Als Robert Redford, der ewige „All-American Boy“ des Hollywood-Kinos der siebziger und achtziger Jahre am 16. September im Alter von 89 Jahren starb, füllten sich die sozialen Medien, wie immer in solchen Fällen, mit Clips aus seinen Filmen. Oft war seine Erscheinung in diesen Ausschnitten gekoppelt an ganz spezifische Filmmusik. Aber im Gegensatz zu Kino-Ikonen wie Romy Schneider, deren Gesicht im französischen Kino der siebziger Jahre oft von Philippe Sarde „orchestriert“ wurde oder Audrey Hepburn, die immer verbunden sein wird mit dem Mancini-Sound der Sixties, erklangen bei der Erinnerung an Robert Redford sehr diverse Klänge.
Der Clou.
Wenn ich die Regentropfen seh’
Der Sundance Kid
Um ein Haar wäre Redford bereits 1967 der verklemmte Liebhaber von „Mrs. Robinson“ in „Die Reifeprüfung“ geworden, aber Regisseur Mike Nichols entschied sich dann lieber doch für Dustin Hoffman. Den Score für „The Graduate“ hat übrigens ein Mann geliefert, der später noch eine wichtige Rolle in Redfords Filmkarriere spielen sollte: Dave Grusin. 1969 war es dann aber soweit: George Roy Hill bot ihm die „Rolle seines Lebens“ an, den Sundance Kid. Über Nacht wurde Reford an der Seite von Paul Newman, der den Butch Cassidy verkörperte, zum Star.
Zum Erfolg dieses Neo-Western trug entscheidend der finessenreiche Score des „Easy Listening“-Genies Burt Bacharach bei. „Butch Cassidy & the Sundance Kid“ wurden bei all ihren Abenteuern begleitet vom unwiderstehlichen Bacharach-Sound der Sixties. Und nicht mehr vom Americana-Sound der „Magnificent Seven“, der jetzt im Kino nur noch bei der Marlboro-Werbung erklang. Unterstützung erhielt Bacharach bei der Orchestrierung des Scores übrigens von Jack Hayes & Leo Shuken, den „unsung heroes“ des Hollywood-Sounds, den sie seit den fünfziger Jahren im Schatten entscheidend mitgeprägt hatten. Ach ja, und dann gab es natürlich noch den Ohrwurm, der im Film die rührend-komische Fahrrad-Nummer von Paul Newman untermalte: „Raindrops Keep Fallin’ On My Head“. Burt Bacharach erhielt für seine Arbeit gleich zwei „Oscars“: für die „Beste Filmmusik“ und für den „Besten Filmsong“ (zusammen mit seinem Haustexter Hal David).
Der Clou
1973 kamen gleich zwei Redford-Filme ins Kino, die sich auch wegen der Soundtracks weltweit zu Box-Office-Hits entwickeln sollten: „The Way We Were“ und „The Sting“. Beide Filme wurden von einem Komponisten betreut: Marvin Hamlisch. Für das „Barbra-Streisand-Vehikel“ „The Way We Were“ (dt. Titel: „Cherie Bitter“) komponierte Hamlisch den Titelsong und für „The Sting“ adaptierte er die Ragtime-Nummern von Scott Joplin. Marvin Hamlisch bekam damals für die beiden Projekte gleich drei Oscars. Das Melodrama „The Way We Were“ erzählte die Geschichte einer komplizierten Liebe in politisch schwierigen Zeiten (McCarthy-Ära). In ihren „Lyrics“ verdichteten Alan & Marilyn Bergman die ganze Liebesgeschichte noch einmal: „Memories/ Like the corners of my mind/ Misty watercolor memories/ Of the way we were“. Die Bergmans bekamen dafür einen „Academy Award“, wie Hamlisch, der zusätzlich noch einen weiteren für seinen Score erhielt.
Der Clou.
Seinen dritten Oscar erhielt Hamlisch für die nostalgische Gaunerkomödie „The Sting“ mit dem Traumteam Redford & Newman. Für den „Clou“ (so der deutsche Titel) hatte er Piano Rags von Scott Joplin „adaptiert“. Wobei zwei Veteranen die Hauptarbeit geleistet hatten: Bill Byers und Gunther Schuller, das Jazzgenie des „Third Stream“. „The Sting“ löste damals eine ganze Ragtime-Welle aus, die dazu führte, dass jeder Barpianist „The Entertainer“ ins Reportoire aufnehmen musste.
Der elektrische Reiter
Zu den großen Singer-Songwritern, die Mitte der siebziger Jahre den Sprung vom Country- zum Popstar schafften, gehörte Willie Nelson. Und so sollten es seine Songs sein, die das seltsam illuminierte Arbeitsleben des einstigen fünffachen Rodeoweltmeisters (Redford als „The Electric Horseman“) grundieren: „Midnight Rider“, „My Heroes Have Always been Cowboys“ oder „Mammas Don’t Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys“. Der modische Score von Dave Grusin war in diesem Fall nur „Zugabe“. Wobei der Fusion-Musiker Grusin um 1990 im Kino noch einmal zu seiner Höchstform auflaufen sollte, bei den „Fabulous Baker Boys“ und dem Redford-Vehikel „Havana“. An Bogarts Rick in „Casablanca“ erinnert Redford in manchen Momenten des Melodramas, das im Havanna des zu Ende gehenden Batista-Regimes spielt. Und dazu erklingt der „Latin Sound“, der Ende der neunziger Jahre mit dem „Buena Vista Social Club“ aus allen Lautsprechern erklingen sollte.
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