Für die MusikerInnen des Jazz hat die GEMA eine enorme Bedeutung. Der Anteil derjenigen unter ihnen, die gleichzeitig als ausübende Musiker und kompositorisch tätig sind, ist hoch. Hinzu kommt eine Gruppe, die vorwiegend oder ausschließlich als Komponist:innen arbeiten. Die in diesem Bereich geschaffene Musik wird durch die Anmeldung bei der GEMA geschützt und die dadurch erzielten Einnahmen tragen wesentlich zum Einkommen bei. Jedes Konzert, jede CD - Produktion, jede Rundfunk- oder Fernsehsendung bedeutet eine Einnahmequelle, wenn dort eigene Kompositionen aufgeführt oder wiedergegeben werden. Es bedeutet, dass zusätzlich zur Konzertgage auch die GEMA-Einnahmen eine wichtige Grundlage für die berufliche Tätigkeit darstellen. Der Urheberrechtsschutz schließt auch die improvisierten Anteile der Musik ein.

Hans Lüdemann. Foto: privat
Vom E-Jazz und vom U-Jazz
Das ist einer der Gründe, warum es schon immer schwierig war, die passenden Kategorien für den Jazz in der GEMA zu finden. Ursprünglich in der „Unterhaltungsmusik“ angesiedelt, hat er sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts mehr und mehr zu einer universellen Kunstform entwickelt. Er kann beides sein, „E“ („Ernste Musik“) und „U“ („Unterhaltungsmusik“) – und ist es bis heute – um in den GEMA-Kategorien zu bleiben. Um dem Umfang und der Komplexität anspruchsvoller Jazz-Kompositionen gerecht zu werden, wurden Möglichkeiten geschaffen, diese innerhalb „U“ höher zu bewerten oder unter „E“ einzustufen.
Nun steht aber dieses Prinzip der Einstufung und Abrechnung auf Basis der Werke zur Disposition. Mit der geplanten GEMA-Reform sollen nicht nur die Kategorien „E“ und „U“ abgeschafft werden – sie bedeutet auch eine Abkehr von der werkbezogenen zugunsten einer rein Inkasso-basierten Abrechnung. Das ist ein Systemwechsel, eine enorm weitreichende Reform, welche die Grundstruktur der GEMA verändert und gravierende Folgen hat, mit hohen Einbußen für Komponist:innen im Bereich „E“. Aufgrund großer Bedenken hat eine größere Gruppe von Jazzkomponistinnen und -komponisten bei der Mitgliederversammlung gegen die Reform gestimmt und entscheidend dazu beigetragen, dass diese in der vorgelegten Form abgelehnt wurde.
Die Reform hatte vorgesehen, den Paragraphen 65 im Verteilungsplan ersatzlos zu streichen. Genau dort sind viele der Werke des Jazz eingestuft, die zwischen „E“ und „U“ angesiedelt sind. Es war und ist nicht eindeutig erkennbar, ob und wie bestehende Werkeinstufungen unter dem neuen System Anwendung finden können, sicher ist aber, dass es wesentlich ungenauer und weniger differenziert sein würde als das bisherige. Der historisch gewachsene und bedeutende Begriff „E“ wurde im Antrag durch „KUK“ („Kunstmusik-Konzerte“) ersetzt. Unklar ist dabei, welche Konzerte damit erfasst werden sollen und ob auch Jazzveranstaltungen nach dem neuen Tarif abgerechnet werden können. Die werkbezogene Abrechnung hat bisher zu einer indirekten Subvention der GEMA für kleinere Veranstaltungen geführt, weil die Musiker als Urheber durch höhere Einstufung ihrer Werke auch bei niedrigen GEMA- Gebühren für den Veranstalter (typisch für das Gros kleinerer Jazzkonzerte) höhere Einnahmen erzielen konnten. Das neue System würde bedeuten, dass diese Konzerte in Zukunft noch weniger einbringen werden und damit ihre Basis geschmälert wird, was die Bedingungen und damit ihre Realisierungsmöglichkeiten für Veranstaltungen weiter verschlechtert, die ohnehin mit sehr begrenzten Mitteln auskommen müssen.
Sowohl die „neue Musik“ als auch der Jazz erwirtschaften in der GEMA ein relativ kleines Aufkommen. Durch die kollektiv finanzierte und subventionierte Kulturförderung innerhalb der GEMA ist aber die E-Musik-„Wertung“ überproportional gestiegen. Eines der wichtigsten Ziele der Reform ist es, diese Ungerechtigkeit in der Verteilung zu korrigieren. Ob es dazu des in der Reform vorgesehenen aufwändigen Umbaus des gesamten Systems bedarf oder eine einfache Deckelung nicht ein effektiveres Instrument wäre, ist Bestandteil der Diskussion. Ihre Kulturförderung will die GEMA nicht aufgeben, sondern zwei Drittel der Mittel, die bisher in die E-Musik geflossen sind, in eine allgemeine Förderung überführen, deren genaue Ausgestaltung aber noch nicht definiert ist. Klar ist jedoch, dass über die „E-Musik“ hinaus eine größere Breite von Genres und auch der Jazz beteiligt sein sollen.
Dass Reformbedarf besteht, ist allen Beteiligten klar geworden. Man hätte sich gewünscht, dass für die Entwicklung der Reform die Betroffenen schon vorher stärker einbezogen worden wären. Nun hat die GEMA zu diesem Zweck ein „Forum E“ initiiert. Der Jazz ist durch seine Stellung zwischen E und U besonders geeignet, zu vermitteln und ausgleichend zu wirken und wird hoffentlich zur Gestaltung einer verbesserten neuen Reform beitragen können.
Hans Lüdemann, Pianist, Komponist, Bandleader des TRIO IVOIRE und des TransEuropeExpress-Ensemble. Vertreter des Jazz im Leitungsteam der FEM+ (Fachgruppe E-Musik +) im DKV (Deutscher KomponistInnenverband)
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