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Am Montag kam "Respect Yourself", Cockers zwanzigstes Album, in den Handel. Einige Stücke der CD stellte der Sänger im kleinen Kreis in Kölner "Limelight Club" vor.
Köln (ddp). Manchmal muss es eben Joe Cocker sein. Zum Beispiel an einem sonnigen Frühsommertag in Köln, wenn die Welt auf Kronprinzen mit Hautproblemen oder auf ehebrechende Bundesliga-Profis schaut. Kurzum, eine Welt, der etwas Ungekünsteltes und Authentisches wie die Musik von Joe Cocker durchaus gut anstehen würde.Mit 58 sieht Joe Cocker besser aus denn je, keine Spur mehr von dem aufgedunsenen Woodstock-Helden des Jahres 1969. Damals verwandelte Cocker, abgefüllt mit zu viel Dosenbier und geneppt von den Strippenziehern der Musikindustrie, das Lennon/McCartney Stück "With a little help from my friends" in einen emotionsgeladenen Klassiker.
Inzwischen hat Cocker längst dem Alkohol und den Zigaretten abgeschworen. Heute lebt er mit seiner Familie auf dem Land in Colorado, züchtet Pferde und Rinder - und macht weiter Musik. "Ich kann einfach nicht anders", verriet er vor dem Kölner Konzert. In einer Musikwelt, die derzeit anscheinend voll auf gecastete Retorten-Combos setzt, ist Joe Cocker weit mehr als ein agiler Dinosaurier. Seine Stimme, die in der 35-jährigen Karriere alle Höhen und Tiefen überstanden hat, macht immer noch aus gefälligem Mainstream-Stücken ein musikalisches Ereignis.
Der Mann aus der Stahlarbeiterstadt Sheffield ist ein Schwerarbeiter vor dem Mikrophon: Nach den ersten beiden Songs wird das Sakko ausgezogen, Minuten später die Ärmel des dunkles Hemdes hochgekrempelt. Stets geht bei der Liedern Cockers ganzer Körper mit, begleitet er auf der imaginären Luftgitarre die Soli seiner Musiker.
Doch die typischen Verrenkungen, die die Fans ebenso in Begeisterung wie in Besorgnis versetzten, sie sind seltener geworden. "Ich bin ruhiger geworden, gelassener. Ich fühle mich gut", meint Cocker. Die Zusammenarbeit mit einer guten Band gebe ihm das nötige Selbstvertrauen für seine Musik. "Die früheren Alben mag ich heute noch lieber." Damals habe man ein halbes Jahre an einer Platte arbeiten können, heute ist man in wenigen Wochen durch. Der Spaß an der Musik leide darunter aber nicht, beteuert Cocker: "Im Grunde bin ich immer Bluessänger geblieben, mit gelegentlichen Ausflügen zum Pop."
Und das merkt man auch beim Kölner Konzert. Cockers Version von "Respect yourself" von Luther Ingram, Titelstück der neuen CD, macht dem Motown-Klassiker alle Ehre. Das packendste Stück des Abends und auch der CD ist jedoch die INXS-Nummer "Love will tear us apart." Musikalisch weitgehend werkgetreu interpretiert, sorgt allein Cockers Stimme dafür, dass die Hymne des frühverstorbenen INXS-Sängers Michael Hutchence ein Ereignis wird.
Die Fans im Kölner "Limelight", unter ihnen BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, waren begeistert. Sie feierten Joe Cocker mit minutenlangen Ovationen.