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Le nozze di Figaro | Premiere am 30. Oktober 2023. Foto: © Wilfried Hösl

Le nozze di Figaro | Premiere am 30. Oktober 2023. Foto: © Wilfried Hösl

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Holzhammer-Erotik samt Hanf-Nebel – Mozarts „Le Nozze di Figaro“ im Münchner Nationaltheater

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Beaumarchais-da Ponte-Mozart brauchen Konkurrenz nicht zu fürchten: ihre Attacke auf die damaligen Stände-Grenzen und die darin verstrickten Menschen ist so zeitlos wahr, dass sie bis in unsere Chef-Boss-CEO-Jahre gültig bleibt. Sie wird daher derzeit meist in heutigen Kostümen vorgeführt und die Staatsoper tritt damit in Konkurrenz zum Staatstheater am Gärtnerplatz.

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Es sollte eine Neuinszenierung aus französischer Hand werden. Dieser Plan kam nicht zu Stande und so übernahm der kasachisch-russisch geprägte Evgeny Titov die Regie. Er siedelte die ganze Handlung in einer vom hippen Boss noch nicht zum Erfolg oder schon halb ruinierten Hanf-Plantage an. Ausstatterin Annemarie Woods hat dafür heruntergekommene Schloss-Räume erfunden, deren „Besonderheiten“ zwischen „platt“, „befremdlich“ und „misslungen“ changierten. Der wohl sex-besessene Graf hat für Figaro-Susannes Eheleben in den sonst grau-schwarzen, trist leeren, bühnenbreiten Hallenraum einen monströsen Sado-Maso-Stuhl gestiftet, der nach Beinspreizung auch sechs Dildos zu Verfügung stellt. Der nur durch die nach hinten gefahrene Rückwand vergrößerte „Salon“ der Gräfin vereint Malergerüste samt Farbeimern, ein unsinnig hoch hängendes modernistisches Lüster-Modell, eine Riesencouch aus quietsch-rosa Bällchen – und architektonisch völlig absurd: eine schräge Kellerklapptür aus Metall, die von innen wie dem Keller her verschließbar ist. In seinem Büro hat der Graf außer einer Hanf-Pflanze auf dem Schreibtisch auch einen Tresor mit Geldbündeln und einen Revolver, mit dem er dann zum Versteckspiel in der Hanf-Plantage des Schlussbilds herumknallt. Und zur Schlussfeier des „tollen Tages“ wird der Graf auf seinen hereingeschobenen Sado-Maso-Stuhl gesetzt… kein Buh, nur schwächer werdender Schlussapplaus für das Regie-Team.

 

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Das Premieren-Publikum der Staatsoper schaut ja eher über das „kleine Haus“ am Gärtnerplatz hinweg: ihnen allen sei empfohlen, die nächste Serie des „Figaro“ dort zu besuchen – und zu erleben, wie eine Modernisierung gekonnt gelingt (vgl. nmz-online/de vom 30.06.2023).

Trost in dieser misslungenen „Aktualisierung“ kam von den Solisten. Dem als Mischung aus Iggy Popp und Curt Cobain hyperaktiven Grafen von Huw Montague Rendall fehlte nur in seiner Rache-Arie etwas wuchtige Gefährlichkeit. Auch der gehypten Eva Dreisig fehlte jene süße Innigkeit, die Mozart ihrer Wandlung von Rossinis kesser Rosina zur elegischen Grandezza einer großen Frauenseele verliehen hat – da klang angesichts Münchens großer Rollentradition über Claire Watson hinaus der Dreisig-Sopran zu unlyrisch gerade und forsch, zu sehr in Richtung jugendlich-dramatisch. Dafür ungetrübte Hörfreude von der etwas fraulichen Susanna Louise Alders, dem kernig baritonalen Figaro von Konstantin Krimmel – alle übertrumpft vom keck-munteren, dann aber in seinen beiden „Canzonetten“ auch pubertär verträumten Cherubino von Avery Amereau. Denn so rollentypisch sehr gut alle Nebenrollen über Kevin Conners herrlich stotterndem Don Curzio hinaus besetzt waren: warum die voluminös auftrumpfende Marzellina von Dorothea Röschmann ausgerechnet einen farbigen Bartolo als Vater von Figaro bekommen musste, bleibt ein - doch nicht hanf-berauschtes? - Geheimnis des Besetzungsbüros – so schön die Wiederbegegnung mit Willard Whites glänzender Bühnenerscheinung und gut gealtertem Bassbariton war.

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Feine erotische Wirrungen – Münchens „Opera comique“ am Gärtnerplatz wagt sich an Mozarts Buffa „Nozze di Figaro“

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Münchens Opernfestspielzeit ist derzeit geprägt von „erprobten Neuinszenierungen“. Der „Hamlet“ im Nationaltheater ist die vierte Auflage des Teams. Der Hausherr im Staatstheater am Gärtnerplatz, Regisseur Joseph E...

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Den als „Ball grotesque“ kostümierten Chor (Einstudierung Christoph Hell) und das Staatsorchester – in kleiner Besetzung hochgefahren – forderte Dirigent Stefano Montanari: er kommt von der Musik des 17. und 18.Jahrhunderts und betont daher den „Feuerkopf“ Mozart mit viel „Allegro assai“ bis hin zu einem gerade noch spiel- und singbaren Prestissimo. In bester Tradition begleitetet er die Rezitative vom Hammerklavier aus und beeindruckte mit nahtlosen Übergängen ins instrumentale Accompagniato, was den dramatischen Fluss sehr begünstigte. Trotz seiner heftig ausgreifenden, aber sehr genauen Gestik kann da mal etwas wackeln, aber das Autoren-Trio der vorrevolutionären Jahre um 1780 hatte keine nur „saubere“, nette Unterhaltung im Sinn. Einem Teil des Premierenpublikums gefiel das nicht – nur freundlicher Applaus über ein paar Buhs hinweg – doch dem visuell und intellektuell mauen Abend tat Montanaris Furor gut. Näher am Gesamtkunstwerk „Figaro“ kann der Mozart-Freund ab Februar 2024 im Gärtnerplatztheater sein.

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