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Berlin (ddp). Danke kann er schon auf Finnisch sagen: «Das heißt Kiitos», verriet ein strahlender Roger Cicero am Donnerstagabend. Die Freude war dem Swingbarden anzusehen, doch so recht fassen konnte er sein Glück noch nicht. Wenige Minuten zuvor hatte sich der 36-Jährige beim diesjährigen Grand-Prix-Vorentscheid überraschend gegen die favorisierte Girlband Monrose («Even Heaven
Cries») und Rockpoet Heinz Rudolf Kunze («Die Welt ist Pop») durchgesetzt.
«Ich fühle bin total überwältigt», sagte der gebürtige Berliner nach der Show. «Als ich meinen Namen auf der Bühne gehört habe, habe ich total weiche Knie bekommen. Das war noch viel schlimmer als vor meinem Auftritt.» Bereits am Samstag setze er seine Deutschlandtour fort und habe nicht wirklich Zeit, diesen Sieg sacken zu lassen. «Das muss mir irgendwie im Tourbus gelingen», hoffte Cicero, den das Magazin «Stern» kürzlich als «Mischung aus Annett Louisan und Ildikó von Kürthy für Männer» bezeichnete.
Als Sohn des 1997 verstorbenen Jazz-Pianisten Eugen Cicero und einer Tänzerin wurde ihm das Talent schon in die Wiege gelegt.
Künstler verkehrten daheim und bescherten dem fünf Monate alten Roger 1970 eine Begegnung der besonderen Art: «Ich war ein typisches Spuckkind, Josephine Baker war damals mit meinem Vater auf Tournee und nahm mich während eines Interviews auf den Arm. Es muss wohl kurz nach meinem Fläschchen gewesen sein, dass ich mich in ihren Ausschnitt ergoss», erzählte Cicero in einem Interview. Seinen Eltern zufolge habe Baker kurz das Mikro aus der Hand gelegt, sich den Schmu aus dem Ausschnitt gewischt und dabei mit keiner Wimper gezuckt.
Mit zwölf Jahren stand er das erste Mal auf einer Bühne. Vier Jahre später absolvierte der Teenager TV-Shows mit Horst Jankowski und dem RIAS-Tanzorchester, gefolgt von einer Ausbildung in Gesang, Klavier, Gitarre am Hohner-Konservatorium in Trossingen und einem Musikstudium an der Hochschule der Künste in Hilversum mit Hauptfach Jazzgesang. Mit Clubauftritten finanzierte sich der Yoga-Fan sein Leben in Holland und feilte schrittweise an seinen Qualitäten als Entertainer.
Die Begegnung mit den Autoren und Produzenten Frank Ramond und Matthias Hass (beide sind auch für Louisan verantwortlich) versetzte der Laufbahn des charismatischen Künstlers schließlich den entscheidenden Schub und die Erfüllung eines lang gehegten Traums:
eine CD mit Swingmusik im Bigband-Sound und frischen, deutschen Texten. «Männersachen», so das Album, zog im Windschatten der Single «Zieh die Schuh aus» zwei Wochen nach der Veröffentlichung im Mai
2006 in die Charts und hat mittlerweile Platin-Status erreicht.
Mit seinem überzeugenden Grand-Prix-Auftritt am Donnerstag dürfte Cicero endgültig bundesweite Bekanntheit erlangt haben. Der von Ramond und Hass eigens für den Wettbewerb komponierte Titel «Frauen regier\'n die Welt» steht exemplarisch für das mutige Projekt des Wahl-Hamburgers, der mit einer 29-jährigen Sozialpädagogik-Studentin zusammenlebt. So spiegelt der Song nach Angaben seiner Agentur die in der Generation tief sitzende, aber doch augenzwinkernde Erkenntnis wider, die nur ein ausgemachter Macho nicht wahrhaben will.
Der Sänger mit dem Hut, unter dem sich laut Cicero «wohlsortierte Haare» befinden, war «noch nie» in Helsinki. Am 12. Mai wird er in der finnischen Hauptstadt einem Weltpublikum sein Lied präsentieren.
«Es ist alles möglich, gerade mit so einem Titel», erklärte Cicero, der sein Bestes geben will. Fest steht, «dass wir auch dort auf Deutsch singen werden». Eine andere Sprache würde «Frauen regier\'n die Welt» die Besonderheit und Kraft nehmen. «Deutscher Swing kann auch international funktionieren», glaubt Cicero. Für den Optimalfall ist er ja bereits gerüstet: «Kiitos!»