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unüberhörbar 2023/09

Untertitel
Empfehlungen von Neuerscheinungen aus dem CD- und Vinylmarkt
Vorspann / Teaser

Hélène de Montgeroult: Complete Piano Sonatas. Simone Pierini. +++ Nanny Assis: Rovanio +++ Myths and Melodies – Music between the wars. Werke von Prokofiev, Szymanowski, Ravel, Messiaen und Korngold. +++ Monika Roscher Bigband: Witchy Activities and the Maple Death +++ Thomas Enhco, Stéphane Kerecki: A Modern Songbook

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1.

Hélène de Montgeroult: Complete Piano Sonatas. Simone Pierini. Brilliant Classics

Vielleicht ist einem der Name von Hélène de Montgeroult (1764–1836) schon einmal über den Weg gelaufen, möglicherweise in Zusammenhang mit ihrem „Cours complet pour l’enseignement du forte piano“ (1820), der wohl größtenteils während ihrer Professur (!) am Pariser Conservatoire entstand. Aber die Klaviersonaten? Vor zwei Jahren wurden die Werke bereits von einem anderen Label veröffentlicht, auf einem viel zu mächtigen Steinway-D und überaus langweilig abgeschnurrt. Wie anders nun diese Produktion! Unter den Händen von Simone Pierini und auf einem originalen Haselmann-Fortepiano interpretiert, offenbart sich mit differenziertem Anschlag und in kluger rhetorisch-dramatischer Gestaltung der ganze Faccettenreichtum dieser Musik. Ein hochinteressantes Bindeglied zwischen Clementi und Dussek, zwischen Field und Chopin. Michael Kube

2.

Nanny Assis: Rovanio. In & Out

Für die Revue seiner 40-jährigen Karriere als Latin-Musiker, Perkussionist, Gitarrist, Texter und Sänger bekennt sich Nanny Assis aus Bahia (Brasilien) zu „Rovanio“, seinem Real-Vornamen. Neun Songs unterschiedlicher Provenienz und Stilistik geben Auskunft über seine musikalischen Neigungen: „No Agora“ von Ron Carter ist eine Ballade, die er mit Samtstimme singt und die Randy Brecker am Flügelhorn virtuos umschmeichelt. Sehr elegant ist der Vokalpart bei „The Northern Sea“ und wird vor allem von John Ellis mit delikaten Sopran-Sax-Improvisationen dekoriert. Ein Bonmot in dieser illustren Runde ist das Duo mit Janis Siegel, wenn es „Proponho“ von und mit Pianist Fred Hersch intoniert. Kleine Preziosen für verwöhnte Ohren. Hans-Dieter Grünefeld

3.

Myths and Melodies – Music between the wars. Werke von Prokofiev, Szymanowski, Ravel, Messiaen und Korngold. Stefan Hempel, Violine; Daniel Seroussi, Klavier. audite

Ein ebenso anspruchsvolles wie gelungenes Programm legt das Duo Hempel/Seroussi hier vor. Nach den farbig aufgefächerten Fünf Melodien Prokofievs und Szymanowskis dunkel glühenden „Mythen“ bildet Ravels „Pavane pour une infante défunte“ (Arr. Paul Kochanski) einen kurzen Ruhepol vor Mes­siaens früher, stilistisch zurück- und vorausblickender Fantasie. Musikantisch-mitreißend klingt das gehaltvolle Recital mit vier Stücken aus Korngolds Schauspielmusik zu „Viel Lärm um nichts“ aus.

4.

Monika Roscher Bigband: Witchy Activities and the Maple Death. Zenna Records

Ebenso kryptisch wie der neue Albumtitel sind wieder einmal die Texte, die Bandleaderin, Gitarristin und Vokalis­tin Monika Roscher in unnachahmlicher Weise abliefert. Bewundernswert konsequent setzt sie ihren musikalischen und ensembleklanglichen Weg fort, der sie nochmal ein Stück weiter vom modernen Jazz-Bigband-Sound in Richtung Avantgarde-Indie-Pop weggeführt hat. Mit einer veritablen Suite spannt sie als zentrale Nummernfolge unter dem durchaus selbstbewusst auf den großen Miles Davis anspielenden Titel „Witches Brew“ einen größeren Bogen. Überzeugender wirken dennoch die kompakteren, ruhigere Passagen enthaltenden Nummern des Albums, das auch im schön ausgestatteten Doppel-Vinyl-Format erhältlich ist.

5.

Thomas Enhco, Stéphane Kerecki: A Modern Songbook. Sony Music

Fällt das schon in der Bereich „guilty pleasure“? Sei’s drum, diese Live-Duo-Platte des Pianisten Thomas Enhco und des Bassisten Stéphane Kerecki ist einfach zu schön, um aus klassik- oder jazzpolizeilichen Gründen die Nase zu rümpfen. Hier stehen geschmackvolle Pop-Cover (Carole Kings „Natural Woman“ oder Nick Drakes „Day Is Done“) so selbstverständlich neben Gabriel Faurés „Libera me“ aus dem Requiem, dass man sich entspannt zurücklehnt und den vom Bass warm grundierten und umspielten Klavierklang einfach mal genießt, den Enhco so delikat entfaltet. Plädiere auf schuldig. Juan Martin Koch

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