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US-Musiker Ike Turner im Alter von 76 Jahren gestorben

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San Diego (ddp). Die Mitteilung ist knapp und spricht doch Bände. Tina Turner habe vom Tod ihres Ex-Mannes erfahren. «Sie stand mit ihm seit 35 Jahren nicht mehr in Kontakt. Es wird keinen weiteren Kommentar dazu geben», heißt es da ziemlich kurz angebunden.

Am Mittwoch ist der amerikanische Rockpionier Ike Turner in seinem Haus in San Marco, einem Vorort von San Diego, im Alter von 76 Jahren gestorben. Der Soul-Musiker, Songwriter, Produzent und Bandleader gilt als einer der Wegbereiter des Rock\'n\'Roll. Gemeinsam mit Tina Turner feierte er in den 60er und 70er Jahren Welterfolge wie «River Deep, Mountain High» oder «Nutbush City Limits». Doch auch das Image als drogenabhängiger und prügelnder Ehemann von Tina Turner haftete ihm stets an.

Sein Manager informierte die Medien am Mittwoch über Turners Tod.
Woran er starb, wurde nicht bekannt. Nach Angaben seiner vierten Ehefrau Jeanette Bazzell Turner, die er 1995 geheiratet hatte, litt Turner an einer Lungenkrankheit. Er sei im Schlaf verstorben, will der US-Branchendienst «TMZ» erfahren haben. Im Internet wurde eine Seite eingerichtet, wo Fans aus aller Welt ihre Beileidsbekundungen abgeben konnten.

Am 5. November 1931 in Clarksdale (Mississippi) geboren, suchte Ike Turner, dessen voller Name mal mit Izear Luster Turner Jr., mal mit Ike Wister Turner angegeben wird, schon als Kind Kontakt zu Blues-Musikern und lernte früh das Klavierspiel. In der High School gründete er in den 40er Jahren seine Band Kings of Rhythm. Der Song «Rocket 88», den sie 1951 gemeinsam mit Sänger Jackie Brenston aufnahmen, wird von vielen Musikkritikern als erster jemals aufgenommener Rock\'n\'Roll-Titel gefeiert.

Der ganz große Erfolg kam für Ike Turner aber mit der acht Jahre jüngeren Anna Mae Bullock. In der Clubszene von St. Louis lernte er
1958 die damals 19-Jährige kennen. Er holte sie in die Band, machte sie erst zur Background-, dann zur Hauptsängerin, schließlich auch zu seiner Ehefrau und gab ihr den Namen Tina Turner.

Aus musikalischer Sicht waren sie ein großartiges Team. Mit ihrem R&B-Musikprojekt, der «Ike and Tina Turner Revue», landeten sie sieben Hits in den Top Ten und stiegen mit Auftritten als Vorprogramm der Rolling Stones in die Oberliga der US-Bands in den späten 60ern auf. Hinter den Kulissen aber sah es völlig anders aus: Tina Turner beschrieb ihre Ehe später als Qual, Ike als herrschsüchtigen, drogenabhängigen Tyrannen, der sie immer wieder verprügelte. 1976 trennte sie sich von ihm.

Die Scheidung kam sie teuer zu stehen. Hoch verschuldet hielt sich Tina mit Auftritten in kleinen Clubs über Wasser. 1984 veröffentlichte die inzwischen 45-jährige Sängerin das Soloalbum «Private Dancer». Die Single-Auskopplung «What\'s Love Got To Do With It» wurde ihr erster Nr.1-Hit - der Beginn einer glanzvollen Solokarriere.

Weniger rühmlich sah es in diesen Jahren für Ike Turner aus. Nach ein paar Soloprojekten zerstörte 1982 ein Feuer sein Musikstudio.
Vier Jahre später erschien Tina Turners Autobiografie («I, Tina») über ihre 18-jährigen Ehequalen, 1993 der Film zum Buch: «What\'s Love Got to Do With It».

Ike Turner räumte wiederholt Fehler ein. Dem Magazin «Jet» sagte er noch vor einigen Monaten: «Wenn ich jemandem eine Entschuldigung schulde, dann Tina. Mit meinen Frauengeschichten habe ich sie durch die Hölle geschickt.» Er bereue dies heute, könne es aber nicht mehr ungeschehen machen.

Zugleich wehrte sich Turner aber auch gegen die Vorwürfe seiner Ex-Frau, er habe sie brutal verprügelt und auch vergewaltigt. Das Bild, das von ihm in der Öffentlichkeit gezeichnet werde, stimme nicht, betonte er 2003 im «Stern». «Im Drogenrausch» habe er Ende der 80er Jahre einen Vertrag unterschrieben, der es erlaubt habe, ihn im Film zu Tinas Autobiografie «nach Belieben» zu porträtieren. »Man hat im Film ein Monster aus mir gemacht, in der Gewissheit, dass ich mich nicht wehren konnte.« Auch in diesem Gespäch räumte Ike Turner aber ein, er sei »sicher kein Heiliger« gewesen und habe Tina »Unrecht getan, keine Frage».

Als die beiden 1991 in die «Rock and Roll Hall of Fame» aufgenommen wurden, saß er wegen Drogendelikten 17 Monate einer vierjährigen Haftstrafe ab. Im vergangenen Jahrzehnt drehte es sich bei Ike Turner, der vier Kinder aus vier Ehen hinterlässt, dann wieder vorrangig um die Musik. Er ging mit seiner Band international auf Tour, erhielt 2002 für sein Comeback-Album «Here and Now» eine Grammy-Nominierung und konnte die Trophäe - die zweite seiner Karriere - im Februar dieses Jahres für sein Album «Risin\' With The Blues» entgegen nehmen.
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