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Zwischen laut und leise

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Neuveröffentlichungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
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Mit: Jack Johnson, The National, Götz Alsmann, Cro, Wyclef Jean und den Foo Fighters.

Die Foo Fighters mit dem ehemaligen Nirvana- Schlagzeuger Dave Grohl melden sich mit „Concrete and Gold“ zurück. Nun kann man dieser – neben Pearl Jam – eventuell letzten Krach- und Radauband vieles unterstellen: Unzählige Riffwiederholungen, das ewig gleiche laut/leise-Spielchen oder ähnliche, ja sich fast wiederholende Songstrukturen. Doch letztendlich muss man ihnen eines zu Gute halten. Es ist Rockmusik mit unendlich lärmender und leidender Seele. Und die muss nun einmal einfach so sein, wie sie bei den Foo Fighters ist: laut und prätentiös. So funktioniert auch „Concrete and Gold“. Trotz eines neuen Produzenten, der den Foo Fighters ein wenig Glamour und Glitzer verleiht, hier und da mit Keyboards arbeitet und ab und an aus Rock eine eher poppige Angelegenheit veranstaltet. Die Foo Fighters verleihen dem Ganzen Haltung und Attitüde. Mehr ist nicht zu erwarten und deshalb darf man sich bei „Concrete and Gold“ schlicht über Rockmusik mit Gitarren freuen (RCA Records).

Ohne Zweifel ist Wyclef Jean der coolste Hund des Planeten. Mit dem dritten Teil seiner Carnival Reihe „Carnival III: Fall and Rise of a Refugee“ fährt er ein ordentliches Brett an Produzentum und Songwritertum auf. Genres haben bei ihm keine Grenzen. Ohne Limit und Scham bewegt sich Wyclef Jean zwischen fast schon anbiederndem und seichtem Pop, Hip Hop und Rap. Der große Unterschied zu allen anderen Wannabes: Wyclef Jean kann das. Und zwar ziemlich unaufdringlich. Er hat den Flow, er hat den Pep. Ihm hört man zu. Auch als überzeugter Rocker gibt es bei ihm kein Entkommen. Wyclef rules. (Legacy Recordings).

Cro klingt auf „tru.“ irgendwie schon anders, behält sich dennoch seine Wurzeln und probiert eben mal so rum. Steht ihm gut. Witzig und teils hintergründig war Cro ja schon immer. Das bleibt er. „tru.“ hat so ein wenig was von „easy listening“. Dazu hat jeder Song sein eigenes „standing“. Kein Song benötigt ein Album, um zu wirken. Wie kleine Kurzgeschichten muten die zwanzig Tracks der Deluxe Edition an und geben sich dabei nicht der Monotonie hin. Mehr Geduld als sonst ist allerdings gefragt, bis Cro bei diesen Tracks auf den Punkt kommt. Kann man mögen (Chimperator).

Götz Alsmanns „In Rom“ ist ein lockerer Abstecher in den Süden mit achtzehn italienischen Klassikern (u.a. Azzurro, Quando, Volare), die Alsmann natürlich wieder unwiderstehlich und frech in sein eigenes Kostüm steckt und mit jedem einzelnen Ton des Albums fast schon impertinent, aber gleichzeitig unheimlich liebevoll diese Gassenhauer hommagiert. Dieses Augenzwickern bei parallelem Respekt vor dem Original ist wieder einmal Alsmanns großer Trumpf und Triumpf. Wer unter dem nahenden Winter leidet, möge seine Schmerzen hiermit lindern. Große Partie (Blue Note).

Die US-Band The National stellen so ein kleines Rätsel dar. „Sleep well Beast“ dürfte das siebte Album sein, dass sie veröffentlichen. Schwer zu beschreiben war ihre Mischung aus Elektronik, Pop und Songwriter-Songs schon immer. Gott sei Dank. Unangepasst. Dennoch fristen sie ein kleines Nischendasein zwischen „überhört werden“ und „latenter Aufmerksamkeit“. „Sleep well Beast“ ist wieder etwas sperrig, im Mittelteil des Albums fast schwergängig. Natürlich beschäftigt die Jungs das Leben, die Tristesse und die Tiefen. Aber sie stehen eben nicht auf rote Fäden oder musikalische Gehilfen. Das darf man gut heißen und jeden Interessierten einladen, The National mal in diversen Apps anzuspielen (4ad/Beggars Group).

Jack Johnson bleibt sich und seinen hawaiianischen Wurzeln auch auf „All The Light Above It Too“, seinem siebten Album, sehr treu. Gediegene Songs eines relaxten Songwriters, ein Ukulelchen da, Akustikgitarren hier. Dazu dezenter Gesang und Texte, die das Leben feiern, aber nicht unterschlagen, dass so Einiges passieren kann. Da ist jemand mit sich im Reinen und extrem in sich ruhend. So kommt gar nicht erst der Verdacht auf, Jack Johnson aale sich in seinen vorherigen Erfolgen. Wo die Foo Fighters auf die Rübe hauen, zupft Jack Johnson ein paar Seiten an und macht sich abends am Strand von Hawaii ein Fläschchen Bier auf. Beneidenswert (Republic).

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