Banner Full-Size

„Eine zusammengeschweißte Truppe“

Untertitel
Musikmentoren für Hessen: Erfahrungen nach der ersten Staffel
Publikationsdatum
Body

Im letzten Schuljahr startete auch in Hessen das Musikmentorenprogramm, das in anderen Bundesländern schon durchgeführt wird: Jugendliche aus Musikensembles in Schulen, Musikvereinen und Musikschulen lernen unter professioneller Anleitung, in Gruppen zu musizieren, Ensembles anzuleiten und Auftritte zu organisieren. Den Veranstaltern in Hessen wurde schon während der Pilotstaffel klar, wie sehr das Programm von Institutionen und Teilnehmenden angenommen und geschätzt wird.

Das Konzept klingt einfach, ist aber ausgesprochen wirkungsvoll: Jugendliche werden in ihrer kulturellen Prägung – also auch in ihrer Auffassung von Musik – besonders von anderen Jugendlichen beeinflusst. Eine Musikvermittlung durch annähernd Gleichaltrige kann sich daher sehr positiv auf ihre Musikrezeption auswirken. Das belegt die 2005 veröffentlichte Länderauswertung des „Jugend-Kultur-Barometers“ des Zentrums für Kulturforschung anhand der erfolgreichen Musikmentorenprogramme in Baden-Württemberg und dem Saarland, die dort schon seit 1997 bzw. 2002 umgesetzt werden.

Dem sich anschließenden Aufruf der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) nach einem bundesweiten Ausbildungsprogramm für jugendliche Musikmentoren sind im Lauf der Jahre weitere Bundesländer gefolgt. In Hessen richtete die Landesmusikakademie Hessen in der ländlich gelegenen Burgenstadt Schlitz in Zusammenarbeit mit Kulturinstitutionen und Musikverbänden die erste Musikmentoren-Staffel zum Schuljahr 2018/19 aus.

Etwas Theorie, viel Praxis

Mareike Wütscher, Organisatorin des Programm Musikmentoren für Hessen und selbst Referentin, hat vorab mit Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern über deren Erfahrungen gesprochen und sie mit der eigenen Bedarfslage verglichen: „Die Altersspanne von 15 bis 19 Jahren finde ich sinnvoll, weil die Teilnehmenden einerseits eine gewisse Reife mitbringen müssen, wenn sie vor Gruppen stehen und sie anleiten. Andererseits sollen sie noch vor dem Studium stehen. Vielleicht zieht es den einen oder die andere ja in einen musikpädagogischen Studiengang.“

Im Mittelpunkt der fünf Wochenenden pro Schuljahr stehen Gruppenmusizieren und die Arbeit mit Instrumental- oder Vokalensembles, damit verbunden sind Hörschulung und Kenntnisse in der Allgemeinen Musiklehre. Daneben sollen die Jugendlichen aber auch mit Bühnenauftritten zurechtkommen können: „Sie lernen neben dem Dirigieren, der Schlag- und Probentechnik auch, sich mit dem eigenen Körper und der eigenen Stimme auseinandersetzen. Da geht es um Selbstmanagement, Kommunikation, Körpersprache und Stressbewältigung.“

Vor allem aber stärken die Musikmentoren für Hessen das Laienmusikwesen: „Wir brauchen Jugendliche, die sich ehrenamtlich für Musik engagieren. Deshalb gewinnen unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer neben den rein fachlichen Kompetenzen auch organisatorische und veranstaltungstechnische, um die Verantwortlichen an Schulen, in Musikschulen und Vereinen zu unterstützen.“ Damit dieses Konzept auch wirklich greift, arbeitet die Landemusikakademie Hessen mit den Lehrkräften vor Ort zusammen: Die jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzen das im Musikmentorenprogramm Erlernte anschließend mit dem eigenen Ensemble und den Veranstaltern daheim um und vertiefen so ihre neuerworbenen Kompetenzen.

Eine Gemeinschaft entsteht

Der Erfolg schon in der Pilotstaffel gibt den Initiatoren in Hessen recht: „Wir hatten 25 Plätze ausgeschrieben und 57 Bewerbungen erhalten“, berichtet Mareike Wütscher. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sei rasch eine Gemeinschaft entstanden: „Die Atmosphäre war von Anfang bis Ende sehr positiv. Das habe ich selten erlebt, dass eine Gruppe so zusammenhält und niemanden ausschließt. Die Jugendlichen hatten sich sogar schon vor der ersten Phase über Whatsapp verständigt und waren dann eine zusammengeschweißte Truppe.“

In puncto Vereinbarkeit Projekt und Schule hat Mareike Wütscher von den Jugendlichen nie Beschwerden gehört: „Denen war angesichts des Stundenplans von Freitagnachmittag bis Sonntagmittag klar, dass die Wochenenden zeitlich dicht getaktet sind und nur wenig Freiraum zum Lernen bleibt. Das gehört ja auch zum Selbstmanagement, dass man sich andere Aufgaben entsprechend einteilt.“ Auch mit den angebotenen Inhalten haben die Veranstalter gute Erfahrungen gemacht. Für die zweite Staffel im Schuljahr 2019/20 wurden mehr Plätze ausgeschrieben und Dozenten eingeladen, um das Angebot der Arbeit in kleinen Gruppen erweitern zu können.

Die Verantwortlichen wünschen sich, dieses Angebot gemeinsam mit den Projektpartnern in den nächsten Jahren halten zu können – was freilich auch von den Fördergeldern des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst abhängt, aus dessen Modellprojekt „Kulturkoffer“ die Musikmentoren für Hessen zum größten Teil finanziert werden. Insgesamt sieht Mareike Wütscher aber optimistisch in die Zukunft: „Wir hatten einen sehr guten Zuspruch, und auch in anderen Bundesländern laufen die Musikmentorenprogramme erfolgreich. Ich persönlich habe den Eindruck, dass auch die Landespolitik die Notwendigkeit und den großen Nutzen des Projekts sieht.“

Die zweite Staffel des Projekts Musikmentoren für Hessen beginnt am Freitag, dem 30. August. Für einige Instrumente sind noch Plätze frei. Interessierte Lehrkräfte aus Hessen informieren sich unter www.lmah.de/musikmentoren.

Weitere Informationen zu Musikmentorenprogrammen in den Ländern gibt es u.a. unter www.miz.org.

Print-Rubriken
Unterrubrik