[…]Carolin Cervino zeigte sinnliche Geschmeidigkeit und flexible Kontrastbereitschaft, aber auch dramatische Klangfülle und temperamentvolle, darstellerische Energie in Brittens Kantate „Phaedra“ op. 93[…]
Es ist durchaus sinnvoll, Franz Liszt gerade in seinem Jubiläumsjahr zusammen mit Vertretern des Impressionismus und der klassischen Moderne in einem Programm zu präsentieren, wurde doch Liszt durch seine formalen und harmonischen Neuerungen – bis hin zur „Bagatelle sans tonalité“ – zu einem maßgeblichen Wegbereiter verschiedener musikalischer Strömungen des späten 19. und früheren 20. Jahrhunderts.
So waren im Liederabend der Mezzosopranistin Carolin Cervino mit ihrer Pianistin Adriana Cervino – veranstaltet vom TKVA am 19. November und erstmals in den Räumen des Augs-burger „pianohauses hermes & weger“ – durchaus analoge Strukturen in den Kompositionen von Liszt, Debussy, Strawinsky und Britten zu hören.
Die inzwischen international tätige Sängerin – breit gefächert ausgebildet am Salzburger Mozarteum sowie durch zahlreiche Meisterkurse – zeigte neben sprachlicher Vielseitigkeit in Strawinskys „Le faune et la bergère“, Debussys „Le faune“ und „Trois chansons de Bilitis“ sinnliche Geschmeidigkeit und flexible Kontrastbereitschaft, aber auch dramatische Klangfülle und temperamentvolle, darstellerische Energie in Brittens Kantate „Phaedra“ op. 93 – ein mit hohen konditionellen, enormen sängerischen und mannigfaltigen pianistischen Herausforderungen gespicktes Werk.
Adriana Cervino – sie studierte an den Musikhochschulen in Bukarest und Frankfurt – zeigte sich als souveräne Kennerin und Gestalterin neuerer Musik. Sie präsentierte den Klavierpart virtuos und mit einem reichen Schatz an Klangfarben, stets in exzellenter ästhetischer Übereinstimmung mit der Sängerin. Die abschließenden Liszt-Lieder „Ihr Auge“, „Der Fischerknabe“, „Freudvoll und leidvoll“ und „Mignons Lied“ zeugen teils von
Liszts progressiver, teils aber auch von seiner romantischen Seite – erinnert doch der Klavier-Beginn des Fischerknaben verblüffend an seine Konzert-etüde „Un sospiro“. Begeisterter Beifall im vollen Saal, eine Debussy-Zugabe, Rosen: ein gelungener Abend.