Body
Mikhail Baryshnikov hat am Mittwoch in den Räumen des «PACT Zollverein» in Essen - unter dem Dach der alten Kaue - gleich mehrere mythologische Helden verkörpert. Die Uraufführung zum Auftakt der diesjährigen Tournee des «White Oak Dance Project» startete im Rahmen der Ruhr-Triennale.
Essen (ddp). Wie ein Held sieht der 54-Jährige mit den zerwuschelten Haaren nicht aus. Eher müde wirkt Mikhail Baryshnikov auf einem alten grünen Sofa im weiß-gekachelten Foyer der Essener Waschkaue. Die letzten 48 Stunden habe er nicht viel geschlafen, gibt der «Tanzgott» ohne eine Spur von Übermenschlichkeit zu. Dafür wird er bereits am Mittwoch in den Räumen von «PACT Zollverein» - unter dem Dach der alten Kaue - gleich mehrere mythologische Helden verkörpern, wie er am Dienstag sagte.Die Uraufführung zum Auftakt der diesjährigen Tournee des «White Oak Dance Project» startet im Rahmen der Ruhr-Triennale in dem Industriedenkmal. In sieben Wochen wird der Tänzer mit seiner Kompanie in Rom, London, Basel, Turin, Kapstadt und Saragossa auftreten. «Es scheinen jetzt schon sieben Jahre zu sein», gesteht Baryshnikov, der das «White Oak Dance Project» gemeinsam mit dem Choreografen Mark Morris gegründet hatte.
Zur Premiere stehen drei Stücke auf dem Programm: «Largo», ein Solo von Baryshnikov, ist eine Deutschlandpremiere komponiert von Arcangelo Corelli und choreographiert von Lucinda Childs. In «Trio a pressured #3» nach einer Choreografie von Yvonne Rainer wird das Ensemble ohne ihn tanzen. Der Höhepunkt des Abends soll schließlich die Uraufführung des neuesten Werks des amerikanischen Choreografen Richard Move sein: «The Show», Untertitel: «Achillesferse». Die Musik komponierte Arto Lindsay mit Debbie Harry, bekannt als «Blondie», Melvin Gibbs und Steve Barber.
«Es gleicht eher einer Rockoper als einem Tanzstück», verrät Move, der schon mit Legenden wie Merce Cunningham und Yvonne Rainer tanzte. Indem er die griechische Sage in die heutige Zeit verlegt, will Move besonders den Konflikt zwischen dem öffentlichen und privaten Leben des Helden Achilles beleuchten. «Wir haben alle eine verwundbare Stelle am Körper oder an der Seele», beschreibt der Choreograf. Über sein Stück wollte er aber nur wenig verraten, «um die Überraschung zu erhalten». Nur so viel: « Es geht um das Bewusstsein der Künstlichkeit einer Darstellung.» Eine unendliche Reise durch surreale Szenarios mit Humor und Ironie im «Brechtschen» Sinn solle das Stück bieten.
Diese Welttournee wird nach zwölf Jahren Arbeit die letzte des «White Oak Dance Projects» sein. «Es waren unglaubliche Jahre. Es war die sinnvollste Zeit meiner Karriere, aber jetzt möchte ich mit der richtigen Note aufhören», erklärt Baryshnikov. Künftig will sich der vierfache Vater mehr Zeit für seine Familie und andere, kleinere Projekte in New York nehmen. Auch Move schmiedet bereits Pläne für ein neues Projekt: 2004 will er mit einer 24-Stunden-Performance am Neujahrsabend das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt Genf und Lille einleiten.
Sehr zufrieden zeigten sich Move und Baryshnikov mit dem Ort für die letzte Aufführung des «White Oak Dance Projects» in Deutschland, der besonderen Atmosphäre der Waschkaue. «Es ist eine Ironie, dass die großen Industriekomplexe, die nichts mit Kunst zu tun hatten, jetzt Kunst erblühen lassen», sagte der Tänzer. Sandra Fomferek
(www.ruhrtriennale.de)