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Fusionen, Konfusionen, Berliner Opern-Situationen

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(orf) Nach dem angekündigten Rückzug des Intendanten der Deutschen Oper, Udo Zimmermann, stellt Berlin seine drei Musiktheater auf den Prüfstand. Das lässt wenig gutes hoffen.

Zimmermanns Erklärung, er sei nach nur einem Jahr vom rot-roten Senat aus dem Amt gedrängt worden, verdichtet die Hinweise auf eine Neuordnung der Opernszene an der Spree. Bis zum Jahresende will Kultursenator Thomas Flierl (PDS) ein Reformpapier vorlegen - die Schließung eines Hauses oder eine Fusion gelten nicht mehr als ausgeschlossen. Den Berliner Opernhäusern droht ein "heißer Herbst".
Noch vor zwei Jahren hatte der Plan des damaligen Kultursenators Christoph Stölzl (CDU), Daniel Barenboims Staatsoper, die Deutsche Oper und die Komische Oper unter die Obhut eines Generalintendanten zu stellen, heftige Proteste ausgelöst. Namhafte Opernchefs, darunter Klaus Zehelein (Stuttgart) und Sir Peter Jonas (München) torpedierten erfolgreich das Konzept - zu bürokratisch und ohne künstlerische Vision. Stölzls Plan verschwand wieder in der Schublade, wenig später wurde der Senat abgewählt.
Doch angesichts der akuten Finanzmisere Berlins werden die Karten neu gemischt. Aus dem Haus von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) stammt eine "Giftliste" mit Sparvorschlägen, die auch vor den Musiktempeln nicht Halt macht. Da wird eine drastische Kürzung der Subventionen vorgeschlagen, die Schließung mindestens eines Hauses wäre die Folge.
Zimmermann, der von Berlin als "Intrigenstadl" spricht, lässt wenig Zweifel daran, wen er als Drahtzieher hinter seinem Rausschmiss sieht: Den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Opernfan Wowereit, so Zimmermanns Vermutung, wolle sich mit führungslosen Opernhäusern eine günstige Ausgangsposition für einen Kahlschlag verschaffen. Zwar lehnt Wowereit Schließungen ab. Doch vor einem Monat verweigerte der Senat dem Intendanten der Komischen Oper, Albert Kost, die Vertragsverlängerung. Und auch Peter Mussbach, der frisch gekürte Intendant der Staatsoper Unter den Linden, hat wenig zu lachen.
Angesichts der maroden Technik seines Hauses kündigte Mussbach einen Spielbetrieb in Moll an - das Bühnenbild für die Hälfte der 44 Opern im Repertoire muss abgespeckt werden. Und er fügte hinzu: "Ich klebe nicht an meinem Sessel." Der Kultursenator zeigt sich davon unbeeindruckt. Eine Sanierung des Hauses, die mit 100 Millionen Euro veranschlagt wird, komme nur im Rahmen einer Generalreform in Frage.
Viele Musikliebhaber in Berlin blicken mit Misstrauen auf Flierls Vorhaben. Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der frühere Intendant der Berliner Festspiele, Ulrich Eckhardt, wollen in Kürze ein eigenes Reformprogramm vorlegen. Zwar will Eckhardt Einzelheiten nicht preisgeben. Doch eines ist für ihn klar: Eine "fantasielose Kulturbehörde" werde die Probleme nicht lösen.
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