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Bayerische Staatsoper beugt sich in Bambi-Skandal Kritik von Tierschützern

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München - Ein bizarrer Regie-Gag des österreichischen Regisseurs Martin Kusej für eine Neuinszenierung von Antonin Dvoraks Märchenoper "Rusalka" an der Bayerischen Staatsoper hat am Mittwoch Tier- und Naturschützer in Aufruhr versetzt. Nach heftiger Kritik verzichtete die Oper schließlich darauf, am kommenden Samstag (24. Oktober) auf der Bühne einen echten Rehkadaver zu präsentieren. Stattdessen soll nun die "Reproduktion eines Rehs" gezeigt werden.

"Es geht um den Inhalt und die künstlerische Aussage der Interpretation", sagte Staatsopernintendant Nikolaus Bachler. Die Rehjagd sei ein wichtiges Motiv von "Rusalka". Jetzt würden Mittel gewählt, "die es den Boulevardmedien nicht ermöglichen, von der Kunst abzulenken". Ursprünglich hatte Kusej geplant, das Tier hinter der Bühne zu häuten. Auf der Bühne wäre dieser blutige Akt nur angedeutet worden.

Tier- und Naturschützer hatten zuvor heftige Kritik an dem Regieeinfall geübt. "Ein solch würdeloser Umgang mit unseren Mitgeschöpfen unter dem Deckmäntelchen der Kunst ist unter ethischen Gesichtspunkten zutiefst zu verurteilen", sagte der Präsident des deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel. "Nachdem auf der Bühne menschliche Nacktheit und Sexualität nicht mehr ausreichen, um Menschen zu schockieren, müssen jetzt immer häufiger Tiere herhalten."

Die Präsidentin des Bayerischen Landesverbandes des Tierschutzbundes, Nicole Brühl, sprach von einer "absoluten Frechheit" und stellte die Frage, ob die Regisseure keine andere Idee mehr hätten, um Aufmerksamkeit zu erzielen. Die Tierschützer waren nach eigenen Angaben schon im Vorfeld an die Staatsoper herangetreten, um "Umsicht anzumahnen", hätten jedoch weder Regisseur noch Intendant umstimmen können.

Auch der Bund Naturschutz in Bayern (BN) kritisierte die Staatsoper scharf. Für "eine äußerst fragwürdige Inszenierung" würden tote Tiere zur Schau gestellt und anschließend weggeworfen, sagte der Münchner BN-Chef Christian Hierneis. "Es erschüttert mich zutiefst, dass ausgerechnet Kulturschaffende so unsensibel sind und jegliche Achtung vor Lebewesen vermissen lassen."

Rechtlich wäre der Einsatz eines Rehkadavers in der Opernaufführung nicht zu beanstanden gewesen. Das Tierschutzgesetz biete dafür keine Handhabe, sagte der Sprecher des Münchner Kreisverwaltungsreferates, Klaus Kirchmann, der für solche Fälle zuständigen Behörde. Allerdings dürfe der Kadaver nach Gebrauch in der Inszenierung nicht mehr gegessen, sondern müsse fachgerecht entsorgt werden. Die Staatsoper wies daraufhin, dass man die Tiere bei einem Metzger kaufen wollte. Kein einziges Tier sei allein für die Inszenierung erlegt worden.

Kusejs neue "Rusalka"-Inszenierung soll laut Spielplan der Staatsoper bis zu den Opernfestspielen 2011 insgesamt zwölf Mal gespielt werden. Der aus Kärnten stammende Regisseur, der 2011 die Nachfolge von Dieter Dorn als Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels antreten wird, ist bekannt für starke bis drastische Bilder in seinen Inszenierungen. In seiner 2008 herausgekommenen Münchner Version von Giuseppe Verdis "Macbeth" hatte er unter anderem auf offener Bühne urinierende Hexen gezeigt.

Dvoraks 1901 in Prag uraufgeführte Oper "Rusalka" handelt von der Wassernixe gleichen Namens, die ihrer Wasserwelt entrinnen will. Sie verliebt sich in einen Prinzen, kann seine Liebe aufgrund eines bösen Zaubers jedoch nur um den Preis seines Todes erringen. Eine wichtige Rolle in dem Werk spielt ein weißes Reh, das den Prinzen zu Rusalka führt.
 

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