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Pandemie: Widerspruch Systemrelevanz-Grundsicherung

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Ein leidenschaftliches Plädoyer für unseren systemrelevanten Beruf
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Niedersachsen/Göttingen. Die weltweite Corona-Pandemie ist die bisher größte Gefahr der Menschheit, so auch für Kunst und Kultur und für unser eigenes und künstlerisches Dasein!

Nach einem Aufbau über Jahrzehnte stürzten unsere Errungenschaften plötzlich zusammen. Lassen Sie mich ein paar gesammelte Gedanken aufzeigen, welche nie vollständig sein können, da sich tägliche Änderungen ergeben.

Am Anfang der Krise Mitte März 2020 sagte es Jochim Löw so: „… Die Welt hat ein kollektives Burnout erlebt. Ich habe das Gefühl, die Natur stemmt sich gegen das Tun des Menschen. Das Tempo, das wir in den letzten Jahren vorgelegt haben, war nicht mehr zu toppen. Geld, Gier, Macht und größere Profite standen im Vordergrund … Jetzt haben wir etwas, das alle betrifft. Und wir realisieren, was wirklich im Leben zählt: Familie, Freunde, Mitmenschen …“ (Zitat Göttinger Tageblatt (GT) 19.03.).

Die weltweite, schnelle Ausbreitung des Coronavirus macht uns den Wohlstand vieler Menschen und den Drang, in die entlegensten Ecken unserer Welt zu reisen, egal ob per Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff, bewusst. So schnell Menschen dorthin reisen, so schnell können sie Krankheiten mit zurück bringen. So konnte sich die Pandemie gravierend ausbreiten. Außenminister Heiko Maas berichtete am 24. April, dass die weltweiten Rückholaktionen von circa
240.000 Urlaubern nun abgeschlossen sind. Einen „normalen“, wie gewohnten Sommerurlaub wird es 2020 aufgrund der weltweiten Reisewarnungen nicht geben, eine weitere Rückholaktion auch nicht. Machen wir das Beste daraus!

Wen trifft es eigentlich am härtesten? Diejenigen Künstler in unterschiedlichen rechtlichen Stellungen, welche alleinstehend sind, eventuell sich dazu auch um eigene Kinder kümmern. Wer einen Partner hat, eventuell in einem anderen Beruf, ist da schon besser abgesichert. Der Präsident des DTKV e.V., Cornelius Hauptmann, erwähnte in der Februar-Kolumne „Kampf ums Honorar“, das mehr als 27.200 Musikpädagog*innen laut einer Erhebung der Künstlersozialkasse 2019 ein durchschnittliches Monatseinkommen von zirka 1.200 Euro hatten, die Armutsschwelle für Alleinstehende betrug 1.136 Euro.

Im GT vom 18. April war zu lesen: „Deutsche sind so reich wie nie“. So betrugen die Spareinlagen Ende 2019 laut Angaben der Bundesbank 6.458 Milliarden Euro. Vielleicht wäre da eine Art „Kurzarbeitergeld“ für die Soloselbständigen doch eine Möglichkeit?

Hilfspakete, Grundsicherung

Das war doch die große Überraschung, dass unsere Regierung Mitte März sofort verschiedene Hilfsprogramme aufgelegt hat. Nach nun sechs Wochen sieht das viel differenzierter aus (GT 30.4.): Die Pandemie und die deutsche Bürokratie sind keine gute Kombination.

Bereits am 19. März (GT) war zu lesen, dass sich auch der Deutsche Musikrat mit Generalsekretär Christian Höppner dafür stark macht, dass ein befristetes Grundeinkommen für freiberuflich Kreativschaffende zu zahlen sei und so Auswirkungen der Coronakrise abgemildert werden könnten.

Das GT (11.4.) machte zum Thema des Tages: „Soforthilfe für Selbständige zieht nicht bei (Göttinger) Künstlern“ und „Göttinger Politiker fordern Rettungsschirm für Künstler“. Dabei wird die Unklarheit ausgedrückt, wer für Unterstützung und Soforthilfe bei Einnahmeausfällen durch die Pandemie in der Pflicht steht: Land oder Bund“. Fest steht, dass die Förderung von Solo-Selbständigen bundesweit nicht für Musikpädagog*innen greift. Dafür kann „problemlos“ die Grundsicherung beantragt werden. Im GT (16.4.) berichtet der ‘Verein Kultur unterstützt Stadt‘ „KUNST“ Göttingen. Viele, die durch das Netz der Nothilfen fallen, werden systematisch in die Grundsicherung gedrängt.

Die bedeutende musikalische Bildungsarbeit für unsere Gesellschaft ist anerkannt, um die korrekte Wertschätzung müssen wir nach bereits jahrelangen Bemühungen immer noch kämpfen. So beschreibt Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat) am 17. April 2020 die Notwendigkeit eines nationalen Kulturinfrastrukturförderfonds, damit die Zukunft der Künstler und Kultur gesichert werden kann.

Hier muss die Politik in Bund, Ländern, Städten und Gemeinden dringend nachbessern. Ein Interview mit dem Niedersächsischen Kulturminister Björn Thümler in der Braunschweiger Zeitung (25.4.) sagt aus, Kultur sei systemrelevant, aber finanzielle Zuschüsse für Kulturschaffende wie in Bayern oder Baden-Württemberg will er im Land vorerst nicht auflegen.

Das unterstützt auch Ministerpräsident Stephan Weil ausdrücklich. Obwohl er im ARD-Morgenmagazin (30.4.) sagte, dass die Politik einen gemeinsamen Weg/Korridor finden muss und mit einer Sprache sprechen sollte. Für Niedersachsen seien die richtigen Lösungen zu entwickeln und sollen klare Linien für alle Bereiche vertreten werden. Wo bleibt da die Kultur?

Zum 1. Mai wurde gefordert, die systemrelevanten Berufe dringend aufzuwerten, auch finanziell.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte am 1. Mai in seiner Ansprache zum Europakonzert der Berliner Philharmoniker unter anderem, dass Kunst und Kultur keine verzichtbaren Nebensachen sind, Kunst und Kultur seien wie unsere Lebensmittel.

Ab sofort (5.5.) baut Niedersachsens Regierung mehr auf die Eigenverantwortung der Menschen, will strukturelle Probleme angehen, allen eine Perspektive geben, schrittweise und langsam dosierte Lockerungen genehmigen. Dieses Vorpreschen gaukelt uns hoffentlich keine schnelle Normalität vor.

Lage in Niedersachsen

Ein Eilantrag für den Kreisausschuss und den Kreistag des Landkreises Göttingen, in dem eine Erweiterung der finanziellen Unterstützung für Solo-Selbständige wie Künstler in der Corona-Krise gefordert wurde, ist an der Zweidrittelmehrheit gescheitert. Wegen der Abstandsregeln waren nur etwas mehr als 50 Prozent der Abgeordneten bei der Sitzung anwesend (GT 30.04.).

Die Allianz der Freien Künste verlangt eine faire Regelung für Solo-Selbstständige, Freiberufler*innen, kleine Unternehmen und für Sicherheit in der Kulturwirtschaft. Die Forderung an die Politik: Anerkennung der Lebenshaltungskosten bei der Coronahilfe sowie eine Vereinheitlichung der entsprechenden Regularien.

Das „Forum Musik Festivals“ mit 40 Festivals aus ganz Deutschland haben sich zur Bewältigung der Kriese und Zukunftssicherung an Regierung und Ministerpräsidenten gewandt.

Wichtigste Aufgabe aller Regierenden ist nun, dass die Kluft zwischen Arm und Reich bei der anstehenden Bewältigung der Pandemie nicht weiter ausgeweitet werden kann.

Digitalisierung und Homeoffice

Durch die Pandemie entstehen bei Vielen neue Ideen. Diese zu verwirklichen, dürfte nicht überall realisierbar sein. Denn die viel besprochene Digitalisierung weist immer noch erhebliche Deckungslücken auf, vor allem im ländlichen Raum. Wo schon vor der Krise nichts ging, geht auch jetzt nichts. Niedersachsen ist nun mal ein Flächenland! Der Nachholbarf ist enorm. Das, was uns Fernsehsender zum Teil anbieten, ist oft schlechter Qualität. Onlineunterricht wird oft unter größten Anstrengungen und verschiedensten Techniken aufwendig und mühevoll versucht. Die Schüler sollen „bei Laune“ gehalten werden. So weit, so gut.

Pandemie und Klimawandel

So sind wir alle gefordert, nicht in alte Formen unseres Umgangs miteinander zu verfallen, sondern neue Wege zu gehen. Regionalität im gesamten Handel, Veränderung der Mobilität: nur zu welchem Preis? Der Kampf zwischen dem unsichtbaren Virus, unserer Existenz und der Wirtschaft: Neue, durchschlagende Ideen sind gefragt – im Konsens von Politik und Bürger*innen.

Wir als Solo-Selbständige ...

Wir als Musikpädagog*innen sind doch immer im Homeoffice. Selbständig sein heißt doch auch, selbst und ständig sich informieren über tagesaktuelle Ereignisse, heutzutage über Tageszeitungen, Internet, diverse Newsletter.

Auf der Homepage des DTKV Niedersachsen und des Bundes sind ausgesprochen umfangreiche Beiträge und Hinweise zur aktuellen Lage veröffentlicht. Bitte informatieren Sie sich. Auch die richtungsweisenden nmz-Beiträge sollten Sie unbedingt lesen und gegebenenfalls aufbewahren.
Über die Bemühungen des Vorstandes und der Ehrenamtlichen im Landesverba

d können wir dankbar sein. Agieren müssen wir aber selbst. So dürfen wir im außerschulischen Bereich wieder unterrichten (Stand 4.5.), unter entsprechenden Hygieneanforderungen.

Als Unternehmer gehören für uns eine weitreichende Lebensplanung, ein moderner Stil der Geschäftsführung und einer fachlich fundierten Aus- und Weiterbildung zum täglichen Leben und Wirken.

Bleiben Sie gesund und optimis­tisch!
Ihr Gunter Sokolowsky

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