Hamburg (nmz-ddp). Die Hamburger Philharmoniker und ihre Generalmusikdirektorin Simone Young wollen die Stadt am Montag in den «größten Konzertsaal der Welt» verwandeln. Für das einmalige Ereignis sollen 100 Musiker an 50 Orten ein Konzert spielen, wie eine Sprecherin des Orchesters am Donnerstag mitteilte. Gespielt werde die 2. Symphonie von Johannes Brahms.
Für die Aufführung, die voraussichtlich um 18.30 Uhr beginnt, stellt Young ihr Dirigentenpult in 108 Meter Höhe auf dem Turm der St.-Michaelis-Kirche, des berühmten Hamburger «Michel», auf. Die Musiker befinden sich an 50 verschiedenen Stellen in der Innenstadt in Geschäftsräumen, Privatwohnungen und auf öffentlichen Plätzen. Für die Hamburger werde dies eine ganz neue Konzertform sein, kündigte die Sprecherin an. Man könne entweder den einzelnen Stimmgruppen zuhören oder die ganze Symphonie später im Internet unter philharmoniker-event.de verfolgen.
Die technische Umsetzung des Projekts erfordert den Angaben zufolge eine aufwendige Logistik. Alle Musiker könnten Youngs Anweisungen über den lokalen TV-Sender Hamburg 1 per Fernseher verfolgen. Mit Hilfe einer sogenannten Tonsumme werde das Zusammenspiel außerdem akustisch koordiniert. Für die Internetseite sollen dann Aufnahmen von den einzelnen Standorten zusammengemischt werden.
Idee und Konzeption stammen laut der Sprecherin von der Agentur Jung von Matt, die sich auch als Sponsor engagiert. Deren Geschäftsführer Götz Ulmer sagte zu dem Event: «Es ist der beste Beweis dafür, wie unklassisch Klassik daherkommen kann.»
Young bezeichnete das Konzert als logistische Herausforderung und »verrücktes Projekt«. Sie betonte: »Wir bringen die Musik an all die Orte, die den typischen Charakter Hamburgs ausmachen. Wir wollen Begeisterung in der Stadt wecken, und alle Hamburger sollen erleben, dass wir ein Teil von ihnen sind."
(nmz-bl) – Ein ähnliches Projekt gab es bereits 1995 in Hamburgs Partnerstadt Dresden. Allerdings nicht mit einem Orchester, sondern mit Kirchenglocken: Johannes Wallmanns „Glocken Requiem Dresden“ anlässlich des 50. Jahrestages der Zerstörung der Stadt.
Seinerzeit waren 47 Geläute der gesamten Stadt Dresden mit insgesamt 129 Glocken in die Komposition eingebunden. Die in Sekundenschritten auskomponierte Partitur wurde von circa 90 Mitwirkenden, die die Läutewerke bedienten, auf der Grundlage von Funkuhrkoordination umgesetzt. Über elektronische Wandler und Telekom-Leitungen wurden die live erzeugten Klänge zu einem zentralen Mischpult in die Musikhochschule Dresden geführt, dort zur Rundfunkfassung abgemischt und durch (damals noch) MDR Kultur, DeutschlandRadio sowie BBC London live übertragen.
Zeitgleich wurden im Umfeld der Frauenkirche Hörareale über Lautsprecher beschallt. So wurden mittels elektroakustischer Übertragung weit voneinander entfernte Glockenklänge zu einem Orchester verbunden.