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(orf) Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) hat schwere Vorwürfe gegen den Intendanten der Deutschen Oper, Udo Zimmermann, erhoben und die Auflösung des Intendanten-Vertrages "im Einvernehmen" zum 31. Juli 2003 bekannt gegeben. Die Deutsche Oper werde zum Jahresende ein Defizit von 1,6 Millionen Euro ausweisen, sagte Flierl am Dienstag nach einer Senatssitzung.
"Der Verstoß gegen die Eckdaten des Haushalts sind ein schwerwiegendes Versäumnis des Intendanten", sagte Flierl.Das Defizit sei wesentlicher Grund für die Trennung. Gleichzeitig kritisierte Flierl Zimmermanns Spielplan mit einem zu großen Gewicht auf dem modernen Musiktheater. Zimmermann, der noch bis zum Ende der Spielzeit im Amt bleiben wird, will sich an diesem Mittwoch auf einer Pressekonferenz zu den Vorwürfen äußern. Der aus Dresden stammende Komponist und Dirigent hatte sein Amt im August 2001 als Nachfolger von Götz Friedrich für zunächst sieben Jahre übernommen. Zuvor hatte er die Leipziger Oper geleitet.
Zwar schleppe die Deutsche Oper seit der Zeit von Zimmermanns Vorgänger Götz Friedrich ein Bilanzdefizit von 4,1 Millionen Euro mit. Bei Amtsantritt habe Zimmermann einen ausgeglichenen Haushalt erhalten, was nun nicht mehr der Fall sei. Die Probleme des Hauses seien "leitungsbedingt", betonte der Kultursenator. Als verantwortlicher Senator sei er aufgefordert, zu handeln. Dies sei aber kein Urteil über Zimmermanns künstlerische Qualitäten.
"Bin aus dem Amt gekippt worden"
Zimmermann erklärte dazu, er sei vom Senat aus seinem Amt gedrängt worden. Bei einer Etatüberziehung habe der Senat das Recht, ihm zu kündigen. Dies sei aber stets eine Ermessensfrage, sagte Zimmermann der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (F.A.Z., Mittwochausgabe). "Ich bin aus dem Amt gekippt worden." Sein Programm sei zwar nicht populistisch, "aber den Publikumsrückgang darauf zurückzuführen, das lässt sich in keiner Weise belegen".
Als Fehler laste er sich an, den Vertrag mit Generalmusikdirektor Christian Thielemann unterschrieben zu haben. Thielemann sei in Berlin kaum präsent, "das liegt etwa auf dem Niveau eines Gastdirigenten". Er habe sich aber "um des lieben Friedens willen" darauf eingelassen, sagte der Intendant.
Zukunft ungewiss
Flierl wies Vermutungen zurück, Thielemann werde nun die faktische Leitung des Hauses übernehmen. Zimmermann bleibe bis Juli 2003 voll verantwortlich im Amt. Er werde keine Zweifel am Fortbestand der Deutschen Oper noch Spekulationen über einen Nachfolger von Zimmermann zulassen, sagte Flierl. In einer Erklärung des Senats hieß es dagegen, angesichts der finanziellen Situation in Berlin sehe sich Zimmermann nicht in der Lage, "sein anspruchsvolles künstlerisches Konzept" über die Spielzeit 2002/2003 hinaus fortzusetzen.
Publikumsumschichtung misslungen
Zimmermanns Entscheidung, seine Spielzeit an der Deutschen Oper mit Luigi Nonos "Intolleranza" zu eröffnen, sei zwar ein spannender, aber gewiss auch unbequemer Einstieg für das angestammte Publikum gewesen. Mit seinem künstlerischen Anspruch sei Zimmermann das Risiko eingegangen, gewohnte Publikumsschichten zu verlieren und neue gewinnen zu müssen. Auch nach der Absetzung des "Fidelio" habe der Intendant den Mut für Neues nicht verloren, sagte Flierl.
Durch den "Triumph" mit Olivier Messiaens Werk "Saint Francois d\' Assise" als Regierarbeit des Architekten Daniel Libeskind sei dann Zimmermanns Mut belohnt worden. Die Deutsche Oper sei aber nicht imstande gewesen, durch ihre innovative Arbeit das fehlende Geld an anderer Stelle zu erwirtschaften.