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Kristjan Järvi\'s ABSOLUTE, New York FIX +++ junge philharmonie thüringen: Mystic Circles +++ Klaus Löwitsch - Markus Stockhausen: Offenbarung und Untergang - Fühmanns Kontroverse mit Trakl
Kristjan Järvi\'s ABSOLUTE, New York FIXBesetzung: Klarinette/Saxophon, Fagott, Trompete, Posaune, Violine, Baß, Piano, Schlagzeug/Percussion
Leitung: Kristjan Järvi
Veranstalter: Kunstfest Weimar GmbH
Termin: 31. August, 20 Uhr
Ort: Kubus im Ilmpark
Kartenpreis: 13,- Euro
Jedes Konzert ist ein singuläres Ereignis. Nicht einfach Musik: Die Interpreten leben geradezu, was andere Musiker nur spielen würden. Die Welt der komponierten Klänge steht diesem ungewöhnlichen Ensemble vollständig offen. Sie lassen nichts aus, schrecken vor nichts zurück. Eigentlich spielen sie überwiegend akustische Instrumente, aber uneigentlich wird alles verwandelt, verstärkt und verfremdet, sind ihre Stücke angereichert mit elektronischen Samples. Klar, daß Genre-Grenzen sie nicht schrecken können.
Der estnische Komponist und Dirigent Kristjan Järvi, der seit 1993 in New York lebt und arbeitet, hat sich mit einer Reihe exzellenter Musiker zusammengetan, mit denen er auf die Suche nach der »Absoluten Musik« gegangen ist. Und was sie gefunden haben, das ist im wahrsten Sinne des Wortes unerhört. Freilich, es erinnert immer wieder an irgend etwas, an Jazz, an Balanescu, an minimal music, an Klassik, an Jimmy Hendrix und an Gott weiß was - und läßt einen das alles dann doch ganz schnell wieder vergessen. Es ist eben, allen philosophischen Einwänden zum Trotz - absolut. »It is a whole new genre. Very exciting.« (New York Times)
junge philharmonie thüringen: Mystic Circles
Leitung: Hans Rotman
Abschlußkonzert der Europa-Werkstatt 2002
Veranstalter: junge philharmonie thüringen e.V. in Zusammenarbeit mit der Kunstfest Weimar GmbH
Termin: 27. August, 20.15 Uhr
Ort: Viehauktionshalle
Kartenpreis: 13,- Euro
Bereits seit ihrer Gründung 1993 gehört die junge philharmonie thüringen zu den interessantesten Musikprojekten im Freistaat: von einem Schüler ins Leben gerufen, fand die private Initiative bereits vor dem ersten Konzert die Unterstützung von Prof. Kurt Masur, der sofort die Schirmherrschaft übernahm. Für ein Jugendorchester in Deutschland nahezu einmalig, hat sich die junge philharmonie thüringen von Anfang an auf die Musik des 20. Jahrhunderts spezialisiert und so häufig Werke zur Aufführung gebracht, vor denen sogar manch professionelles Ensemble zurückschreckt.
In diesem Sommer wird die junge philharmonie thüringen nun zum zweiten Mal ein europäisches Projekt veranstalten: mehr als siebzig Schüler und Studenten aus 12 europäischen Ländern treffen sich für zwei Wochen in Weimar, um gemeinsam ein Konzertprogramm zu erarbeiten und so das europäische Zusammenwachsen klangvoll zu praktizieren. Die künstlerische Leitung hat der holländische Dirigent Hans Rotman, Preisträger des Boston Symphony Orchestra und in den 80er Jahren Assistent u.a. von Leonard Bernstein und Seiji Ozawa. Rotman, der heute als Dirigent mit dem Radiosinfonieorchester Brüssel, der Königlichen Philharmonie von Flandern und weiteren, ähnlich namhaften Klangkörpern arbeitet, hat der jungen philharmonie thüringen entscheidend zu ihrem ausgeprägten künstlerischen Profil verholfen und wird von Musikern und Publikum gleichermaßen für seine moderierten Konzerte geschätzt.
Programm
Igor Strawinsky, Le Sacre du Printemps, Part I; John Adams, Harmonielehre, Part II, The Anfortas Wound; John Williams, Harry Potter and the Sorcerer\'s Stone, Symphonic Suite
Klaus Löwitsch - Markus Stockhausen: Offenbarung und Untergang - Fühmanns Kontroverse mit Trakl
Veranstalter: Kunstfest Weimar GmbH
Termin: 23. und 24. August, jeweils 20 Uhr
Ort: Kubus im Ilmpark
Kartenpreise: 15,- / 20,- Euro
Offenbarung und Untergang: in dieser Reihenfolge vollzieht sich das Schicksal Georg Trakls, der, ein Vertreter des deutschen Expressionismus, wenn man denn kategorisieren will, im November 1914 im Alter von 27 Jahren an der österreichischen Ostfront durch eine Überdosis Kokain stirbt. Er ist einer der genialsten Dichter des letzten Jahrhunderts, aber der Preis dafür ist hoch; er ist einer, der sich für sein Werk verzehrt.
Eine Offenbarung verdankt Franz Fühmann dem Dichter Georg Trakl. Es ist die Auseinandersetzung mit dessen von Selbstzweifeln und Todesvisionen geprägtem Werk, die Fühmann nachdenklich macht. Nachdenklich über die Diskrepanz zwischen den in der DDR gehegten schlichten Weltbildern und den Erfahrungen einer Realität voller Widersprüche und Ungerechtigkeiten. Genau vor zwanzig Jahren erschien das Buch »Vor Feuerschlünden«, in dem Fühmann dieses Nachdenken öffentlich macht.
Der Autor, der in diesem Jahr 80 geworden wäre, gehört zu den authentischsten, unbeugsamsten und zugleich künstlerisch bedeutendsten Vertretern der DDR-Literatur. Seine Diagnose ist unbestechlich, und sie weist keinen Ausweg. Auch sein Schreiben ist letztlich ein Untergang, nimmt den Untergang einer auf Lügen gegründeten Ideologie resigniert vorweg.
Was geht uns das heute an? Klaus Löwitsch sagt es uns. Vielmehr: er stößt, schreit, flüstert, hetzt die Worte Fühmanns und Trakls in unsere Zeit; unerbittlich und mit der ganzen Kraft seiner enormen Künstlerpersönlichkeit erteilt er den »einfachen Wahrheiten« eine radikale Absage. Mit »Offenbarung und Untergang« hat er seinen Stoff gefunden, das erschließt sich bereits nach den ersten Minuten.
Nicht als Atempausen, nicht als Einladung zum Abschalten: vielmehr als Dialog mit den aufwühlenden Texten verstehen sich die Improvisationen des Trompeters Markus Stockhausen, die dem Abend zu großer Dichte und Konsequenz verhelfen.
Giovanni Sollima - J. Beuys Song: Solokonzert für Violoncello und Live electronics
Musik/Violoncello: Giovanni Sollima
live electronics/Stick Bass/Sound: Maurizio Curcio
Komponiert im Auftrag der Biennale Danza Musica Teatro di Venezia für ein Ballett
von Carolyn Carlson, in Zusammenarbeit mit Change Performing Arts Milano
Veranstalter: Kunstfest Weimar GmbH
Termin: 11. August, 20 Uhr
Ort: Kubus im Ilmpark
Kartenpreis: 13,- Euro
Giovanni Sollimas Werk verdient mehr als viele andere, denen es zuteil wird, das Prädikat der Vielseitigkeit. Er wagt ebenso die Auseinandersetzung mit Dantes Göttlicher Komödie, wie er sich dem eigentümlichen Verhältnis der italienischen Einwanderer zu ihrer neuen amerikanischen Heimat widmet, alte sizilianische Sakralmusik bearbeitet und eine Hommage an eine Kirche in Palermo komponiert. Seine Italienische Reise für Streichquartett wurde im November 2000 in der Carnegie Hall in New York mit dem Lark Quartet uraufgeführt; im Sommer 2001 erklang auf der Biennale in Venedig seine Musik zu Carolyn Carlsons Choreographie »J. Beuys Song«, das Programm, das auch beim Kunstfest zu erleben sein wird. Das ist Sollima als Komponist. Seine Werke enthalten Elemente der minimal music ebenso wie des Jazz und vor allem, natürlich, den unverwechselbaren Klang Giovanni Sollimas. Sie werden gespielt oder dirigiert von Künstlern wie Yo Yo Ma, David Geringas, Gidon Kremer und Riccardo Muti.
Als Cellist ist Giovanni Sollima einer der meistgeschätzten Musiker Italiens. Seine Vita weist Projekte mit Giuseppe Sinopoli, Robert Wilson und Philip Glass aus, darüber hinaus eine Vielzahl verschiedener Soloprogramme, bei denen er immer wieder Neuland erschließt. Grundsätzlich sind seine Auftritte, bei denen das Soloinstrument begleitet wird von live eingespielten elektronischen Klängen, nie einfach nur Konzerte. Giovanni Sollima ist ein »performer«. Was das bedeutet? »Sollima erupts like Etna, the volcano of his homeland«, schrieb die Presse nach einem Auftritt in New York.
Das Erstaunlichste von allem ist: Das Kunstfest Weimar ist in der Lage, diesen weltweit geschätzten Musiker in »deutscher Erstaufführung« zu präsentieren. Tatsächlich ist dem deutschen Publikum dieses Erlebnis bisher versagt geblieben. Daß Weimar zu alledem Erstaunlichen auch noch den Kubus im Ilmpark als einen wahrhaft singulären und eigenwillig »mitspielenden» Ort anbieten kann, ist ein glückliches Zusammentreffen, das bis auf weiteres nur hier möglich sein wird.