Leipzig - Die historische Musikbibliothek Peters hat in Leipzig nun endgültig ihre neue Heimat gefunden. In der sanierten Stadtbibliothek wurde die international bekannte Sammlung am Freitag feierlich an die Stadt übergeben. Dazu gehören mehr als 300 wertvolle Handschriften und Erstausgaben bedeutender Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Leipzig hatte die Bibliothek nach jahrelangen Verhandlungen für drei Millionen Euro gekauft. Die jüdischen Eigentümer waren von den Nazis enteignet worden. Nach der Wiedervereinigung wurde die Bibliothek 1993 rückübertragen, blieb aber in Leipzig.
Über den Stand der Rückgabe der Musikbibliothek im Jahr 2005 wurde von Albrecht Dümling in der nmz berichtet.
Lesen Sie ergänzend die Pressemeldung der Stadt Leipzig vom 28.6.2013:
Musikbibliothek Peters – ein kulturhistorischer Schatz für Leipzig Festakt in der Stadtbibliothek im Rahmen der jüdischen Woche
Die Musikbibliothek Peters wurde am Freitag, dem 28. Juni, der Öffentlichkeit in der sanierten Leipzi- ger Stadtbibliothek neu übergeben. Diese herausragende, international bekannte wissenschaftliche Spezialbibliothek ist ein Wahrzeichen des Leipziger Musik-, Verlags- und Bibliothekswesens. Sie um- fasst einen Bestand von rund 24.000 Medien, darunter mehr als 300 wertvolle Handschriften und Erst- ausgaben bedeutender Komponisten und Musiker wie beispielsweise von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn, Felix Mendelssohn Bartholdy, Richard Wagner.
Die Musikbibliothek Peters wurde während des Nationalsozialismus enteignet, Eigentümer Dr. Henri Hinrichsen im KZ Auschwitz ermordet. Nach der Restitution an Evelyn Hinrichsen als Vertreterin der Erbengemeinschaft 1993 konnte die Stadt Leipzig Anfang 2013 die Musikbibliothek nach langen Ver- handlungen ankaufen.
„Ich freue mich, dass wir die Musikbibliothek Peters jetzt wieder der Öffentlichkeit präsentieren kön- nen“, sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung. „Um das Wirken von Dr. Henri Hinrichsen zu ehren und an das Schicksal seiner Familie zu erinnern, haben wir heute den neuen Lesesaal der Stadtbibliothek feierlich nach ihm benannt. Ich wünsche der Musikbibliothek mit dem neuen Lesesaal für die Zukunft eine rege Nutzung.“
Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, enthüllte gemeinsam mit Martha Hinrichsen, der Enkelin von Dr. Henri Hinrichsen, als Vertreterin der Familie, die Büste von Henri Hinrichsen und weihte damit den Lesesaal ein. Bildhauer der Büste ist Michael Höppner. Mit dabei waren Vertreter der Unterstützer und Förderer, die den Ankauf der Musikbibliothek Peters finanziell unterstützten: des Bun- desministeriums für Kultur und Medien, die Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Sabine von Schorlemer, die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, sowie Dr. Harald Langenfeld als Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig und Vertreter der Ost- deutschen Sparkassenstiftung. Unterstützung für den Ankauf kam weiterhin vom amerikanischen Packard Humanities Institute.
Auch weitere Angehörige der Familie Hinrichsen feierten die Namensgebung des Lesesaales.
Martha Hinrichsen: “Today is a very special day for the heirs of Dr Henri Hinrichsen and the City of Leipzig. We have worked together, with the invaluable assistance of Professor Dr Christoph Wolff and Mr. Timothy Berg, to achieve what amounts to a dream come true - not just for the Family and Leipzig, but for the Music Library’s founder and my great-great Uncle, Max Abraham, and his successor and my grandfather, Dr Henri Hinrichsen, who would be very proud and grateful to know that their beloved Library had its permanent home in the city they lived in and loved.”
Mit dem anschließenden Festakt würdigte die Stadt Leipzig die Entscheidung der Erben nach Henri Hinrichsen, die Musikbibliothek Peters dauerhaft nach Leipzig zu geben und dankt den Partnern für die finanzielle Unterstützung beim Ankauf der Sammlung.
Anlässlich der Übergabe der Musikbibliothek Peters wird ab 29. Juni die Ausstellung „Musikbibliothek Peters: ein kulturhistorischer Schatz für Leipzig“ im Lesesaal der Musikbibliothek gezeigt.
Geschichte der Musikbibliothek Peters
Gegründet wurde die Musikbibliothek in Leipzig 1894 vom Musikverleger Dr. Max Abraham. Nach des- sen Tod setzte sich sein Neffe, der deutsch-jüdische Musikalienhändler und Verleger Dr. Henri Hin- richsen, für die Erhaltung und Erweiterung der Bibliothek ein. Während der nationalsozialistischen Herrschaft erhielt Dr. Henri Hinrichsen Berufsverbot, der Musikverlag C. F. Peters wurde enteignet. Die Mitglieder der Familie Hinrichsen wurden entweder ermordet oder flohen aus Deutschland. Dr. Henri Hinrichsen wurde 1942 in Auschwitz ermordet. 1950 wurde der Verlag in einen volkseigenen Betrieb, den VEB Verlag Edition Peters umgewandelt, die Musikbibliothek Peters gehörte während dieser Vor- gänge zum Betriebsvermögen. 1954 wurde die Musikbibliothek Peters mit der Städtischen Musikbiblio- thek und anderen Musikaliensammlungen vereinigt und war damit der Öffentlichkeit zugänglich. Die Musikbibliothek Peters wurde 1993 an Evelyn Hinrichsen restituiert. Sie war die Ehefrau und Alleiner- bin nach Walter Hinrichsen, der als einer der Söhne von Dr. Henri Hinrichsen die Interessen der Familie vertreten hatte.Anfang 2013 konnten langjährige Verhandlungen (seit 2005) zum Ankauf erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Bestände der Musikbibliothek werden in den kommenden Jahren online erschlossen und es wird nach Lösungen für die Digitalisierung der wertvollsten Bestände gesucht. Die Bestände sind separat im klimatisierten Kompaktmagazin aufgestellt, die wertvollsten Exemplare werden im klimatisierten Sicherheitsmagazin aufbewahrt. Im Lesesaal der Leipziger Stadtbibliothek können diese Medien schon jetzt wieder bestellt und studiert werden. Die Nachfrage ist groß. Auch Anfragen von Ausstellungskura- toren nach Leihgaben aus der Musikbibliothek Peters sind bereits eingetroffen. Sie freuen sich, dass künftig wieder mit diesen für die Wissenschaft und die kulturelle Tradition so wichtigen Beständen zu rechnen ist.
Statements der Förderer und Unterstützer
Kulturstaatsminister Bernd Neumann: „Die Musikbibliothek Peters ist eine für die deutsche und europäische Musikgeschichte herausragende Musikaliensammlung. Ihre nun auf den Weg gebrachte Präsenz und Zugänglichkeit ist nicht nur ein Gewinn für die Musikstadt Leipzig und ein Glücksfall für die deutsche Kulturlandschaft. Die Bibliothek trägt auch zur würdigen Erinnerung an das Wirken und Schicksal von Dr. Henri Hinrichsen und seiner Familie bei.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat den Erwerb der Bestände mit 600.000 Euro gefördert. Ich bin sehr froh, dass der Bund mit dazu beitragen konnte, die Bestände zu bewahren. Mein besonderer Dank gilt dabei den Erben von Dr. Henri Hinrichsen für deren Unterstützung.
Ich wünsche mir, dass Musiker, Wissenschaftler und die interessierte Öffentlichkeit die Musikbibliothek Peters als historische Quelle, aber auch als Quelle der Inspiration intensiv nutzen können.“Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Sabine von Schorlemer: „Der Erwerb der Musikbibliothek Peters ist ein überaus erfreulicher Anlass für die Kulturpflege des Freistaates Sachsen und der Musikstadt Leipzig. In der Bibliothek finden sich Autographen vieler bedeutender Musiker, die das kulturelle Leben in dieser Stadt und in unserem Land nachhaltig geprägt haben. Zur Bewahrung dieses Juwels hat der Freistaat die Sammlung in das Verzeichnis national wertvollen Kul- turguts aufgenommen und den Ankauf finanziell unterstützt. So kann mit der Musikbibliothek Peters das kulturelle Erbe Leipzigs als Musik- und Buchstadt in die Zukunft getragen werden.“
Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen: "Wir freuen uns, dass dieser umfangreiche Leipziger Restitutionsfall nun in eine für alle Beteiligten glückliche Lösung ge- mündet ist. Wir als Kulturstiftung der Länder ermuntern Museen, Bibliotheken und Archive seit vielen Jahren, auch sensible und lang andauernde Verhandlungen nicht zu scheuen, wenn es um die Aufar- beitung von Enteignungen und Entzug wertvollen Kulturguts im Nationalsozialismus geht. Dabei sind wir dann gerne ein starker Partner, der sowohl bei Gesprächen berät und vermittelt, der sich aber dann auch bei der Finanzierung klar zur Verantwortung bekennt.“
Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig, Dr. Harald Langenfeld: „Die Musikbibliothek Peters ist ein einmaliges historisches Zeugnis. Sie dokumentiert in beeindruckender Weise die enge Verbin- dung von jüdischer Geschichte mit der Musik- und Verlagsgeschichte der Stadt Leipzig. Diese Samm- lung in Vollständigkeit bewahrt zu haben, ist nicht nur für Leipzig, sondern für die ganze Musikwelt ein großer Gewinn. Aus diesem Grund hat die Sparkasse Leipzig gemeinsam mit der Ostdeutschen Spar- kassenstiftung den Ankauf der Musikbibliothek Peters unterstützt. Ich wünsche der Musikbibliothek viele Besucher, möge sie ihnen neue Erkenntnisse, Forschungsergebnisse und eine geistige Heimat geben.“ +++