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Ausstellung zu Judenvertreibung aus Dresdner Theatern

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Dresden - Historiker haben sich erstmals umfassend mit der Judenvertreibung aus den Dresdnern Theatern und der berühmten Semperoper zwischen 1933 und 1945 befasst. Die detaillierten Ergebnisse der Recherchen sollen von Mitte Mai an in einer gemeinsamen Ausstellung «Verstummte Stimmen» in der Semperoper und dem Staatsschauspiel Dresden präsentiert werden, wie beide Häuser am Donnerstag mitteilten.

Semperoper-Intendantin Ulrike Hessler sagte, das Vorhaben widme sich einem bislang kaum untersuchten Kapitel einer besonders dunklen Zeit der Oper. Nach den Worten von Schauspiel-Intendant Winfried Schulz hat man ein Thema aufgegriffen, das wehtun müsse und wehtun solle. Kurator Hannes Heer sagte, nach bisherigen Recherchen seien zwischen 150 und 200 Künstler und Angestellte wegen ihrer jüdischen Herkunft oder aus politischen Gründen von den Dresdner Bühnen vertrieben worden. 1938 seien die Bühnen in Dresden «judenfrei» gewesen.

Frühzeitige Attacken gegen verhasste Moderne
Heer betonte, in Dresden habe es bereits frühzeitige und radikale Angriffe gegen die Freiheit des Theaters gegeben. Dresden sei seinerzeit ein Zentrum des Widerstands gegen die verhasste Moderne gewesen. Eine bittere Wahrheit sei auch, dass Mitglieder der reaktionär-antisemitschen Gruppierungen wie der Bühnenvolksbund sich aus dem Dresdner Bildungsbürgertum rekrutiert hätten. Erst 1930 sei die NSDAP zum Motor dieses fanatischen Kulturkampfes geworden.

1933 war demnach die gesamte Leitung des Staatstheaters unmittelbar vor der Aufführung einer Rigoletto-Aufführung in der Semperoper abgesetzt worden. In der Folge wurden nur noch Klassiker, Komödien und vaterländisch-patriotische Stücke gespielt.

Vorsitzender des Kuratoriums «Verstummte Stimmen» ist Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum. Der FDP-Politiker sagte, in Dresden gebe es einen Mythos und eine besondere Opfermentalität. «Diese Opferrolle aufzuarbeiten und zu relativieren, ist das Projekt auch geeignet.» Dresden war im Februar 1945 bei alliierten Luftangriffen schwer zerstört worden. Bis zu 25.000 Menschen kamen ums Leben.
 

«Verstummte Stimmen» war erstmals 2006 in Hamburg zu sehen. Nach der Aufarbeitung der Geschichte der Theater in Hamburg, Berlin, Stuttgart, Darmstadt und nun Dresden sollen im nächsten Jahr die Bayreuther Festspiele Thema sein. Heer sagte, anders als bislang sei im Fall von Dresden der Wunsch nach einer umfassenden Aufarbeitung von den Bühnen selbst gekommen.

 

(nmz, bl) - Die Semperoper und die Sächsische Staatskapelle haben zum Thema bereits Geschichtsaufarbeitung betrieben: In der CD/DVD Dokumentation sämtlicher Dresdner Aufnahmen (1923-1932) von Fritz Busch. Erschienen in der Edition Staatskapelle Dresden - Volume 30

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