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Theaterstuhlreihen aus Holz mit Tannengrün-blauen Polstern in einem rechtwinkligen Saal.

Reihe 9 in der Reduta (Großer Saal) der Moravská filharmonie Olomouc.

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Reihe 9 (#102) – Sing, sing, sing

Vorspann / Teaser

„Wo man singt, da lass dich ruhig nieder…“ Einst aus Versen des Dichters Johann Gottfried Seume (1763–1810) entlehnt, haben diese zur Volksweisheit geronnenen Worte noch heute ihre bleibende Gültigkeit – vor allem unter all den Chorsänger:innen, denen eine gelebte Gemeinschaft genauso wichtig ist, wie die richtige Intonation. Nachdem zu Zeiten von Corona das gemeinsame Singen ziemlich aus der Mode kam (viele haben einen Schlusspunkt gesetzt, nur wenige trafen sich zur Probe im Wald), haben mittlerweile viele Menschen den Chor oder das Vokalensemble für sich (wieder-)entdeckt. Davon erzählt auch der sehr lebendige Chorwettbewerb Mundi Cantant im mährischen Olomouc.

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Eigentlich möchte ich an dieser Stelle nicht mehr über die Bahn schreiben – es ist einfach zu langweilig geworden. Und dennoch muss es sein, denn nicht nur die DB hat mit Oberleitungsschäden und einem eilends organisierten Notverkehr zu kämpfen, sondern auch die tschechische ČD. Es war ein mehrstündiges Abenteuer – doch am Ende hatte sich der mühsame Weg gelohnt. Denn was in der nun schon 52. Ausgabe des Festival of Songs in Olomouc und während des parallel veranstalteten Chorwettbewerbs Mundi Cantant zu sehen und zu hören war, konnte wirklich begeistern. Insgesamt waren 38 Chöre und 3 Vokalensembles aus sechs Ländern am Start – und der Blick in die Annalen zeigt, dass es früher noch mehr waren (2006: 107 Chöre), auch mit internationalen Preisträgern etwa aus Thailand, den Philippinen, Singapur, Puerto Rico, Finnland, Lettland und Deutschland. In 12+1 Kategorien wurde angetreten – von Kinderchören (in verschiedenen Altersgruppen) bis hin zu Senior-Chören, in gemischten und gleichstimmigen Ensembles, aus den Bereichen Kirchenmusik, Popmusik und Folklore. Dabei ging es nicht immer um letztgültige Professionalität, sondern um das Singen selbst – mal mit Bühnenshow, mal nur mit Gesten, mal ganz klassisch.

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Die gesamte Breite des Festivals zeigte sich auch im Finale mit den fünf am besten bewerteten Chören und Ensembles: dem aus einem Jugendensemble hervorgegangenen gemischten Chor Cantabile aus Hranice, dem nur mit Frauenstimmen besetzten und mehrfach ausgezeichneten Moraviachor (ein nationaler Projektchor), dem aus Olomouc stammenden vielfach prämierten Kinder- und Jugendchor Andromeda, dem Vokalensemble HuMuS aus Prag (nur mit Männerstimmen) und dem mit über 30 Personen opulent besetzten Maynooth University Chamber Choir (Irland). So klar diese Nominierungen auch waren, so sehr hätten wohl viele gerne in der abschließenden Bewertungsrunde Mäuschen gespielt. Denn wie und nach welchen Kriterien lassen sich so unterschiedliche Chöre bewerten? Gut informierte Kreise sprachen im Nachhinein von einem sehr knappen Ergebnis innerhalb der international besetzten Jury. Am Ende nahmen die Iren als Absolute Winner den Grand Prix mit nach Hause – Andromeda aber reist in vier Wochen (schon länger geplant) zum internationalen Chorfestival Vibratum nach Mexiko. Und alle anderen hielten es unverdrossen mit Benny Goodman: „Sing, sing, sing…“

Reihe 9

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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