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Von tönendem Atem beseeltes Weiterwehen

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Interview mit dem Komponisten Sebastian Sprenger
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Um der Reichspogromnacht, die vor 75 Jahren in Deutschland stattfand, in Wort und Ton zu gedenken, veranstaltet der Hamburger DTKV in Ko-operation mit der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und der Arbeitsstelle „Kirche und Stadt“ der Universität Hamburg am 8. und 9. November 2013 zwei Konzerte in der Kirche St. Nicolaus in Alsterdorf. (siehe nmz 10/13, S. 51). Einen besonderen Programmpunkt bildet die Uraufführung des für diesen Anlass komponierten Werkes „Atem-Fragmente“ von Sebastian Sprenger für Orgel, Klavier und Akkordeon mit Kerstin Petersen (Orgel), Eva Zöllner (Akkordeon) und dem Komponisten (Klavier). Der Hamburger DTKV setzte mit der Vergabe des Kompositionsauftrags an Sebastian Sprenger eine lange und wichtige Tradition des Verbandes fort. Hier beantwortet der Komponist Fragen, die Jeanne Christée ihm für den DTKV-Hamburg gestellt hat.

Um der Reichspogromnacht, die vor 75 Jahren in Deutschland stattfand, in Wort und Ton zu gedenken, veranstaltet der Hamburger DTKV in Ko-operation mit der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und der Arbeitsstelle „Kirche und Stadt“ der Universität Hamburg am 8. und 9. November 2013 zwei Konzerte in der Kirche St. Nicolaus in Alsterdorf. (siehe nmz 10/13, S. 51). Einen besonderen Programmpunkt bildet die Uraufführung des für diesen Anlass komponierten Werkes „Atem-Fragmente“ von Sebastian Sprenger für Orgel, Klavier und Akkordeon mit Kerstin Petersen (Orgel), Eva Zöllner (Akkordeon) und dem Komponisten (Klavier).

Der Hamburger DTKV setzte mit der Vergabe des Kompositionsauftrags an Sebastian Sprenger eine lange und wichtige Tradition des Verbandes fort. Hier beantwortet der Komponist Fragen, die Jeanne Christée ihm für den DTKV-Hamburg gestellt hat.

Jeanne Christée: Herr Sprenger, warum wählten Sie die ungewöhnliche Besetzung Orgel, Klavier und Akkordeon für diese Komposition?

Sebastian Sprenger: Die Idee zu dieser Besetzung kam im gemeinsamen Gespräch mit der Organistin Kerstin Petersen, die seit einigen Jahren mit der Akkordeonistin Eva Zöllner im Duo spielt und als künstlerische Leiterin und Vorstandsmitglied des Hamburger DTKV die Veranstaltung konzipiert hat. Beide Instrumente werden ja durch die Luft – den „tönenden Atem“ – beseelt. Hierzu bildet das Klavier als weiteres Tasteninstrument mit seiner eher „perkussiven“ Tonerzeugung einen reizvollen Kontrast. Ich würde mir wünschen, dass die Zuhörer die Musik – nicht zuletzt durch die räumliche Position der Instrumente im Kirchenraum – als ein zartes Gespinst von Klängen erleben, die verstreut aus verschiedenen Richtungen herüberwehen.

Christée: Was charakterisiert Ihren Kompositionsstil?

Sprenger: Das ist schwer zu sagen; am ehesten wohl die starke Betonung des melodischen Moments. Letztlich denke ich Musik immer vom Gesang, von der menschlichen Stimme her. Auch meine langjährige intensive Beschäftigung mit Musik aus Indien und dem vorderen Orient mit ihrer hochentwickelten Verzierungskunst und den für sie charakteristischen Intervallen und Skalen hat sicherlich ihre Spuren hinterlassen.

Christée: Wie würden Sie den Entstehungsprozess Ihrer Kompositionen beschreiben?

Sprenger: In den meisten Fällen als ein „Improvisieren in Zeitlupe“; mein Ideal ist es, Musik aus einer bestimmten Ausgangskonstellation oder einer bestimmten Klangwelt heraus möglichst organisch wachsen, sich entfalten zu lassen. Übergeordnete formale Entwürfe sind für mich im Vergleich dazu meist von zweitrangiger Bedeutung.

Christée: Welchen Bezug hat Ihre Komposition zur Thematik des Gedenktages?

Sprenger: Die Novemberpogrome des Jahres 1938 markierten ein neues Stadium der unverhohlen und in aller Öffentlichkeit ausgeübten physischen Gewalt gegenüber jüdischen Menschen. Männer, Frauen und Kinder wurden ermordet, Synagogen in Brand gesetzt, jüdische Friedhöfe verwüstet. Im wörtlichen wie im übertragenen Sinne wurde hier also sehr vieles zerschlagen, in Scherben geschlagen. Doch trotz der weitgehenden Vernichtung des europäischen Judentums vermochte der Geist, der „Atem“ des Judentums, nicht zuletzt im Exil – wie schwach auch immer – weiterhin zu wehen. Genau um dieses „zarte Weiterwehen“ und die darin bei aller Trauer auch enthaltene Hoffnung geht es mir bei der Komposition.
Ich habe versucht, dies durch den Titel „Atem-Fragmente“ auszudrücken, wobei im Begriff des „Atems“ im Judentum wie in vielen anderen  religiösen Traditionen ja immer auch eine im weitesten Sinne spirituelle Komponente mitschwingt.

Christée: Sie sind DTKV-Mitglied. Was bedeutet Ihnen diese Mitgliedschaft?

Sprenger: Gerade in der gegenwärtigen bildungspolitischen Situation, in der wir Musiker und Musikpädagogen uns oft in eine defensive Position gedrängt fühlen, realisiere ich immer mehr, wie wichtig es ist, dass die Interessen des Berufsstandes durch eine gemeinsame Stimme vertreten und gebündelt werden.

Beginn der Konzerte, Kirche St. Nicolaus in Alsterdorf: Freitag 8. November 17 Uhr, Sonnabend 9. November 16 Uhr.

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