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Songwriter, Popsongs, Zwischenklänge

Untertitel
Neuveröffentlichungen der Popindustrie, abgehört von Sven Ferchow
Publikationsdatum
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• Luke Sital-Singh – Tornados (EP) (Warner, 2014) +++ • Zara McFarlane – If you knew her (Brownswood, 2014) +++ • The Feeling – Boy Cried Wolf (BMG Rights, 2014) +++ • Fitz and the Tantrums – More than just a dream (Warner, 2014) +++ • MiMi & the Mad Noise Factory – Nothing but everything (Warner, 2014) +++ • Dagefoer – Like you (blue pearls music, 2014)

Es ist das bisher wunderschönste Stück Musik des Jahres, das der britische Singer/Songwriter Luke Sital-Singh mit seiner EP „Tornados“ vorstellt. Alles ist ihm ein Anliegen, eine Verpflichtung. Manchmal vielleicht etwas arg klagend. Aber vertretbar. Wie Luke Sital-Singh den Hörer einfängt, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht seine Stimme. Oft überschlagend, schneidend, sanft, in chorale Harmonien zementiert. Vielleicht die spärliche Begleitung von Gitarre oder Piano. Eventuell die neue Langsamkeit, die sich doch schnell dem eigenen Timbre anpasst. Dass er in jedem Song einen Höhepunkt findet, sich nie in belanglosen Strukturen verliert, zeigt, dass Luke Sital-Singh nicht nur ein Talent ist. Großes ist erwartbar. Hörhinweis: alles, aber insbesondere „Dark und Fail for you“.

Zara McFarlane, noch so eine talentierte, aufstrebende, junge und alles versprechende Sängerin. „If you knew her“ nennt sich das erste Album. Ein Mix aus Jazz und Soul der alten Schule im neuen Gewand. Ganz brachial zärtlich: ihre Stimme. Thronend über tropfenden Klavierklängen. Begleitet von Bass-Klecksern, die der Tiefe der Songs eine zweite Dimension verleihen. Konventionell ausgedrückt: Barjazz auf hohem Niveau, ständig bewahrt von Höhen und Tiefen, die das Leben ausmachen und vollenden. Zara McFarlane vermag es, dies auf den Punkt zu bringen. Hörhinweis: „Move“, „Spinning Wheel“.

Ein grandioses Erstlingswerk präsentierten The Feeling 2006 mit „Twelve Stops and Home“. Mit einem Schlag waren sie Taktgeber für opulenten, Piano-lastigen Pop, den Supertramp, Queen und ELO vor Jahrzehnten eingestellt hatten. Ein paar Alben weiter findet man The Feeling mit dem aktuellen Werk „ Boy Cried Wolf“ wieder. Immer noch am Piano-Tropf hängend, immer noch feudale Melodien kreierend. Das ist schön. Gut gemacht. Überlegt. Aber leider überraschungslos. Uninspiriert. Und rieselnd. Klar, das Album bereitet keine Schmerzen. Aber Freude ist anders. Hörhinweis: „I just do“, „When I look above“.

Ein paar schräge Akkorde reichen der Promofirma im Bereich Musik oft aus, um Popsongs in „Indie-Popsongs“ zu verwandeln. So geschehen bei Fitz and the Tantrums Debutalbum 2012. Dieses Jahr gibt es Nachschub mit „More than just a dream“. Alles ist eingängig. Kinderleicht mitzusingen. Selbst im Bierzelt grölbar. Jeder Refrain, jede Strophe bei Fitz and the Tantrums hat diese Welt schon gehört. Mal besser, mal schlechter. Das Ganze wird vermengt, als „Indie-Pop“ verkauft, vom Radio ungeprüft geschluckt und von jeder Promi-Disko bereitwillig gehypt. Cooles Konzept, ohne Frage. Musikalisch nervtötend. Hörhinweis: „Get Away“, „Last Raindrop“, „Break the Walls“.

Musikalisch doch eine Überraschung, lässt man sich zunächst vom einfallslosen Band- oder Künstlernamen MiMi & the Mad Noise Factory erschrecken. „Nothing but everything“ ist nur rudimentär als Pop zu bezeichnen. Viel mehr stehen songschreiberische Qualitäten und Potentiale der Protagonistin MiMi im Zentrum. Lebenslastiger Rock, etwas Vintage Staub, eine hohe seriöse Attitüde und ein Schuss Underground ergeben ein Album, das man öfter hören kann. Muss. Hörhinweis: „Your lies“, „Waste my time“, „Smoke“.

Was ist eigentlich Musik? Diese Frage stellt sich nach dem ersten Hördurchgang von Dagefoer. „Like you“ nennt sich das Werk, das Gitarrist und Filmkomponist Hinrich Dagefoer mit seiner gleichnamigen Band vorstellt. Musik ist für Dagefoer zunächst einmal ein Raum, in den es einzutauchen gilt. Gefüllt wird er von Arrangements, die Pop sein könnten, aber von Sängerin Jamina Achour zu etwas Speziellem gemacht werden. Mag sein, dass da Jazz, Klangbilder, Folk oder Fremdklängisches auftauchen. Spielt aber keine Rolle, denn jeder Song findet seine Heimat. Handwerklich sehr gut gelöst, musikalisch mit großem Herzen. Hörhinweis: „Hope 17“, „Pat me“. 

Diskografie

• Luke Sital-Singh – Tornados (EP) (Warner, 2014)
• Zara McFarlane – If you knew her (Brownswood, 2014)
• The Feeling – Boy Cried Wolf (BMG Rights, 2014)
• Fitz and the Tantrums – More than just a dream (Warner, 2014)
• MiMi & the Mad Noise Factory – Nothing but everything (Warner, 2014)
• Dagefoer – Like you (blue pearls music, 2014)
 

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