Peter Rühmkorf: Jazz & Lyrik. (Aufnahmen 1976–2006), 3 CDs, herausgegeben von Stephan Opitz, € 29,95, Hoffmann und Campe/ECM, ISBN 978-3-4553-0686-6
Seit Hörbücher sich allgemein immer mehr verbreiten, suchen sich Plattenfirmen durchaus auch Nischen im sonst so schwer verkäuflichen Bereich der Lyrik. Lyrik ist in den letzten Jahrzehnten gerne konjunkturell an die Wahrnehmungsschwellen gerückt, vor allem dann, wenn das Etikett „politische Lyrik“ aufgestempelt werden konnte. Ansonsten ist selbstverständlich die Gattung des Liedes nie so ganz untergegangen. Je kryptischer die Texte, desto enthusiastischer und manchmal auch enigmatischer die Musik – explizit in der Neuen Musik.
Zwischen all diesen Bereichen hat sich jedoch in den 60er- bis 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts im Fahrwasser des Jazz eine besondere Gattung entwickelt: Spoken Words mit meist „modernem“ Jazz gepaart. Die eine Linie endete aus dem politischen Free Jazz kommend schlussendlich im Rap und seinen Varianten.
Eine andere entwickelte sich feststehend als ein Jazz-Monodram. Das ist es, was der 2008 verstorbene deutsche Lyriker Peter Rühmkorf zusammen mit Michael Naura (Klavier) und Wolfgang Schlüter (Vibraphon) richtiggehend zelebrierte. Rühmkorfs Lyrik besitzt eine eigenartige Zugänglichkeit. Vorderhand ist sie spontan verständlich. Satzbau, Bedeutung und Klang wirken nicht gekünstelt. Gleichwohl lassen sie einen stolpern. Sie rauschen nur selten durch einen durch. Im Gegenteil. Das Zuhören strengt an, wenn man mithört.
Ähnlich ist es bei der „Begleitmusik“, die in der Regel von Michael Naura stammt. Regelmäßig taucht der Blues als harmonisch-formales Grundschema der Musik auf. Darauf, könnte man meinen, spricht Rühmkorf seine Texte wie auf einer musikalischen Welle, deren Deklamationsweise, wie der kluge Begleittext von Thomas Steinfeld notiert, an den Klang der Gitarre erinnert. Das passt zusammen und passt dann eben doch wieder nicht; aber nicht umgekehrt. So gibt es zwischen Musik und Text eine eher scheinheilige Allianz und das im positiven Sinne. Zu selten fand Saxophonist Leszek Zadlo zur Gruppe. Hat doch gerade er den Stücken eine Leichtigkeit hinzufügen können, die alles andere als dekorativ, doch gleichfalls virtuos war.
Auf den drei CDs sind nicht nur diese Musiker sondern auch Rühmkorfs musikalische Partner seit 2000 zu hören. Dort nimmt die Zwiesprache zwischen Text und Musik einen noch anderen Verlauf.
Uneingeschränkt empfehlenswert diese Aufnahmen, auch und gerade wenn manche alten Aufnahmen ein wenig stark rauschen; vielleicht hätte man im Einzelfall noch die eine oder andere Variante aus den verschiedenen Mitschnitten der Aufnahmen wählen können. Manchmal wünschte man sich allerdings doch ein etwas sorgfältigeres Mastering der Aufnahmen. Die Box selbst wirkt leider etwas lieblos gefertigt.