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Kampf-Künstler: Enoch zu Guttenberg wird 70
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Kampf-Künstler: Enoch zu Guttenberg wird 70

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Guttenberg - Man könnte meinen, es sei aufreibend - Enoch zu Guttenberg steht an mehreren Fronten. Der Dirigent kämpft gegen den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), für seine Festspiele auf Herrenchiemsee - und nicht zuletzt für sein Image als Kämpfer. Heute, am 29. Juli, wird er 70 Jahre alt und er hat keine Absicht, aufzugeben.

 Das kann er auch kaum, denn um die Herrenchiemsee-Festspiele steht es seit Jahren nicht gut: «Wenn es nicht spätestens im nächsten Jahr für die kommenden zwei Jahre Sicherheit gibt - dann gehen 2019 die Lichter aus», sagt Intendant Guttenberg der Deutschen Presse-Agentur. Der Hauptsponsor - die Deutsche Bank - war vor drei Jahren abgesprungen. «Das war ein großer Schock.» Der Freistaat sprang ein - aber ganz kompensieren konnte das den Ausfall nicht, zudem muss jedes Jahr wieder der Landtag zustimmen. Zu Guttenberg sucht Sponsoren, «und wie», sagt er. «Aber es läuft nicht so gut.»

Zumindest finanziell. Künstlerisch, sagt er, könne er sich nicht mehr wünschen, als er habe. «Ich will noch lange bleiben», sagt Guttenberg, «und diesen wunderbaren Dienst an der Musik tun können.» Mit seinen Ensembles, der Chorgemeinschaft Neubeuern, die er seit 1967 leitet, und der KlangVerwaltung war er zum Beispiel im Concertgebouw Amsterdam oder beim Hongkong Music Festival. Gerade erst hat er wieder mehrere Konzerte auf Herrenchiemsee gespielt, darunter die 8. Sinfonie in C-Dur von Franz Schubert. Im August steht eine Tournee mit Konzerten in Peking und Seoul an. Im Oktober geht es in die USA und nach Kanada, im Gepäck Schwergewichte der Musikliteratur: Wolfgang Amadeus Mozarts Requiem in d-Moll und Johann Sebastian Bachs Magnificat in D-Dur.

Guttenberg ist ein weltweit gefragter Interpret der geistlichen Werke vom Barock bis zur Romantik. Seit Jahrzehnten sind seine Aufführungen des Weihnachtsoratoriums und der Passionen von Bach unverzichtbare Termine für seine Fans.

Enoch zu Guttenberg, geboren 1946 in - natürlich - Guttenberg im nordbayerischen Landkreis Kulmbach, heißt vollständig: Georg Enoch Robert Prosper Philipp Franz Karl Theodor Maria Heinrich Johannes Luitpold Hartmann Gundeloh Freiherr von und zu Guttenberg. Der Dirigent stammt aus einem Adelsgeschlecht, das seit dem 12. Jahrhundert in Guttenberg ansässig war. Einer seiner Söhne ist der CSU-Politiker und frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Sein Vater hieß auch Karl Theodor, er war in den späten 60er Jahren Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeskanzleramt unter Kurt Georg Kiesinger (CDU).

Demnächst will Enoch zu Guttenberg mit dem Linken-Politiker Oskar Lafontaine im Saarland auf einer Veranstaltung gegen die Zerstörung der Naturressourcen sprechen. «Ich bin weiß Gott kein Linker, im Gegenteil», sagt Guttenberg. «Aber in einer demokratischen Gesellschaft muss man zusammenhalten, wenn es um die Dinge geht, die man für richtig hält.» Oder für falsch - und er hält die Windkraft für falsch.

Tatsächlich engagiert sich Guttenberg seit langem für den Natur- und Umweltschutz. Er gründete den BUND mit, aber im Streit um die Rolle des Verbands bei Windkraftanlagen trat er vor vier Jahren aus dem Verband aus. Im August 2015 warf Guttenberg dann dem BUND vor, eng mit der Windkraft-Lobby verquickt zu sein und Naturschutzinteressen nicht mehr glaubwürdig vertreten zu können. Eine Unterlassungsklage zog der BUND kurz vor der Verhandlung zurück.

«Ich kämpfe gegen die», sagt Guttenberg, und damit will er nicht aufhören. Er will weiter in Deutschland von Süd nach Nord Bürgerinitiativen gegen Windkraft unterstützen. «Musiker, Kämpfer, Enthusiast» hat er seine Homepage überschrieben, und so präsentiert er sich auch. «Talent ist eine Währung», sagt er und verweist auf das Gleichnis von den anvertrauten Talenten im Neuen Testament. «Wenn man eine Gabe hat, die man nutzen kann, dann muss man das tun.»

Ein bisschen Rückzug braucht er aber doch, zumindest am Festtag selbst. «Wo ich an meinem Geburtstag bin, dass wissen noch nicht mal meine Kinder oder meine Frau», sagt er. «Ich bin nicht auffindbar, ich möchte meine Ruhe haben.» Dabei ist er sonst schon sehr viel unterwegs. «Nicht zur Freude meiner Familie», gibt er zu.

«Um Gottes Willen», sagt er und lacht. «Ich sehe wahrscheinlich so aus, aber ich fühle mich nicht wie 70.» Er werde sich sicher nicht zurücklehnen. «Ich bin nach wie vor besessen von der Arbeit.»