1950 als Fachgrundschule für Musik gegründet, von 1965 bis 1991 Spezialschule für Musik: Das Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach blickt auf eine wechselvolle, doch stets sehr erfolgreiche Geschichte zurück, die mit verschiedenen Konzerten im Juli in diesem Jahr feierlich gewürdigt wurde.

Eröffnung des neugestaltenen Schulhofs zum 60. Geburtstag der Schule. Foto: privat
Schwerer Anfang, Rückblick und Ausblick
In der Ausbildung der 160 jungen Musikerinnen und Musikern wurde unter anderem in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerschulen intensiviert. So erklang beim Festakt am 1. Juli 2025 im Großen Saal des Konzerthauses ein europäisches Jugendorchester der Netzwerke Young Music Talents in Europe (ymte.eu) und Project Eastgate (eastgate-youth.org) unter der Leitung von Sebastian Weigle mit Rimsky-Korsakovs „Scheherazade“ und „Dreamwalks“ von Marian Sebastian Lux. Der darauffolgende Abend stand ganz im Zeichen der Kammermusik. Ehemalige und derzeitige Ensembles wie das Vogler-Quartett, das Bernstein-Trio und einige mehr standen am 2. Juli im Kleinen Saal des Konzerthauses auf dem Programm. Am 3. Juli wurden die festlichen Tage mit dem traditionellen Sommerkonzert im Kammermusiksaal der Philharmonie mit der 9. Sinfonie Antonín DvoĆáks unter der Leitung von Aurélien Bello beschlossen.
Das Bach-Gymnasium ist eines der größten Institute für die musikalische Nachwuchsförderung und die Vorbereitung auf ein professionelles Musikstudium in Europa. Der künstlerische Unterricht wird durch das Lehrpersonal der Hochschule für Musik Hanns Eisler sowie der Universität der Künste Berlin erteilt. Eine Vielzahl namhafter Solisten, Kammer- und Orchestermusiker erhielten hier in ihrer Kindheit und Jugend maßgebliche Impulse für ihren beruflichen Lebensweg. Ab der 5. Klasse erfolgen künstlerische und allgemeinbildende Ausbildung in enger Verzahnung. Um den Übergang in ein Musikstudium optimal zu gestalten, wurde ein Prüfungsformat konzipiert, das die Abiturprüfungen auf zwei Jahre streckt. Die Absolventinnen und Absolventen beschließen ihre Schullaufbahn in der Regel mit einem überdurchschnittlich guten Abitur.
Ron Lepinat
Der schwere Anfang
von Thomas Heyn
Die Deutsche Hochschule für Musik wurde am 1. Oktober 1950 eröffnet. Leitung, Aufbau und Entwicklung der Hochschule wurden Prof. Dr. Georg Knepler anvertraut. Er war Gründer und erster Rektor der Hochschule. Die Hochschule wurde gleichsam aus dem Nichts geschaffen. Da mit Beginn des zweiten Weltkrieges eine systematische Ausbildung von Musikern abgebrochen war, mußte gleichzeitig mit dem Aufbau der Hochschule damit begonnen werden, der musikalischen Vorausbildung angemessenen schulischen Raum zu geben. Die als „Abteilung B“ ins Leben gerufene musikalische Vorschule erhielt die Bezeichnung „Berufsvollschule für Musik“. Sie hatte die Aufgabe, talentierten 14- bis 18-jährigen Schülern mit Acht-Klassen-Abschluss Grundlagen für das Weiterstudium an der Hochschule zu vermitteln. Auf dieser Ebene erwarben die Schüler das sogenannte „Fachabitur“. Die „Berufsvollschule für Musik“ entwickelte sich über die „Fachgrundschule für Musik“ und die „Unterstufe der Orchester- und Chorschule der Hochschule für Musik“ zur „Spezialschule für Musik“. Schon damals gab es immer wieder Reformen, so dass es Jahrgänge mit und ohne Abitur gab. Mal ging es mit der 9. Klasse los, mal mit der 7. Klasse. Und immer wieder wurde um den früheren Beginn der Ausbildung gekämpft. So heißt es in einem Programmpapier der Hochschule von 1963: „Es müssen alle Voraussetzungen geschaffen werden, dass die OBERSCHULKLASSEN nach unten hin erweitert werden. In den nächsten Jahren sind mindestens die Klassen 5 bis 8 aufzubauen.
Auszug aus der Broschüre „10 Jahre Deutsche Hochschule für Musik“ (Henschelverlag, 1960)
Nachtrag: Dieses Ziel konnte erst 50 Jahre später, 10 Jahre nach der Wiedervereinigung, endlich erreicht werden. Aber es war dennoch ein Wunder, dass das Musikgymnasium die Wende unbeschadet überstanden hat. In dem Buch: „Die Frau des Generals“ von Claudia Reuter kann man es nachlesen: „Meine Meriten habe ich mir erst 1990 erworben, als der Westen erklärte, das geht gar nicht, das passt alles nicht in unser Schulsystem und ich Widerstand organisiert habe. Ich bin zum Beispiel in den Berliner Senat marschiert und habe beim zuständigen Staatssekretär gegen die geplante Schließung der Musikspezialschule in der Rheinsberger Straße protestiert, an der auch meine Tochter Agnes unterrichtet wurde, weshalb ich dem Elternbeirat angehörte. Ich bleibe hier so lange sitzen, bis er eine Erklärung unterschriebe, dass die Schule bleibe, erklärte ich. Das sei Nötigung, antwortete er, ich lasse Sie abführen. Das machen Sie mal, kesselte ich zurück, das sei ein gefundenes Fressen für die Presse. Und er ist eingeknickt.“ (Verlag am Park /Edition Ost © 2023, Seiten 241-242). Die Schule existiert als Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach noch immer und ist erfolgreicher denn je. Nachdem sie über ein Jahrzehnt als Schulversuch geführt wurde, ist sie nunmehr seit einigen Jahren Schule der besonderen pädagogischen Prägung. Prost auf die nächsten 25 Jahre!
Rückblick und Ausblick
von Karin Leo, ehemalige künstlerische Leiterin
In den siebziger Jahren betrat ich zum ersten Mal mit klopfendem Herzen die damalige „Spezialschule für Musik“. Da ich keine Berlinerin war, zog ich gleichzeitig in das weit von den Eltern entfernte Internat. Das Internat war das jetzige Übehaus, die Treppe gleich hinter der Pförtnerloge führte in die Internatszimmer. Ich wohnte unter anderem in Nummer 12. Das war ein Einzelzimmer. Anfangs fand ich das nicht so schön, danach aber war ich glücklich darüber, denn ich konnte üben, wann immer ich wollte und wie lange ich wollte. Aber um 22 Uhr musste das Licht aus sein. Im Vorderhaus (im ehemaligen Sekretariat) bereitete Frau Krebs jeden Tag Frühstück und Abendbrot zu. In der damaligen öffentlichen Verkaufsstelle (jetzt unser Laden) habe ich mir immer meine Kakao-Milch in dreieckigen Tüten geholt. Samstags nach der 4. Stunde (Sport) freute ich mich schon auf die Heimfahrt nach Hause.
Damals wohnte über die Hälfte der Klasse im Internat. Dort war alles viel strenger als heute, so haben die Erzieher die Zimmerordnung kontrolliert: Ausfegen, Staubwischen usw. und jeden Tag gab es eine Zensur dafür und die Zimmer führten einen „Wettbewerb“ um die saubersten Zimmer.
Ich habe gerne und viel geübt und daraus ergab sich fast automatisch alles Weitere: Studienplatz, Beststudent, Solistenabschluss. Danach hatte ich einen Lehrauftrag an der Hochschule, später dann eine feste Stelle. Einige Jahre später fing ich mit ein paar Schülern am Musikgymnasium an, die ich aber noch in der Hochschule unterrichtet habe. Diese Arbeit nahm dann immer mehr zu und nach vier Jahren fragte mich der Prorektor der Hochschule, Herr Prof. Vogler, ob ich mir vorstellen könnte, die Funktion der künstlerischen Leiterin zu übernehmen. Und so geschah es.
Im Rückblick möchte ich sagen, dass die Ausbildung damals enger war und exakt auf ein konkretes Ziel, den Studienplatz Musik, ausgerichtet war. Das ist zwar heute auch noch so, aber die Anforderungen der Hochschulen und die nationale und internationale Konkurrenz um die weniger werdenden Studienplätze sind viel größer geworden. Aber auch die Möglichkeiten, mit interessanten Projekten frühzeitig künstlerische Erfahrungen zu machen und sich relativ früh der Öffentlichkeit vorzustellen, haben enorm zugenommen. Die Art und Weise der Ausbildung hat sich verbreitert, ganz neue Themen und Aspekte des Instrumentalunterrichtes sind hinzugekommen.
Im kulturellen Leben unserer kulturverwöhnten Stadt Berlin konnte sich das Musikgymnasium einen geachteten Platz erwerben. Öffentliche Konzerte in hochrangigen Konzertsälen wie etwa in der Philharmonie werden häufiger und die Nachfrage nach dem „Alltagsgeschäft“, also nach der Ausgestaltung von gesellschaftlichen Ereignissen, Feierlichkeiten oder anderen kulturellen Aktivitäten, sprengen fast den Rahmen des Möglichen. Weiter muss erwähnt werden, daß die Schüler des Bach-Gymnasiums gesuchte Mitspieler in den verschiedenen Jugendorchestern der Stadt Berlin und des Landes Brandenburg sind: ihr Mitwirken wird immer sehr gewünscht.
Die Notwendigkeit und Berechtigung einer solchen Bildungsstätte wird in der Zukunft eher größer als kleiner. Mehr denn je gilt es, die vorhandenen Begabungen zu finden, zu fördern und die zunehmende Gruppe der aus dem Ausland dazukommenden Schüler zu integrieren. Der Tätigkeit des Bach-Gymnasiums sind also, so schnell sich auch die Parameter unserer schnelllebigen Zeit ändern mögen, kaum Grenzen gesetzt. „Um die Sache der Musik“ möge es gehen, schrieb Prof. Georg Knepler, der Gründungsrektor der Berliner Musikhochschule dereinst, und genau so soll und will und wird es das Bach-Gymnasium auch weiter halten.
Pläne für die Zukunft gibt es sicherlich reichlich. Auch an interessanten Projekten wird kein Mangel sein. Ich persönlich wünsche mir, dass unser Musikgymnasium das tollste, erfolgreichste und in der ganzen Welt bekannteste Musikgymnasium sein soll, auf das alle Schüler noch als Oma und Opa stolz sein werden und zu den Enkelkindern in der musikalischen Früherziehung sagen: „Da bin ich auch mal gewesen.“
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