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Man singt deutsch - Bands wie die «Sportfreunde Stiller», «Silbermond» und «Virginia Jetzt!» punkten in den Charts
Berlin (ddp). Man singt wieder deutsch. Und das jenseits von Volksmusik, Schlagern oder den zuverlässigen Hallenfüllern wie Herbert Grönemeyer oder Nena. In den Hitparaden finden sich seit einiger Zeit Bands wie «Sportfreunde Stiller», «Virginia Jetzt!» oder die neuen Shootingstars «Silbermond». Doch der Trend ist so neu nicht. Seit Jahren kamen - vor allem aus Hamburg - immer wieder intelligente Alben in deutscher Sprache. Doch «Die Sterne», «Superpunk» und selbst «Tocotronic» konnten meist keine Spitzenplätze in den Hitparaden erobern.Die neue Generation deutscher Bands ist cool, authentisch und jung. Sie singen nicht über die existenzielle Fragen des Lebens, nicht über Politik oder Gesellschaft. Sondern über das, was in ihrem Leben das Wichtigste ist: Liebe, Freundschaft und Gefühle.
Und damit treffen sie den Nerv ihrer Hörer. Die Musiker wollen vor allem eines: verstanden werden. Sie wollen «sich mit der Sprache Ausdruck verleihen, mit der man am genauesten, am korrektesten, am tiefsten argumentieren, reflektieren und sich darstellen kann», erklären die «Sportfreunde Stiller» der Nachrichtenagentur ddp. Und das sei nun mal die eigene Muttersprache.
Auch wenn sich das nach einer sehr bewussten Entscheidung für die deutsche Sprache anhört, so stand diese Überlegung bei keiner Band am Anfang im Mittelpunkt. «Wir dachten nicht, das käme an. Sänger Peter war des Englischen einfach nicht so gut mächtig», erzählt die Münchner Band. Auch «Silbermond» geben zu, dass ihr Schulenglisch miserabel gewesen sei. Und «Virginia Jetzt!» bezeichnen ihr Englisch als «mau».
Wer in der eigenen Sprache singt, hat ein engeres Verhältnis zu den Texten. In ihren Liedern beschäftigen sich die Bands vor allem mit einem: mit sich selbst. Sie sind keine Weltverbesserer. Sie drehen sich um sich selbst und ihre Gefühlswelt.
Ob sie und ihre Generation wirklich unpolitisch ist, wissen «Silbermond», deren vier Mitglieder um die 20 sind, nicht wirklich. «Wir haben einfach das aufgeschrieben, was uns beschäftigt hat», erklären sie. Ganz sicher sind sich hingegen «Virginia Jetzt!». Der Focus auf Liebe und Freundschaft «war schon immer so und hat nichts mit unserer Generation zu tun», betont Bassist Mathias Hielscher. «Es ist am Ende egal, ob gerade der 11. September ist, die \'Hartz\'-Reform tobt, du deinen Job verloren hast - wenn dein Partner, den du liebst, dich verlässt, dann ist dir der Rest scheißegal.»
Das Zugpferd der deutschsprachigen Popwunder waren im vergangenen Sommer ohne Frage «Wir sind Helden». Gerade die Berliner haben in den Medien mit ihren kritischen Texten viel Aufmerksamkeit gefunden. Auch wenn alle genannten Bands eine jeweils «eigene Sprache» sprechen und sich durch einen anderen musikalischen Stil auszeichnen, so haben sie sicherlich von der medialen Aufmerksamkeit der «Helden» profitiert.
«Wir freuen uns darüber, dass \'Wir sind Helden\' eine Tür für deutsche Texte geöffnet haben», sagen die «New Faces Award»-Gewinner «Silbermond». Dennoch sei es immer noch schwer für deutschsprachige Musik, «im Radio zu passieren», bedauern «Virginia Jetzt!». Doch weil die Menschen merkten, dass diese Bands echt - nicht von Fernsehsendern oder Produzenten gemacht - seien, berührten sie die Hörer anders. Und darum gehe es.
Jule Scherer