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Pop im Konzertsaal - New Fall Festival in Düsseldorf und Stuttgart. Foto: Hufner
«Studio für elektronische Musik des WDR» verlässt Köln. Foto: Hufner
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Streaming-Geräte beherrschen Musik-Technik auf der IFA

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Der Vormarsch der Streaming-Dienste hat das Geschäft der Elektronik-Hersteller umgekrempelt. Jetzt droht den Jägern, selbst zu gejagten zu werden.

Musikgeräte auf der IFA – das waren früher Hifi-Anlagen mit CD-Playern, Verstärker, große Holz-Boxen. Inzwischen haben sich die Stände der Aussteller komplett den neuen Hörgewohnheiten angepasst. Es dominieren die vernetzten Lautsprecher, die Streaming-Musik direkt aus dem Netz abspielen können, in verschiedenen Formen und Farben. Dabei bot die anfängliche Zurückhaltung vieler etablierter Hifi-Marken die Tür für neue Anbieter.

Dabei zeichnet sich ein Markt ab, der weitaus größer als das bisherige Geschäft mit Audiogeräten sein kann. „Wir rechnen damit, dass zum Jahr 2020 eine Milliarde Menschen weltweit für Streaming-Angebote zahlen werden“, sagt Patrick Spence vom amerikanischen Hersteller vernetzter Lautsprecher Sonos, einem Pionier des Konzepts. Und das ist eine traumhaft große Zielgruppe.

Marktzahlen auch aus Deutschland lassen keinen Zweifel daran, wohin die Reise geht. Der Absatz vernetzter Audiotechnik sprang nach Zahlen des Branchenverbandes gfu im ersten Halbjahr um rund ein Viertel auf 621.000 Geräte hoch. Der Umsatz wuchs sogar um ein Drittel auf 161 Millionen Euro. Zum Vergleich: Von den Heimkino-Systemen, die Hersteller auf den IFA-Messen einst als die nächste „Muss-man-haben“-Kategorie anpriesen, wurden gerade einmal 76.000 Stück verkauft – ein Einbruch von über 40 Prozent. „Die Verbraucher haben sich für ein etwas flexibleres Konzept entschieden“, sagt ein ranghoher Manager von einem der neuen Anbieter etwas süffisant. „Die klassischen Hifi-Firmen haben auf die neuen Wünsche der Kunden viel, viel zu langsam reagiert.“

Der Trend, Musik aus dem Internet und oft auch über das Smartphone zu hören, hat auch seine Schattenseiten. „Der Komfort wurde wichtiger als die Hifi-Qualität“, sagt der Chef des dänischen Spezialisten für vernetzte Lautsprecher Libratone, Jan McNair. Aber das sei letztlich nur eine Zwischenetappe. Die Anbieter setzten inzwischen mehr daran, beides zu vereinen. „Ich denke nicht, dass die Nutzer beim Sound aufgegeben haben. Es gibt eine riesige Geschäftschance für Unternehmen, die Tonqualität ernst nehmen.“

Ein Zeichen der Zeit ist, dass auch ein dezidierter Premium-Anbieter wie Bang & Olufsen, bei dem das Geschäft mit vernetzten Lautsprechern bisher an die Tochter B&O Play ausgelagert wurde, zur IFA mit zwei eigenen neuen Modellen kam. Die Geräte mit konischen Aluminium-Gehäusen sind mit 1300 bis 1700 Euro deutlich teurer als die meisten Konkurrenz-Geräte. Aber das sei halt der Preis für Materialqualität: „Nur wir konnten dieses Gehäuse so herstellen“, schwärmt Projektchef Kresten Krab-Bjerre.

Zugleich zeichnet sich bereits der nächste Trend ab: Lautsprecher, die nicht nur mit dem Internet verbunden sind, sondern sich auch mit den Nutzern unterhalten und auf diese Weise andere Technik im vernetzten Zuhause steuern können. In diesem Bereich landete Amazon einen Hit in den USA mit seinem Lautsprecher „Echo“, Google kündigte ein ähnliches Gerät bis Ende des Jahres an. Die neuen Audio-Anbieter, die das Geschäft der Hifi-Platzhirsche aufrollten, könnten jetzt selbst zun Hersteller von Auslaufmodellen werden – und sind sich der Gefahr bewusst. Auch Bang & Olufsen prüfe Funktionen zur Sprachkommunikation, sagt Krab-Bjerre. „Wir werden ebenfalls diesen Weg gehen“, sagt McNair von Libratone. Und Sonos kündigte kurz vor der IFA eine Kooperation mit Amazon an, bei der sich die Lautsprecher per Sprachbefehl an die „Echo“-Geräte steuern lassen werden. Schöne neue Welt: Bei diesem Konstrukt wird dann ein Lautsprecher über einen anderen Lautsprecher bedient.

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