München - Ein neuer Intendant, eine neue Spielstätte, ein neues Logo und viele ehrgeizige Pläne: Mit der Uraufführung einer Bühnenfassung von Joseph Roths Roman "Hotel Savoy" in der neuen Spielhalle starten die Münchner Kammerspiele am Donnerstag (7. Oktober) in die erste Saison unter dem regieführenden Intendanten Johan Simons. Der Niederländer will die Marke "MK" im Stadtleben sichtbarer machen und sie zugleich nach Europa öffnen.
Dass die Ära Simons mit "Hotel Savoy" beginnt, ist durchaus programmatisch zu verstehen. Für den Niederländer muss sich Theater in aktuelle Debatten einmischen, muss politisch sein. Roths "Hotel Savoy" behandele einen sehr politischen Stoff, sagt Simons. "Die Themen, mit denen sich Joseph Roth befasst, sind mir einfach wichtig - Heimweh, Entwurzelung, Emigration."
Außerdem beschreibe Roth sehr genau zwei sehr unterschiedliche Menschenbilder: Gabriel Dan glaube nur noch an Individualismus und nicht mehr an die Gemeinschaft. Dagegen setze Zwonimir Pansin auf die Gemeinschaft, weil man in ihr seiner Meinung nach die Macht bekämpfen kann. Obwohl der Roman zwischen den Weltkriegen geschrieben worden sei, sei dies sehr aktuelles Bild. Simons verwies auf den Erfolg des Rechtspopulisten Geert Wilders in Holland: Die Rechte sei imstande, sich selbst zu organisieren, die Linke dagegen nicht. "Die ist völlig individualisiert", erläuterte der Theatermacher und fügte hinzu: "Und das ist eine schreckliche Entwicklung, weil damit hat man keinen Widerstand."
Der niederländische Theatermacher ist in München kein Unbekannter - in den vergangenen Jahren inszenierte er an den Kammerspielen "Drei Farben" nach den Filmen von Krzysztof Kieslowski und "Hiob" nach Joseph Roth. Die Kammerspiele übernimmt er nach einem Übergangsjahr unter der Leitung eines dreiköpfigen Direktoriums. Der frühere Intendant Frank Baumbauer hatte das städtische Theater auf eigenen Wunsch im Sommer 2009 verlassen.
Simons kündigte an, künftig sollten an den Kammerspielen mehr ausländische Regisseure arbeiten, ferner einige holländische und belgische Schauspieler dazukommen, "damit man eine Begegnung hat zwischen verschiedenen Theaterkulturen". Dazu soll auch die neue Spielstätte der Kammerspiele, die Spielhalle, beitragen, die mit der Uraufführung von "Hotel Savoy" eröffnet wird. Während im großen Schauspielhaus das deutsche Repertoir-System praktiziert werde, biete die Spielhalle die Vorteile einer Ensuite-Spielstätte, erläutert der Intendant. "Man kann ein Bühnenbild bauen, das man nicht am nächsten Tag wieder abbauen muss, man kann es einfach stehen lassen, man kann in dem Raum proben, in dem dann auch die Premiere ist."
Es gebe einige sehr gute Regisseure, die einfach nicht im deutschen System arbeiten könnten, "weil sie es nicht gewöhnt sind, von zehn bis eins zu proben und dann von der Bühne zu gehen, weil wieder eine Vorstellung aufgebaut werden muss". So könne er den Künstlern einfach den Schlüssel geben und sie bis zur Premiere darin arbeiten lassen.
Simons will in dem renommierten Münchner Haus, dass mehrfach zum Theater des Jahres gekürt wurde, einen "neuen Stil" etablieren. Er will die Kammerspiele nach Europa, aber auch für neue Gattungen öffnen. Zugleich aber soll das Theater in der Stadt sehr präsent und verwurzelt sein. Dafür will Simons eine Vernetzung mit anderen Institutionen in der Stadt. Vor allem aber will er auch hinaus aus dem Theatergebäude und auch im "Stadtraum" inszenieren.