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Richard Jones’ Londoner Inszenierung des Boris Godunow von Modest Mussorgsky

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Sängerfeste in Schatzgruben

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Opern von Rossini bis Britten neu auf DVD/Blu-ray
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Immer wieder dieses Kind mit seinem Brummkreisel. In Richard Jones’ Londoner Inszenierung des Boris Godunow von Modest Mussorgsky (gespielt wird die Urfassung in sieben Szenen) bildet die Ermordung des Zarewitsch Dmitri das wiederkehrende Grundmotiv.

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Von Beginn an ist Boris’ Erinnerung daran als sichtbare Gewissensqual präsent, sein Zusammenbruch am Ende der Oper rückt mit jeder weiteren Wiederholung der Szene ein Stück näher. Die bühnentechnisch effizient bebilderte und sehr gut gefilmte Covent-Garden-Produktion von 2016 lebt von fabelhaften Sängerdarstellern. Primus inter pares ist Bryn Terfel, der sich mit differenzierter Vokalwucht und enormer Bühnenpräsenz in die Titelrolle stürzt. Ein kurzer Einblick in die Einstudierungsphase gibt als Bonusmaterial einen Einblick in die intensive Beschäftigung des Opernstars mit der Partie. An sängerischer Qualität stehen ihm seine Kollegen kaum nach, wobei Ain Anger als Pimen und der Varlaam des unermüdlichen John Tomlinson am meisten Eindruck machen. In den Chortableaus sind die Männer- den Frauenstimmen überlegen, was den Gesamteindruck aber kaum schmälert. Antonio Pappano holt mit dem Orchestra of the Royal Opera House nicht die allerletzte Schärfe und Kantigkeit aus Mussorgskys Orches­trierung heraus, erzielt aber dennoch einen dramatischen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. (Opus Arte)

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Richard Jones’ Londoner Inszenierung des Boris Godunow von Modest Mussorgsky

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Auch wenn das Stück nach dem männlichen Protagonisten benannt ist, setzte Regisseur Christof Loy mit Franz Schrekers Der Schatzgräber an der Deutschen Oper Berlin im vergangenen Jahr seine Auseinandersetzung mit komplexen Frauenfiguren fort. Ganz so zwingend wie in Erich Wolfgang Korngolds „Das Wunder der Heliane“ (siehe nmz 11/2019) ist ihm das im Fall der männermordenden Els nicht gelungen, die permanente Anwesenheit einer mondänen Gesellschaft trägt wenig zur Klärung des Schreker-typisch komplexen Librettos bei. Gesungen wird gut: Elisabet Strid (Els) und Daniel Johansson (Elis) schlagen sich in den kraftraubenden Hauptpartien wacker, Michael Laurenz liefert als Narr ein Kabinettstück tenoraler Sprachpräzision ab. Das Orchester entfaltet unter der Leitung von Marc Albrecht den ganzen Zauber von Schrekers stilistisch vielleicht geschlossenster Partitur. (Naxos)

Ebenso herausragend ist das, was Marc Albrecht mit dem Netherlands Philharmonic Orchestra aus Engelbert Humperdincks unter der Oberfläche gar nicht so märchenhafter Oper Königskinder an der Amsterdamer Oper macht. Gesungen wird hier noch besser als in Berlin: Daniel Behle und Olga Kulchynska geben ein herzzerreißendes Paar ab, als Hexe brilliert Doris Soffel. Auch hier schwächelt leider Christof Loys Inszenierung. Mehr als eine solide Personenführung in nobel reduziertem Bühnenbild bekommt man nicht zu sehen, woran auch der in gediegenem Schwarz-Weiß gehaltene Film vor dem dritten Akt nichts ändert. (Naxos)

Während diese Schreker- und Humperdinck-Mitschnitte Argumente dafür liefern, warum beide Opern zu Recht (wieder) häufiger gespielt werden, fällt das Fazit im Falle von Charles Gounods Roméo et Juliette nüchterner aus. Die von Stephen Lawless ziemlich fantasielos inszenierte Produktion des Gran Teatro del Liceu Barcelona von 2018 kann trotz der guten Sänger (Aida Garifullina und Saimir Pirgu in den Titelpartien) und des soliden Dirigats von Josep Pons nicht darüber hinwegtäuschen, dass Gounod hier kaum mehr als eine melodisch gefällige Version des berühmten Stoffes gelungen ist. Da war Berlioz knapp 30 Jahre früher schon deutlich weiter. (C Major)

Ein Sängerfest gibt es beim Mitschnitt von Gioachino Rossinis La Donna del Lago aus Pesaro zu bestaunen. 2016 warfen sich hier Startenor Juan Diego Flórez, Salome Jicia, Varduhi Abrahamyan und Michael Spyres die Spitzentöne und Koloraturen nur so um die Ohren. In Sachen Regie (Damiano Michieletto) passiert nicht allzuviel, aber die Idee, das Ganze als Rückblick des nicht allzu glücklich gealterten Happy-End-Paares Elena-Malcolm zu erzählen, funktioniert halbwegs. Das von den Schilfpflanzen des titelgebenden Sees mehr und mehr überwucherte Anwesen der Beiden liefert dafür die stimmungsvoll-morbide Kulisse. (C Major)

Wiederveröffentlicht liegt die Glyndebourne-Produktion von Benjamin Brittens A Midsummer Night’s Dream von 1981 vor. Der zeitlose Bühnenzauber, den Regisseur Peter Hall damals entfachte, hat sich ganz gut gehalten, etwas mehr Doppelbödigkeit auf Höhe der wunderbaren Musik wäre aber natürlich wünschenswert, ebenso ein schärfer durchgestalteter Orches­terpart als der, den Bernard Haitink verantwortet. Das alles ist vergessen, wenn Ileana Cotrubas als Tytania auftritt. Welch ein Glück, dass dieses Rollenporträt festgehalten wurde. (Opus Arte)

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