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«Kein Konkurrenzkampf» - Nach zwei Semestern ist an der Popakademie in Mannheim der Alltag eingekehrt
Mannheim (ddp-bwb). Die Studenten sind eine bunte Mischung aus allen Musikrichtungen, die Dozenten namhaft und die Prüfungen hart. «Das ist kein Zuckerschlecken», stellt Vivien Avena fest. Die 29-jährige Karlsruherin ist eine der rund 50 Studentinnen und Studenten, die im vergangenen Herbst einen der heiß begehrten Studienplätze an der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim errungen haben. Mit ihren Studiengängen Popmusikdesign und Musikbusiness will die bundesweit einmalige Einrichtung junge Talente zu Popmusikern, Produzenten und Managern ausbilden.
Nun, da sich für die erste Studenten-Generation das zweite Semester dem Ende zuneigt, scheinen auch die Anfangsschwierigkeiten behoben. «Im zweiten Semester hat sich alles eingespielt, es läuft jetzt geordneter ab», berichtet Nico Schnepf, der den Studiengang Popmusikdesign, also den musikalisch-kreativen Part, gewählt hat.
So ist etwa eine allgemeine Anwesenheitspflicht abgeschafft worden. «Zu Beginn musste ich einen Härtefallantrag stellen, falls ich mal einen Tag frei haben wollte», erzählt Vivien Avena mit einem Schmunzeln und leichtem Kopfschütteln. Sie betreibt seit Jahren mit einer Freundin eine Agentur, die im Großraum Karlsruhe Konzerte organisiert, darunter mit Heather Nova oder den «Einstürzenden Neubauten» durchaus bekannte «Acts».
Bands buchen sich jedoch nicht von alleine, ab und an gibt es daher Terminüberschneidungen: «Nebentätigkeiten», die von der Popakademie wegen der Praxiserfahrung absolut gewünscht sind. «Deswegen haben wir da schnell reagiert», sagt Pressesprecher Sebastian Hornik. Nicht nur die allgemeine Anwesenheitspflicht wurde abgeschafft, sondern für Studenten des Musikbusiness-Zweiges ist mittlerweile auch der Freitag generell frei. Anhand von Feedback-Bögen können die Studenten zudem permanent und anonym Lehrinhalte, Dozenten oder eben Organisatorisches bemängeln.
«Die Verschultheit hat sich gelegt», meint Avena. Einige wenige hatten nicht so viel Geduld wie sie, schmissen deshalb etwas enttäuscht den Bettel hin. Andere schafften schlicht die Prüfungen nicht. Die Musiker etwa müssen in Projektbands eigene Kompositionen erarbeiten und diese bei den prüfungsrelevanten Abschlusskonzerten vortragen.
«Dazu kommt Musiktheorie, Geschichte der Popmusik und Arrangements», zählt Nico Schnepf auf. Das Studium wird nach sechs Semestern mit dem Abschluss «Bachelor of Arts» beendet. Schnepf ist Keyboarder der Band «Königwerq!», die am 14. Juni mit «König des Leids» ihre erste Single auf den Markt brachte. Er ist vor allem von den hochkarätigen Dozenten und auch dem Miteinander der Studenten angetan. «Da gibt es überhaupt keinen Konkurrenzkampf», stellt der 21-Jährige erfreut fest. Einmal die Woche gibt er nachmittags noch Unterricht an der Rastatter Musikschule, ansonsten gehört jede freie Minute seiner Band.
Eine grundlegende Idee der Popakademie scheint indes schon zur Realität geworden zu sein. «Der Netzwerkgedanke funktioniert, es haben sich viele gemeinsame Projekte entwickelt», sagt Hornik. Schnepf und Avena bestätigen dass. Man knüpft Kontakte, tauscht sich aus und greift sich gegenseitig unter die Arme.
Noch viel mehr Möglichkeiten werden sich ab Herbst ergeben, wenn sich mit der zweiten Generation die Studentenzahl an der Popakademie verdoppelt. Dann ist die Zeit der Provisorien zu Ende, der Neubau und damit das eigene Zuhause fertig.
Gerhard Wolff