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Berlin (ddp). Mit nahezu halbstündigen Ovationen für eine bewegende Aufführung von «Parsifal» ist der zehnteilige Wagner-Zyklus der Berliner Staatsoper Unter den Linden am Samstagabend abgeschlossen worden.
Er war der erste an diesem Hause seit 69 Jahren, der alle in Bayreuth gespielten Werke des großen deutschen Musikdramatikers brachte.Mehr als die Hälfte der Besucher der ausverkauften Vorstellungen waren ausländische Gäste. Der Zyklus wird vom 13. bis zum 28. April wiederholt. Es dirigiert Daniel Barenboim, der beim Finale mit John Tomlinson als Amfortas und Deborah Polaski als Kundry besonders umjubelt wurde.
Alle zehn Opern waren von Harry Kupfer inszeniert und von Bühnenbildner Hans Schavernoch ausgestattet worden. Sie wurden in den Schlussjubel einbezogen, wurden aber zu Anfang des Dauerbeifalls auch mit einzelnen Buhs bedacht. Als Barenboim Arm und Arm mit Kupfer erschien, waren Applaus und Bravos einhellig.
Mit «Parsifal» hatten Barenboim, Kupfer und Schavernoch vor zehn Jahren ihr Gemeinschaftsprojekt begonnen, mit dem «Fliegenden Holländer» vor einem Jahr beendet. Ab 1996 gab es dann österliche Festtage in der Lindenoper, wo Jahr für Jahr eine weitere Produktion hinzu kam.
Im «Parsifal», mit wunderschönem Musizieren der Staatskapelle Berlin, ist John Tomlinson der ideale Gurnemanz, der über das Wohl der längst selbstzufriedenen und aggressiven Gralsritter wacht und den Titelhelden (Robert Gambill in faszinierender Jugendlichkeit) befähigt, deren Retter zu sein.
Eine besondere Stärke ist die Auslotung der widerspruchsvoll-rätselhaften Kundry, der Wanderin zwischen zwei feindlichen Welten, mit dem berückend schönen Gesang von Deborah Polaski. Der «Parsifal» ist von Schavernoch arg technizistisch ausgestattet worden, zum Beispiel mit dem Blumenmädchen-Sextett, das gewissermaßen nur interaktiv erscheint: auf einem Dutzend Monitoren.
Zu den Festtagen 2003 (12. - 21. April), für die dann als Intendant Peter Mussbach verantwortlich zeichnet, steht dann noch einmal «Tristan und Isolde» auf dem Spielplan, flankiert von «La Traviata» des Wagner-Zeitgenossen und -Antipoden Verdi (Regie: Mussbach). Auch dabei und bei drei Mahler/Bruckner-Konzerten des Chicago Symphony Orchestra steht Daniel Barenboim am Pult.
Er war und ist der Star der diesjährigen Festspiele, unermüdlich an 22 Abenden (einschließlich eines Brahms-Sinfonie-Zyklus) dirigierend: mit großer Frische, immensem Einsatz, hoher Differenzierung. Was Wunder, dass er jeweils stürmisch gefeiert wird, oft schon mit Bravos zwischen den einzelnen Akten.