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Foto: STUDIOCANAL GmbH/Pablo Larraín

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Von Kunst und Liebe – Angelina Jolie wagt sich an die Problematik der Künstlerin Maria Callas

Vorspann / Teaser

Ihre Expression als singende Darstellerin war so stark, dass sogar „Bootlegs“ – heimliche, klanglich und technisch unvollkommene Mitschnitte ihrer Auftritte – von Kennern der damals noch federführenden EMI aufgekauft, bearbeitet und in einer Edition veröffentlicht wurden. Dazu kamen Bildbände, Fachbücher, Radio- und TV-Dokus, eine fragwürdige Performance-Annäherung und zwei große Filmporträts 2007 und 2018. Nun läuft in deutschen Kinos ein neuer Film an.

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Der chilenische Regisseur Pablo Larraín erkannte in seiner hypochondrischen Vorstellung, als Filmmensch selbst blind zu werden, eine Brücke zu der ihrer Stimme verlustig gegangenen Maria Callas; zusammen mit dem erfahrenen Drehbuchautor Steven Knight beginnt sein Film „feurig“ mit dem Verbrennen ihrer Bühnenkostüme durch „la Callas“ in ihrem Pariser Hinterhof – was sie real beim Abschied aus Mailand machte. Larraíns Biopic beschränkt sich dann in der Haupthandlung auf ihre letzte Lebenswoche in der üppig-luxuriös ausgestatteten Pariser Wohnung und das zu letzten Gesangsversuchen genutzte kleine Théâtre, wo der spätere Dirigent Jeffrey Tate, hier als noch junger Korrepetitor mit ihr probt. Dazu kommen das Hotel Ritz und die wenigen Lokale, in die sie noch ging, um „bewundert zu werden“. Umsorgt wird sie – wie in der Realität damals – vom engagiert viel Zeit opfernden, warnenden Arzt Dr. Fontainebleau (überzeugend ernsthaft Vincent Macaigne), vor allem aber von der liebevoll ergebenen Haushälterin Bruna und dem väterlich strengen, aber treu zugewandten Butler Ferruccio – wobei die puppenhaft zarte Alba Rohrwacher und der feinfühlig seriöse Pierfrancesco Favino den Opernfreund auch an Brangäne und Kurwenal denken lassen.

Unweigerlich kommt dem Opernfreund auch in den Sinn, was der profunde Callas-Kenner John Ardoin schon als Motto für sie wählte: Edna St. Vincent Millay hatte 1920 gedichtet „My candle burns at both ends; It will not last the night; But ah, my foes, and oh, my friends — It gives a lovely light!“ – und ohne es zu wissen, hat sie damit für die 1923 geborene Maria Callas ein Lebensbild geschaffen.

Diese Aspekte weitet Larraín film-dramaturgisch durch die Hinzuerfindung eines jungen Reporters, der sich „Mandrax“ nennt: nach den Marias Tod beschleunigenden Pillen, er im Film umgeben von einem Hauch „Todesengel“. Beider Spaziergänge öffnen sich surreal zu Marias Gesangsfixierung: bei ihrem Bummel über den Pariser Trocadero formen sich alle Besucher zum Zigeuner-Chor aus Verdis „Trovatore“; eine „Butterfly“-Erinnerung findet mit Summ-Chor und Orchester im strömenden Regen(!) vor einem Kirchenportal statt. Mehrfach weitet sich die Szene in Marias Reflexionen zu Arienausschnitten als Desdemona und Norma, als Medea und Anna Bolena. Dabei tritt Angelina Jolie in nachgeschneiderten Kostümen und in nachgebauten Bühnen-Szenerien auf – die heutige Digitaltechnik beschwört dazu gekonnt den Zuschauerraum etwa der Mailänder Scala – und bruchlos schwenkt die Kamera dann über das taktgenau spielende (Budapester Film-) Orchester wieder auf die Bühne zur optisch beeindruckend ähnlichen Jolie-Callas und mehrfach auch zu – wohl aus rechtlichen Gründen – kurzen Originalausschnitten. 

Erfreulich: im Playback zu den originalen Callas-Aufnahmen überzeugt Jolie mit lippengenauer Synchronität und genau passendem Atemholen – nur fehlen natürlich die Muskelanstrengung im Hals und die vom ganzen Körper mitgetragene expressive Innenspannung. All das gipfelt in der finalen Szene, als sie Toscas „Vissi d’arte“ singt, die singuläre Identifikation der Callas mit dieser Rolle aus dem Fenster schallt, unten prompt „alle Welt“ gebannt stehen bleibt, während sie in ihrer Zimmerflucht das ganze Orchester musizierend imaginiert – und tot zusammenbricht.

Auch für die zentrale Liebesbeziehung zu Aristides „Hermes“ Onassis (überzeugend milliardärs-arrogant Haluk Bilginer) sind nachgestellte und originale Filmschnipsel treffend gemischt. 

Rückblenden zeigen das von der Mutter gegen Geld organisierte Singen des Mädchens Maria vor deutschen SS-Offizieren und später ihre Auseinandersetzung mit der Schwester um die Rolle der Mutter. Kurz ist die Jagd „der Presse“ um letzte Sensationen eingearbeitet.

Es bleiben Fragen …

Für den Callas-Musiktheaterfreund aber bleiben Fragen an Drehbuch und Regie – etwa zum Weglassen von unverzichtbaren Erinnerungen: ob nicht „1955“ – die sie prägend entwickelnde, acht Wochen lange, hyperintensive Probenarbeit an „La Traviata“ mit Meisterregisseur Luchino Visconti und Dirigent Carlo Maria Giulini (Live-Mitschnitt erhalten) – ein erinnernswerter, singulärer Gipfel ihres Künstlerlebens war? Lassen beide „La Gioconda“-Aufnahmen mit dem überwältigenden und seither unerreichten „Suicidio“ nicht alles erahnen und wären eine Verwendung wert? Dem abwägenden Opernfreund bleiben auch – leider filmisch unreflektierte – Fragen nach den Anfängen: der ersten „Tosca“ der erst 19jährigen; dem „Fidelio“ des Jahres 1944, 21-jährig!; schließlich speziell nach den Jahren 1948-49, als sie sich, als 25–26-jährige, jagt – und sich jagen lässt! – durch ein Repertoire zwischen Brünnhilde, Elvira, Isolde, Kundry, Norma, Turandot und Abigail – sozusagen „lauter vokale Achttausender“ – trotz Betreuung durch ihren Mentor Tullio Serafin: daher womöglich kometenhaftes Leuchten und bitter-frühes Verlöschen? 

Erkennbar bleibt Marias ruinös-faszinierendes Zweifach-Brennen zwischen „privater Liebe“ und „künstlerischer Singularität“. Ähnlich divergierend werden die Urteile über Angelina Jolies ernsthafte Annährung an „La Callas“ ausfallen. 

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