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Flötistin, Dispokinesis-Coach und Instrumentalpädagogin

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Ein Gespräch mit Ute-Gabriela Schneppat, Geschäftsführerin des Frankfurter Tonkünstlerbundes

neue musikzeitung: Liebe Gabriela, seit über einem Jahr führst Du nun die Geschäftsstelle des Frankfurter Tonkünstlerbundes. Was hat sich seitdem für Dich verändert?

Ute-Gabriela Schneppat: Dass meine Vorstandskollegen an mich herangetreten sind mit der Bitte, die Geschäftsstelle des Frankfurter Tonkünstlerbundes zu übernehmen, war und ist für mich ein großes Glück: So kann ich mich mehr für meine Herzensangelegenheit einsetzen, nämlich die Interessen unseres Berufsstandes zu fördern und vielleicht ein Stück mit meiner Arbeit dazu beitragen, dass sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen für uns Musiker in der Zukunft verbessern können.

nmz: Welche inhaltlichen Schwerpunkte hatte das erste Jahr Geschäftsführung für Dich?

Schneppat: Zunächst habe ich mich eingearbeitet. Es kamen einige neue Aufgabenfelder auf mich zu: So habe ich fast den gesamten administrativen Teil bis auf die Finanzen und die Pflege der Website übernommen, mich in die Datenbank eingearbeitet und, und, und … Zusätzlich war ich in die Organisation der Mitgliederkonzerte involviert. Die Sammlung der Einwilligungen zur Datenweitergabe an die übergeordneten DTKV-Verbände und die Sammlung aktueller Mitgliederbilder für die Herausgabe unseres neuen Flyers waren zudem recht arbeitsintensiv. Schließlich haben wir es endlich geschafft, unseren neuen Flyer Anfang dieses Jahres herauszubringen. Zudem gab es noch unsere Mitgliederwerbeaktion, die uns einen schönen Erfolg brachte.

nmz: Bei den beiden Mitgliederkonzerten in der Frankfurter Sparkasse von 1822 warst Du doch nicht nur bei der Planung eingebunden?

Schneppat: Ja, ich bin auch bei beiden Konzerten aufgetreten. Beim Konzert 2014 spielte ich mit meiner Klavierpartnerin Karin Heidrich die Sonate „Undine“ von Carl Reinecke, eines meiner Lieblingsstücke, und beim diesjährigen Konzert, das wir zugunsten des „Archivs Frau und Musik“ unter der Schirmherrschaft des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann durchführen konnten, brachten wir die zu Unrecht fast vergessene „Sonatine“ von Ruth Zechlin zur Aufführung.

nmz: Deine Konzerttätigkeit hast Du wieder aufgenommen?

Schneppat: Ich versuche wieder Fuß zu fassen. Einige Jahre konnte ich nur sporadisch auftreten. Da ich mit meinen beiden Söhne allein war, konnte ich nur ab und zu ein einzelnes Engagement annehmen.

Mit dem Unterricht ließ sich die Familie da eher vereinbaren. Jetzt sind die beiden so selbstständig, dass ich wieder auftreten kann. Mit meiner Klavierpartnerin Karin Heidrich spiele ich inzwischen über 25 Jahre zusammen. Wir treten zur Zeit mit einem Programm romantischer Flötenmusik auf.

Mit dem Ensemble „voice-meets-flute“ (Julia Rother, Sopran, Karin Heidrich, Klavier, und ich) sind wir gerade in den Vorbereitungen für ein Adventskonzertprogramm.

Ab nächstem Jahr ist die Zusammenarbeit mit Heike Matthiesen geplant – eine Zusammenarbeit, auf die ich mich ganz besonders freue.

nmz: Du unterrichtest aber nach wie vor?

Schneppat: Das mache ich mit großer Begeisterung. Ich unterrichte derzeit an vier Nachmittagen. Schwerpunkt ist die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Meinem Unterricht mit jungen Schülern kommt hierbei meine langjährige Früherziehungspraxis zu Gute. Und alle meine Schüler profitieren natürlich vor allem von meiner Dispokinesis- Ausbildung.

nmz: Dispokinesis? Davon habe ich zwar schon gehört, aber sie ist mir weitgehend unbekannt. Kannst Du hierüber mal etwas sagen?

Schneppat: Gerne. Dispokinesis ist eine speziell für Musiker und Bühnenkünstler entwickelte ganzheitliche Schulungs- und Therapieform. Umfragen besagen, dass sehr viele unserer Berufskollegen unter Schmerzen musizieren und spielen. Die Ursachen hierfür sind eine falsche Körperhaltung und fehlerhafte Bewegungsmuster. Hier setzt die Dispokinesis an. Die Dispokinesis bewirkt, dass der Musiker wieder frei über seine Bewegung (kinesis) verfügen kann (disponere). Leider scheuen viele Kollegen den Gang zu jemandem, der helfen kann. Gerade wenn er kein Arzt oder Therapeut, sondern selbst Musiker ist. Dabei ist das Besondere an der Dispokinesis, dass sie nur von Musikern weitervermittelt wird. Alle diplomierten Dispokinesislehrer haben vor ihrer Dispokinesisausbildung ein Musikstudium absolviert. Dies und die mindestens einjährige praktische Erfahrung mit der Dispokinesis ist die Voraussetzung für die Ausbildung zum Dispokinesislehrer. Durch die Vermittlung von Kenntnissen und Übungen wirkt die Dispokinesis vorbeugend. Bei schon bestehenden Beschwerden kann die Dispokinesis durch ihre selbständig durchführbaren Übungen die Unabhängigkeit der Musiker von Therapeuten und Ärzten vergrößern und altersunabhängig funktionelle Defizite auf verschiedenen Ebenen beseitigen. Und das Schönste: Durch das Wiedererlangen eines freien Spiels kann man nicht nur beschwerdefrei musizieren, sondern viel bessere Ergebnisse erlangen.

Damit meinen Schülern solche bitteren Erfahrungen erspart bleiben, vermittle ich von Beginn an ein auf der Körperwahrnehmung basierendes Körper- und Spielgefühl.

Ich habe übrigens meine Ausbildung in Dispokinesis bei Gerrit Onne van de Klashorst, dem Begründer der Dispokinesis, absolviert und das sogenannte DIRP-Diplom (Dispokineto – Instrumental Re – educational Processing) erhalten. Das bedeutet, dass ich sowohl die „Urgestalten“ als auch die Dispokinesisanwendung für alle Instrumente, auch für Sänger und Dirigenten, unterrichten darf.

nmz: Was verstehst Du unter „Urgestalten“?

Schneppat: Die sogenannten „Urgestalten“ sind Körperübungen, die die Grundlage des dispokinetischen Übungsweges bilden. Sie ermöglichen, die senso- und psychomotorische Entwicklung vom Liegen über das Krabbeln bis hin zum Stehen nochmals mit allen Sinnen bewusst zu erleben. Denn die „Urgestalten“ verstehen sich nicht als Kräftigungs- oder gymnastische Übungen. Vor allem das Körpergefühl wird durch diese Übungen geschult. Dadurch hat der Übende die Möglichkeit, fehlerhafte Haltungs- und Bewegungsmuster aufzuspüren und durch die ursprünglichen Muster zu ersetzen. Die Verbesserung des muskulären Tonus und der Abstimmung zwischen Bewegung und Stabilisation durch die Haltung erfolgt dann quasi nebenher. Die Übung durch die Dispokinesis ist ein ganzheitlicher Prozess, der sich nicht nur auf der körperlichen Ebene abspielt. Ich habe es oft erlebt, dass dieser Prozess regelrecht als Befreiung erlebt wird. Das Coaching geht dann deutlich über die musikalische und spieltechnische Ebene hinaus.

nmz: Ich möchte zum Schluss nochmals auf den Tonkünstlerbund zurückkommen. Welche Planungen gibt es denn für 2016?

Schneppat: Wir möchten zum Tag der Musik 2016 ein FTKB-Festival unter dem Motto „Der Frankfurter Tonkünstlerbund öffnet die Türen“ durchführen. Wir haben unsere Mitglieder aufgefordert, in ihrem Umfeld Konzerte durchzuführen. Ziel ist es, eine große Spannbreite von Konzerten in der ganzen Region stattfinden zu lassen. Die Vielfalt der großartigen Künstler, die in unserem Verband organisiert sind, soll in der Öffentlichkeit bekannter und sichtbarer werden. Ich freue mich auf die Beteiligung und das Engagement unserer Mitglieder.

Außerdem planen wir langfristig zu verschiedenen, für Musiker interessanten Themen moderierte Gesprächsrunden zu veranstalten. 2016 soll das erste „Frankfurter Tonkünstler Gespräch“ stattfinden.

Unsere Konzertreihen werden wir natürlich auch weiterführen.

nmz: Liebe Gabriela, vielen Dank für dieses ausführliche Gespräch.

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