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Autobiografie der Stones - Band veröffentlicht Interview-Sammlung -Sex, Drugs und RocknRoll lassen kaum Platz für Überraschungen
Berlin (ddp). «Die Leute stricken sich mit der Zeit ihre eigene Geschichte und schmücken sie aus», sagt Mick Jagger. «Und nach einer Weile weiß man nicht mehr, ob sie wahr ist oder nicht.» Eine ausgesprochen weise Einsicht, die der Sänger der Rolling Stones da äußert. Trotzdem hat die Erkenntnis ihn ebenso wenig wie Keith Richards, Charlie Watts und Ron Wood davon abgehalten, in endlosen Interview-Sitzungen die Lebenserinnerungen zu erzählen.Ein dicker Wälzer ist daraus geworden: Mit «According to the Rolling Stones - Das Buch» ist am Montag die Autobiografie der Rolling Stones im Ullstein-Verlag erschienen - eine Interview-Sammlung pünktlich zum 40-jährigen Bestehen der legendären Rockband.
Viel ist über die Rolling Stones geschrieben worden. Nun weiß man: Es ist bereits alles geschrieben worden. Die stete Abfolge von Sex, Drugs und Rock\'n\'roll ist lückenlos dokumentiert, jeder Fan hat wohl seine Lieblingsanekdote: das erste Zusammentreffen von Mick und Keith im Zug von Dartford nach London, Richards\' Verhaftung wegen Drogenhandels in Toronto oder irgendein trockener Witz von Watts über irgendeinen Jazz-Saxophonisten - wer sporadisch die Musikpresse liest oder beim Bügeln Fernsehen schaut, kennt die Charaktere. Da ist der extrovertierte, geschäftstüchtige Mick; der robuste, wiewohl herzensgute Keith; der zurückhaltende, bescheidene Watts. Und dann ist da ja auch noch Wood, seit 28 Jahren der ewige Neuling.
Die Geschichte der Stones ist zweifelsohne die spannendste und längste aller Rock\'n\'Roll-Stories. Und die Rolling Stones erzählen sie durchaus mit Grazie, Humor und Distanz zu sich selbst. Insbesondere Keith ist um ein Bonmot nie verlegen. Und weil er die meisten zu jeder sich bietenden Gelegenheit bereits mehrfach erzählt hat, haben seine Sprüche Eingang ins kollektive Pop-Gedächtnis gefunden. Die Sentenz «Diese Band verlässt man nur in einem Sarg» beispielsweise gehört seit dem tragischen Tod von Brian Jones im Jahr 1969 zum festen Repertoire wie das «Satisfaction»-Gitarrenriff, das er, auch das wird Richards nie müde zu wiederholen, buchstäblich «im Schlaf» geschrieben haben will.
Dass man die Stones-Episoden in der Mehrzahl kennt, ist den Herausgebern Dora Loewenstein und Philip Dodd kaum anzulasten: Geschichte wiederholt sich eben, wenn man sie erneut erzählt. Kenner der Materie werden daher besondere Freude an dem qualitativ hochwertigen Bildmaterial haben, das auch rare Schnappschüsse enthält.
Besonders gelungen zudem die Idee, die Einordnung der historischen Begebenheiten nicht den Protagonisten zu überlassen, sondern Personen aus dem Stones-Umfeld zum Abschluss eines jeden der 12 Kapitel einen Essay schreiben zu lassen. Der gelungenste stammt von Prinz Rupert Loewenstein, seit 33 Jahren Finanzverwalter der Stones: Er schildert das Entstehen der Unterhaltungsindustrie am Beispiel der Stones und freut sich, «dass sich viele attraktive Songs zu erfolgsträchtigen Werbeslogans verarbeiten lassen.» Start me up!
Die Geschichte der Stones: ob sie wahr ist oder nicht? Zumindest ist sie immer gleich - und immer gleich unterhaltsam. Und wer wissen will, was Bert Richards, Keiths Vater, zu seinem Sohn sagte, als er auf dem Sterbebett zu liegen kam, der kommt um eine Anschaffung von «According to the Rolling Stones» nicht herum.
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