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Popkomm 2004

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Eine neue Plattform - Musikmesse Popkomm ist vor allem für kleine Labels interessant - 650 Aussteller erwarte

Berlin (ddp-bln). «Key Visuals», «Location», «Movin\' Music» - wenn über die Ende September anstehende Musikmesse Popkomm geredet wird, muss man sich schon eines entsprechend jugendlichen Szene-Jargons befleißigen. Projektleiterin Katja Bittner beherrscht ihn. Bei der Vorstellung des Kongressprogramms am Montag in Berlin zeigt sie während einer Computer-Präsentation stolz «Network Lounges» und «Media Lounges», im «Color Code» natürlich feinstens abgestimmt.

Das alles kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es der Musikbranche schlecht geht, sehr schlecht. Der Plattenriese EMI kann sich auf der zum 16. Mal stattfindenden Popkomm keinen Stand leisten. Man sei EMI finanziell sehr entgegengekommen, sagt Popkomm-Geschäftsführer Ralf Kleinhenz. Aber: «Wir können niemanden zu seinem Glück zwingen.»

Die Indies konnte die Popkomm dagegen überzeugen. «Die kleinen Labels sind ein wichtiger kreativer Faktor im Musikgeschäft», betont Bittner. «Uns war es daher wichtig, diesen Firmen ein adäquates Ausstellungskonzept anzubieten.» Und das sieht so aus: Für kleines Geld erhalten die Indies während der drei Messetage Ausstellungsflächen im so genannten Labelcamp mit Wohnwagen, Campingstühlen und Dosenbier.

Horst Weidenmüller, Geschäftsführer des Berliner Elektronik-Labels !K7, freut sich über das Schnäppchen: «Viele internationale Musikmessen sind für Indies nicht bezahlbar.» Nach dem Umzug der Popkomm von ihrem angestammten Platz in Köln in die Hauptstadt erwartet er Großes von der Messe: «Die Popkomm ist höchstwahrscheinlich die neue Plattform für die Indies.»

Ob auch die Majors die neue Messe annehmen werden, darf im Augenblick noch bezweifelt werden. 46 Veranstaltungen sind im vorläufigen Kongressprogramm gelistet. Bisher konnte sich nur Universal dazu durchringen, zwei Mitarbeiter zu den Diskussionsrunden zu entsenden. Die BMG schickt immerhin einen Angestellten auf das Podium. Die Majors überlassen das Feld Rechtsanwälten, Soziologen und Journalisten, die über Themen wie Musik im Internet, die Zukunft des Musikvideos und zentrale Marketinganliegen diskutieren.

Kleine Firmen werden ein großes Wort mitzureden haben, etwa über digitale Vertriebswege. «Digitale Distribution ist wie Teenager-Sex: Alle reden davon, niemand außer ein paar Großen macht es, aber alle wissen: Es ist das Thema der Zukunft», sagt Weidenmüller.

Die Zukunft der Popkomm jedenfalls, da sind sich die Macher schon jetzt sicher, sieht jedenfalls rosig aus. 650 Aussteller werden erwartet. 77 Prozent davon stammen aus dem Ausland. Vom 29. September bis 1. Oktober werde Berlin «zur Musikhauptstadt Europas». Nicht nur das Fachpublikum, sondern auch die Fans sollen Spaß an der Messe haben: Im Umfeld der Popkomm geben über 400 Acts insgesamt 120
Konzerte.

Und während die Kids gemeinsam mit den Sportfreunden Stiller deren «Burli» besingen, redet sich die Fachwelt hinter verschlossenen Türen die Köpfe heiß darüber, wie man ältere Konzertbesucher anlockt. Denn auch die Pop-Szene ist überaltert. «Grey Euro - Altes Geld» heißt die Veranstaltung. Ohne einen peppigen Jargon geht eben gar nichts.

Boris Fust

http://www.popkomm.de
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