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„Musica della luce“ von Ivan Fedele
„Musica della luce“ von Ivan Fedele
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Arbeiter am Klang, Fischer im Netz

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Neue Musik auf neuen CDs, vorgestellt von Max Nyffeler
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Neue Musik von und mit Ivan Fedele, Sidney Corbett, Peteris Vasks, Johannes Kreidler und Bernd Richard Deutsch

Unter dem Titel „Musica della luce“ fasst Ivan Fedele seine auf einer Doppel-CD versammelten, von Pascale Berthelot mit großer Konzentration gespielten Klavierwerke zusammen. Die einmal scharf umrissenen, einmal mild zerfließenden Klänge besitzen tatsächlich eine starke Leuchtkraft, wobei durch gezielte Ausnutzung der Lagen, Anschlagsvielfalt und Pedalisierung eine überraschende Farbvielfalt entsteht. Die flächige Harmonik mit ihrer konstanten Binnenspannung erinnert gelegentlich an Skrjabin, und dem Hörer wird stets die nötige Zeit geschenkt, dem Entstehen des Klangs und den vielfältigen Formen des Nach- und Ausklingens nachzuhorchen. Mit Meditationspraxis hat diese sehr pianistisch gedachte, innerlich gespannte Musik jedoch nichts zu tun. (Cuicatl  YAN.002, www.cuicatl.net)

Die vier kammermusikalischen Werke von Sidney Corbett, die das Modern Art Ensemble eingespielt hat, besitzen eine ganz eigentümliche Atmosphäre. Es ist eine sparsame, in ihrer Gestik zögernde und von ruhiger Selbstreflexion unterfütterte Musik. Sie scheint sich ungeplant ihren Weg zu suchen und erweckt doch den Eindruck einer inneren Logik. Die kaleidoskophaften Klangfolgen mit ihren subtilen Farbwechseln, die polyrhythmische Überlagerung zarter Pulsationen und die ständig wechselnden Kleinstrukturen summieren sich zu einem unprätentiösen, aber sehr lebendigen Klangbild, das zur hörenden Vertiefung einlädt. (Edition Kopernikus KOP001, www.madefromnothing.com)

Ein ungebrochenes Verhältnis zur orchestralen Tradition, wie es häufig in der nordischen Musik anzutreffen ist, prägt auch die drei vom lettischen Liepaja Symphony Orchestra eingespiel-
ten Werke von Peteris Vasks. Es ist der Versuch, mit alten musiksprachlichen Mitteln noch einmal eine authentische Erzählung zustandezubringen. Die emotionale Aufrichtigkeit, mit der das geschieht, verrät etwas über die Relativität unserer musikalischen Kriterien. (Wergo 7323 2)

Seit wir durch das Internet mit Informationen zugemüllt werden, stellt sich auch für die Künstler die Frage, wie damit umzugehen sei. Früher las man die Partituren der Vorgänger und Kollegen, heute sucht man nach Brauchbarem in den audiovisuellen Schrotthalden. Johannes Kreidler versucht dem in „Musik mit Musik“ Herr zu werden. Er bemüht sich um kritische Distanz zum schlechten Bestehenden, wenn er einem die Hörsuppe durch bizarre Übertreibung versalzt oder durch intelligente Montage das Material zur Selbstkommentierung treibt. Doch dieses leistet Widerstand, und die Grenze zur unfreiwilligen Affirmation und zum platten Spaß ist nicht immer klar. Wie dem auch sei – den Liebhabern der neuen Medienkunst bieten die hingebungsvoll kleingehäckselten Klangtrümmer zweifellos einige Kurzweil. Auf einer beigelegten DVD sind Kreidlers Verfahren dokumentiert. (Wergo 6413 2)

Auf andere Weise fischt Bernd Richard Deutsch im großen Teich der akustischen Überlieferungen nach Brauchbarem, wenn er im Ensemblestück „Mad Dog“ spätsinfonische Kraftgesten und allerlei Bauz-Pardauz-Überraschungsmomente erprobt. Auch das 2. Streichquartett mit seiner überschießenden Spielfreude lebt vom fröhlichen und gekonnten Umgang mit dem Déjà-entendu. In „Dr. Futurity“ lässt die Konkretheit der Gesten, die an die Objekthaftigkeit der alten Pop Art erinnert und andauernd neue Assoziationen weckt, keinen Moment von Langeweile aufkommen. Bei den dicht aneinandergereihten Einfällen kommt aber manchmal das Gefühl von akustischem Overkill auf. (Kairos 0013352) 

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