Banner Full-Size

Musikalische Begegnung auf allen Ebenen

Untertitel
Musikfreunde der Stadt Münster kämpfen für einen Musik-Campus
Autor
Publikationsdatum
Body

„Eine Jahrhundertchance“: So heißt es im YouTube-Film, der für die Unterzeichnung einer Petition wirbt, welche einen Musik-Campus in der Stadt Müns-ter fordert. Mitten in der Stadt, unweit des Doms und hinter dem Schloss, soll es einen Ort für Musik geben. Die Petition, initiiert vom Förderverein der Westfälischen Schule für Musik Müns-ter, richtete sich an die Ratsmitglieder in Münster und fand über 3.240 Unterstützerinnen und Unterstützer: genug, damit sich der Rat, der derzeit über eine Vorlage zum Grundsatzbeschluss mit Standortfestlegung entscheiden muss, hierdurch den klaren Bürgerwillen zugunsten eines solchen Ortes gespiegelt bekommt. Die Petition wurde dem Oberbürgermeister der Stadt in einer musikalischen Aktion übergeben: Ein Blechblasensemble, „Unity Brass“, bestehend aus Musiker/-innen aller zukünftigen „Ankernutzer“, begleitete den Moment, in dem die Unterschriften überreicht wurden. Passend zum Anlass wurde „One Moment in time“ von Whitney Houston zelebriert.

Worum geht es? Um eine gemeinsame Vision der Musik-Akteure in der Stadt, um „neue Räume für Musik, Kultur und Wissenschaft“. Im Sommer 2016 hatten sich die Stadt Münster und die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) auf eine Absichtserklärung an das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW (damals Ministerium für Wissenschaft und Forschung) zu einer gemeinsamen Planung eines Münsterschen Musik-Campus verständigt. Die Westfälische Schule für Musik, das Sinfonieorchester der Stadt, die Musikhochschule der Universität und – später mit hinzugefügt – die freien Musik-Akteure von Münster sollen dort eine neue Heimstatt finden. Herzstück des Campus soll ein Konzertsaal sein, der auch als universitärer Konferenzsaal nutzbar ist.

Anfang 2018 wurde das Beratungsunternehmen Metrum Managementberatung von der Stadt und der Universität mit der Erstellung eines standort-unabhängigen Nutzungs- und Betreiberkonzepts beauftragt. Neben einer umfangreichen Analyse für ein mögliches Belegungsmanagement von Konzertflächen und der räumlichen Anforderungen aller Nutzer hatte Metrum die Aufgabe, die potenziellen Synergien aller denkbaren künftigen Nutzer des Musik-Campus darzustellen. Damit sollten alle Bürgerinnen und Bürger einen ersten Eindruck vom geplanten Musik-Campus bekommen, der ein Ort der Musik, der Wissenschaft und der Begegnung aller Musikliebhaberinnen und Musikliebhaber und aller Bürgerinnen und Bürger aus Münster und der Region werden soll, von Laienmusizierenden ebenso wie von Profis, von „Klassikern“ ebenso wie von Vertretern der Popularmusik. Ein gemeinsamer Veranstaltungs-, Proben- und Experimentier-Raum soll hier entstehen, so wünschen es sich die Initiatoren. Das Papier, das die Synergieeffekte eines Campus auflistet, zeigt detailliert die zahlreichen positiven Auswirkungen des Projekts. Da geht es um die gemeinsame Nutzung räumlicher und materieller Ressourcen ebenso wie um interdisziplinäre Synergien im künstlerischen wie im pädagogischen Bereich und die Außenwirkung eines solchen Ortes als Zentrum für Musik, für Bildung aller Generationen und Kulturen – in der Stadt und überregional.

Die Westfälische Schule für Musik beschreibt in diesem Papier neben Vorteilen des jetzigen Standorts, die größtenteils beibehalten werden könnten, erhebliche Mängel, darunter räumliche Nutzungsbeeinträch-tigungen wie das Fehlen eines Tonstudios, eines Orchesterprobensaals, eines Bandprobenraums oder eines Chorsaals. Die Räume sind nicht barrierefrei, Auflagen des Brandschutzes sind nicht erfüllt, akus­tische Beeinträchtigungen zwischen den Räumen erschweren das Arbeiten und und und… Außerdem ist insgesamt eine eklatante Raumnot zu beklagen, wie Musikschuldirektorin Friedrun Vollmer berichtet.

Gemeinsam mit dem neuen GMD des Sinfonieorchesters Golo Berg hatte sie früh erkannt, dass das Vorhaben nur eine Chance hat, wenn alle denkbaren Akteure eingebunden werden. „Wenn es uns nicht gelingt, die freie Szene und alle an Musik interessierten Menschen der Stadt in den Prozess einzubinden und ihnen den Musikcampus als zukünftigen Ort der Begegnung, der Musiknutzung und des Austausches schmackhaft zu machen und ihnen verbindlich Zusammenarbeit auf Augenhöhe zusagen, dann wird es scheitern“, so Vollmer. Viele freie Musik-Akteure sind inzwischen mit im Boot; Ängste gibt es hier vor allem davor, dass Gelder für kleinere Veranstaltungs- und Konzertstätten, für Clubs oder soziokulturelle Zentren zugunsten des Großprojekts abgezogen würden. Andere denken, dass eine dezentrale Ansiedlung der Einrichtungen sinnvoller wäre.

Letztendlich hängt vieles am Geld. „Geld gibt es nicht unendlich“, weiß auch Friedrun Vollmer, die ganz allgemein eine große Gefahr für die Förderung von Kunst und Kultur in den Folgen der Pandemie erkennt und damit nicht alleine ist. Es sei „hervorragend, wie Künstlerinnen und Künstler während der Corona-Krise unterstützt wurden. Aber dieses Füllhorn wird irgendwann versiegen.“

Wie ist ihre Zuversicht, dass der Musik-Campus in Münster Realität wird? Zweifel sind durchaus angebracht. Im April will der Stadtrat über den Musik-Campus beraten. „Wenn die Entscheidung nicht im April fällt, dann stirbt das Projekt. Zumindest sagen das alle“, so Vollmer. Für sie ist eine zeitnahe Klärung sehr wichtig. Für den Fall, dass es nicht zum großen Wurf kommt, hat die Stadt immerhin schon signalisiert, dass sie die Musikschule bei der Behebung der vielen räumlichen Probleme anderweitig unterstützen wird. „Ich stehe in der Verantwortung, für unsere Kolleginnen und Kollegen an der Musikschule die Arbeitsbedingungen gedeihlich zu gestalten“, erklärt die Musikschuldirektorin. „Wir als Musikschulleitung sind verpflichtet, nach vorne zu denken, und können uns nicht jahrelang an einem Projekt aufhalten, das immer wieder nach hinten verschoben wird.“

In einem Video engagiert sich übrigens auch Götz Alsmann, bekannter Musiker, Musikhistoriker und Fernsehmoderator, für den Musik-Campus. Er, der selbst aus Münster stammt, macht sich für die Idee stark: Der Musik-Campus könnte eine „Zelle des Glücks für diese Stadt“ werden.

 

Ort
Autor
Print-Rubriken
Unterrubrik