roland Schwab war im vergangenen Jahr der Überraschungserfolg. Wahnsinnig kurzfristig, in nur wenigen Wochen, hatte er das Konzept erarbeitet. Die Festspiele hatten 2022 Angst vor Lücken im Spielplan für den Fall, dass andere Produktionen wegen zu vieler Corona-Erkrankungen wegbrechen könnten.
Die überaus klassische, eher ästhetische als intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Stoff kam beim Publikum auch in diesem Jahr gut an. Sie bildet damit so etwas wie das Gegenteil zum durchdachten, vielleicht etwas überinszenierten «Ring des Nibelungen» von Regisseur Valentin Schwarz, der auch im Jahr zwei bei weiten Teilen des Publikums durchgefallen zu sein schien.
Das legt zumindest das Buh-Konzert nahe, das Schwarz und sein Team begrüßte, als sie nach der «Götterdämmerung» auf die Bühne traten.
Sehr viel besser kam allerdings der musikalische Teil in diesem Jahr an. Dirigent Pietari Inkinen, einer der Corona-Ausfälle 2022, war dieses Mal dabei. Und Catherine Foster als Brünnhilde zeigte sich als mehr als würdiger Ersatz für Iréne Theorin, die im vergangenen Jahr eine schwache Leistung abgeliefert hatte. Auch als Isolde wusste Foster zu überzeugen.
Als musikalisch besten «Parsifal» der jüngeren Bayreuth-Geschichte lobten Medien die Neuproduktion, die in diesem Jahr die Festspiele mit den Einspringern Andreas Schager in der Titelrolle und einer herausragenden Elina Garanca als Kundry eröffnete.
Weniger überzeugen konnte dagegen die Idee, Richard Wagners Gralsritter-Oper in einer Augmented-Reality-Version (AR) zu erzählen. Regisseur Jay Scheib ließ eher assoziativ als vertiefend Dinge durch den virtuellen Raum schweben. Er zeigte damit, dass noch Luft nach oben ist bei diesem Bayreuther-Prestigeobjekt, bei dem die Festspiele allein für 330 AR-Brillen rund 330 000 Euro ausgegeben haben.
Das Herzensprojekt von Festspielchefin Katharina Wagner zeigt aber, was künftig alles möglich sein kann auf deutschen Bühnen und dass die Bayreuther Festspiele sich nicht scheuen, einen Weg in die Zukunft zu gehen und ihn anderen Häusern aufzuzeigen.
Denn Reformen sind es, die die Festspiele sich auch staatlich verordnet auf die Fahnen schreiben müssen. Am Tag der Eröffnung wurde bekannt, dass der Bund nach dem teilweisen Rückzug des Mäzenenvereins der Freunde von Bayreuth nur dann mehr Gesellschafter-Anteile übernehmen und mehr zahlen will, wenn sich etwas ändert auf dem Grünen Hügel.
Auch weitere Zukunftsfragen sind in den ersten Festspieltagen diskutiert worden. Katharina Wagners Vertrag läuft bis 2025, doch momentan spricht alles für eine Verlängerung. Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) bezeichnete die Planungen mit Wagner als «Plan A». Und Ministerpräsident Markus Söder betonte beim traditionellen Staatsempfang nach dem Festspiel-Auftakt, er könne sich «Wagner ohne Wagner» gar nicht vorstellen.
Und: 2026 wird das Jubiläum 150 Jahre Festspiele gefeiert. Katharina Wagner kündigte bereits an, dass eines von Wagners frühen Werken, nämlich «Rienzi», aus diesem Anlass im Festspielhaus aufgeführt wird. Sonst ist das Haus eigentlich streng dem zehn Werke umfassenden Festspiel-Kanon vorbehalten. Aber das Okay der Familie hat sie sich schon eingeholt.