Als Mitglied des Projektbeirats Jugend musiziert, den Deutschen Tonkünstlerverband DTKV vertretend, vom Deutschen Musikrat und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2020 berufen, sehe ich mich in der Pflicht, mich inhaltlich vom „Musikjournal“ des Deutschlandfunks, ausgestrahlt am 5. Mai 2025 um 20.10 Uhr aufs Schärfste zu distanzieren. Die Sendung nannte sich „Neue Wettbewerbsregularien sorgen für Kritik / Jugend musiziert – frustriert?“

Seite 36 der nmz 6/2025.
Quo vadis, Jugend musiziert?
Irene Schwalb, die beim Deutschen Musikrat die Bereichsleitung Wettbewerbe inne hat – neuerdings auch die von Jugend musiziert, hat in 16 Minuten alles in Frage gestellt, was Jugend musiziert ausmacht: Eltern und Lehrkräfte, ohne die Jugend musiziert nicht stattfinden könnte (Zitat: „an der Stadtgrenze auszuweisen“), ebenso Juror:innen und die Vielzahl engagierter Personen, von Regional- bis Bundesebene, Organisator:innen und Ideengeber:innen. Und sogar vor dem vom Projektbeirat Jugend musiziert beschlossenen Dreijahresrhythmus der Wertungen machte sie nicht halt, Zitat: „Der Dreijahresrhythmus muss aus meiner Sicht nicht sein, habe ich im Deutschen Musikwettbewerb auch aufgebrochen, funktioniert wunderbar“.
Warum sollte Irene Schwalb etwas aufbrechen können, was ein für die inhaltliche Ausrichtung des Wettbewerbs eingerichtetes Gremium beschlossen hat? Zudem ist aus pädagogischer Sicht der Vergleich völlig haltlos. Der Deutsche Musikwettbewerb ist ein professioneller Wettbewerb für Studierende und Hochschulabsolvent:innen, die international eine große Menge an Wettbewerbsalternativen haben. Und Jugend musiziert ist der große bundesweit ausgetragene pädagogische Wettbewerb, der glücklicherweise in den entscheidenden Lebensjahren zwischen 12 und 18 einen regelmäßigen wiederkehrenden Rhythmus anzubieten hat.
Obwohl die Beiratsmitglieder diffamiert wurden – zu denen ich ja auch gehöre – ist es mir noch wichtiger zu hinterfragen, wie es dazu kommen konnte, dass der Deutsche Musikrat selber sein „Leuchtturmprojekt“ inklusive aller daran beteiligten Personen im bundesweiten Rundfunk zur besten Sendezeit so dermaßen diskreditieren konnte. Vertrat Irene Schwalb ihre Meinung im Auftrag des Präsidiums und der Gesellschafter des Deutschen Musikrats? Und wie soll nun die Schadensminderung durch Präsidium und Gesellschafter aussehen?
So sagte sie in dem Rundfunkbeitrag, ich zitiere: „Die Jurys sollten auf den Landesebenen als auch bei der Bundesebene deutlich qualifizierter besetzt werden. Da gibt es Jury-Plätze, die einfach vergeben werden per se, weil ich (sic!) Beiratsmitglied bin.“
Hier muss jetzt unbedingt richtig gestellt werden: In den Projektbeirat von Jugend musiziert werden die Mitglieder von den durchführenden Verbänden entsendet, jene, die den Wettbewerb gründeten. Das sind auch heute noch die wichtigsten Verbände für die Musikerziehung Jugendlicher in Deutschland. VdM, DTKV, JMD, BMCO und BMU. Auch der Deutsche Musikrat selbst schickt eine Vertretung, und natürlich auch die Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen, die AG der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die Konferenz der Landesmusikräte. Er setzt sich aktuell zusammen aus Professor:innen, namhaften Musiklehrkräften, konzertierenden Künstler:innen, Musikjournalist:innen und erfahrenen Funktionsträgern, die immer im Kontakt zur Basis sind. Er ist ein beeindruckender Think-Tank großer Befürworter:innen dieses kostbaren Jugendkulturprojekts. Die Projektbeiratsmitglieder verpflichten sich neben der inhaltlichen Gestaltung des Wettbewerbs, als Juryvorsitzende während des Bundeswettbewerbs zur Verfügung zu stehen. Es braucht in dieser Rolle neben profunder Musik- und Instrumentenkunde vor allem die Fähigkeit zum Ausgleich und zur Übersicht, um in bis zu 7 Tagen mit bis zu 10 Stunden die Juryarbeit in der jeweiligen Wertung zu unterstützen. Meines Erachtens besonders sinnvoll ist die Tatsache, dass sie „fachfremd“ eingesetzt werden, also ein/e Pianist:in hat beispielsweise den Vorsitz in der Wertung Violine, wertet aber gleichberechtigt mit. Dadurch ist das, was in der Psychologie als Meta-Ebene bezeichnet wird, gewährleistet, welche auch in der Pädagogik ein entscheidendes Phänomen ist.
Die berufenen Fachjuror:innen des diesjährigen Bundeswettbewerbs lesen sich wie ein Who’s Who von Professor:innen, Orchestermusiker:innen, freien und Musikschul-Lehrkräften und konzertierenden Solist:innen. Wie werden diese Kolleg:innen jetzt in Wuppertal wahrgenommen werden? Denn Irene Schwalb befand, Zitat: „Die jungen Leute spielen auf einem Niveau, was die Jurorinnen und Juroren selber nicht haben und niemals hatten!“ Diese Behauptung ist so keinesfalls zu tolerieren. Die überwältigende Mehrheit der Juror:innen haben in ihrer eigenen Jugend als Preisträger:innen am Bundeswettbewerb teilgenommen und / oder als Lehrkräfte zahlreiche Bundespreisträger:innen hervorgebracht. Eine Tatsache, die im späteren Berufsleben selbstverständlich ist, aber in diesem Kontext erwähnenswert. Doch werden sie jetzt noch ernst genommen, wenn sie den Teilnehmenden etwas von ihrem künstlerischen und pädagogischen Know how mitgeben?
Mir ist bewusst, wie wichtig die Beratungsgespräche auch aus Sicht des Ministeriums sind. Hier klafft eine große Lücke zwischen dem Anspruch von Jugend musiziert und dem hier diskutierten Rundfunkbeitrag.
Hilfreich wäre eine Außenkommunikation, in der nicht öffentlich die große „Jumu-Familie“ in Frage gestellt wird, denn Jugend musiziert lebt vom Engagement, von künstlerischer Exzellenz und pädagogischer Verantwortung – getragen von vielen, die über Jahre hinweg jungen Menschen eine Bühne bieten. Kritik ist willkommen, wenn sie dem gemeinsamen Ziel dient: einem Wettbewerb, der inspiriert, fördert und verbindet. Die Zukunft von Jugend musiziert muss gemeinsam gestaltet werden – mit Respekt, mit Fachwissen und mit dem Willen zum konstruktiven Dialog.
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