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Eine neue Musiktheater-Produktion des Baseler Gare du Nord vergleicht das barockes Lebensgefühl mit dem genussorientierten Lebenskonzept der Moderne des 20. und 21. Jahrhunderts.
Zur Saisoneröffnung 03/04 zeigt der Baseler GARE DU NORD als Eigenproduktion in Zusammenarbeit mit der SCHOLA CANTORUM BASILIENSIS ein ungewöhnliches Musiktheaterprojekt: VANITAS - EIN MUSIKTHEATERGASTMAHL IN 7 TEILEN.Der von Regisseur Björn Jensen konzipierte Zyklus erforscht auf musiktheatralisch-kulinarische Weise an sieben Abenden das barocke Lebensgefühl der «VANITAS» (lat. Eitelkeit», «eitle Selbstsucht», gleichzusetzen mit «vergeblich» und «vergänglich») aus der Perspektive des 21. Jahrhunderts.
Die barocke Vanitas ähnelt in ihrer Gier nach Leben, Genuss und Sensation («carpe diem» - «pflücke den Tag») dem Lebenskonzept der Moderne des 20./21. Jahrhunderts: Die «eitle Schönheit» ist zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden. Mode-, Werbe-, Freizeit-, Kosmetik-, Gentechnische Industrie, Plastische-ästhetische Chirurgie erfinden neue Körperwelten und Lebensbedürfnisse.
Das Todesverständnis («memento mori» - «gedenke des Todes») heute ist jedoch ent-gegengesetzt: Die (westliche) Gesellschaft verdrängt Tod und Vergänglichkeit aus dem gesellschaftlichen Leben. Der ökonomische Aspekt des Todes - Gesundheitskosten, Katastrophen- und Kriegsmanagement - rücken das "Private" der Vergänglichkeit wieder in den gesellschaftlichen Kontext: Selbstmordattentate
bringen den anonymen, "sauberen" Tod der technologisierten Kriege wieder in die grauenhafte (und sensationelle) Nähe jedes Einzelnen und bedrohen das christlich-westliche Wertesystem.
Lebensverlängernde teure medizinische Fortschritte akkumulieren die Kosten im Gesundheitswesen und die Frage der Gesundheit des Einzelnen wird zur gesellschaftlichen Frage: Wieviel darf das individuelle Leben einer Gesellschaft kosten, ohne diese zu ruinieren?
Anhand solcher Fragestellungen ist VANITAS - EIN MUSIKTHEATERGASTMAHL an sieben Abenden mit sieben Themenschwerpunkten in einer strukturierten offenen Form gestaltet:
Im musikalischen Zentrum jedes Abends steht die barocke Passion «MEMBRA JESU NOSTRI» - «Unser Jesu Gliedmassen» von Dietrich Buxtehude und musikalisch-elektronische "Zwischenspiele" des Basler Komponisten Knut Jensen.
Analog der Symbolik der in «Membra Jesu Nostri» besungenen sieben Körperteile Jesu (Füsse, Knie, Hand, Lende, Brust, Herz, Antlitz) gibt es sieben verschiedene Abende mit je
einem Themenschwerpunkt: Diesem ist eine spezifische Vanitas-Allegorie und ihr analoger Konflikt aus heutiger Sicht zugeordnet, die von einem Moderator und einem Fachreferenten erörtert werden.
Das Publikum ist einbezogen in das Spiel: Es nimmt Teil an dem musikalischen Gastmahl, das die barocke Vanitas sinnlich erfahrbar machen will: Durch Hören und Sehen, durch theatralische Aktionen der Sänger und Musiker, durch das Gespräch zwischen Spezialisten und Moderator, durch gemeinsames kulinarisches Geniessen,
Das ehemalige Erstklass-Bahnhofs-Buffet von GARE DU NORD bildet hier den idealen Raum für das MUSIKTHEATER-GASTMAHL VANITAS.
Pressemitteilung
Ute Haferburg
(Künstlerische Leitung/Geschäftsführung)
GARE DU NORD
BAHNHOF FÜR NEUE MUSIK
Schwarzwaldallee 200
CH - 4058 Basel
T 0041/(0)61/683 13 13
F 0041/(0)61/6830144
uhaferburg [at] garedunord.ch (uhaferburg[at]garedunord[dot]ch)
www.garedunord.ch
ERÖFFNUNG SPIELZEIT 2003/04
VANITAS
EIN MUSIKTHEATERGASTMAHL IN 7 TEILEN
MUSIK VON DIETRICH BUXTEHUDE & KNUT JENSEN
Idee und Regie: Björn Jensen
Ausstattung/Video: Sarah Derendinger,
Komposition/Musikalische Leitung: Knut Jensen
Dramaturgie: Ute Haferburg
Ensemble der Schola Cantorum Basiliensis:
Marni Schwonberg (Sopran I), Dorothea Kaiser (Sopran II), Javier Robledano Cabrea (Altus), Nicolas Savoy (Tenor), Janis Nisin (Bass), Katja Donner (Violine), Cosimo Stawiarski (Violine), Francis Palma-Pelletier (Violone), Julian Behr (Theorbe), Silvia Tecardi/Elisabeth Rumsey (Gambe I), Elisabeth Rumsey/Igor Przbylo (Gambe II), Thomas Leininger (Orgel, Cembalo)
Moderation: Felix Schneider (04./11./12./13.09.03) und
Andreas Müller-Crepon (06./07./14.09.03) vom Schweizer Radio DRS 2
Eine Koproduktion von GARE DU NORD & SCHOLA CANTORUM BASILIENSIS
PREMIERE:
VANITAS - AD PEDES (I)
Donnerstag, 04.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Krieg & Märtyrer/Selbstmordattentäter
Gast: Abdel-Hakim Ourghi (Islamwissenschaftler, Universität Freiburg/Brsg.)
Moderation: Felix Schneider (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD GENUA (II)
Samstag, 06.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Krankheit & Gesundheitskosten: Was ist das Leben heute wert?
Gast: Hans-Ulrich Iselin (Dr. med. Chefarzt der Medizinischen Klinik am Spital Rheinfelden)
Moderation: Andreas Müller-Crepon (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD MANUS (III)
Sonntag, 07.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Tod & Vergänglichkeit
Gast: Peter Galler (Leiter Museum Sammlung Friedhof Hörnli/Grabmachermeister)
Moderation: Andreas Müller-Crepon (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD LATUS (IV)
Donnerstag, 11.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Schlaf & Schlafstörung/Depression
Gast: N.N. (Schlafforscher/in); Moderation: Felix Schneider (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD PECTUS (V)
Freitag, 12.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Schönheit & Eitelkeit/Plastische Chirurgie
Gast: Nikolas Lüscher (Prof. Dr. med. Facharzt FMH für Plastische und Wiederherstellende Chirurgie, Kosmetische Chirurgie, Crossklinik/Merian Iselin Spital)
Moderation: Felix Schneider (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD COR (VI)
Samstag, 13.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Liebe & Paartherapie
Gast: N.N.; Moderation: Felix Schneider (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD
VANITAS - AD FACIEM (VII)
Sonntag, 14.09.03 um 20 Uhr
Allegorie & Thema: Musik & Improvisation zwischen Barock und heute
Gast: Dr. Peter Reidemeister (Direktor Schola Cantorum Basiliensis)
Moderation: Andreas Müller-Crepon (Schweizer Radio DRS 2)
Bewirtung: BAR DU NORD